Resolution im serbischen Parlament Entschuldigung für Srebrenica
31.03.2010, 07:18 Uhr13 Stunden Debatte und eine hauchdünne Mehrheit: Das serbische Parlament hat 15 Jahre nach dem Massaker an 8000 Muslimen in Srebrenica die Gräueltat eingestanden, verurteilt und sich bei den Familien der Opfer entschuldigt. Der verantwortliche General Ratko Mladic wird von Teilen der Bevölkerung als Kriegsheld verehrt – und ist weiter auf freiem Fuß.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag bezeichnet das Massaker als Völkermord.
(Foto: REUTERS)
Fast 15 Jahre nach dem Massaker in der ostbosnischen Stadt Srebrenica hat das serbische Parlament die Gräueltat verurteilt. In der verabschiedeten Resolution sprachen die Abgeordneten mit hauchdünner Mehrheit den Familien der Opfer ihr Mitleid aus. Dafür stimmten 127 der 250 Abgeordneten im Belgrader Parlament. Serbisches Militär und Paramilitär hatten im Juli 1995 rund 8000 muslimische Jungen und Männer umgebracht.
13 Stunden dauerte die Debatte, bis das Papier verabschiedet wurde. Das Parlament drückte sein Mitgefühl mit den Opfern aus und entschuldigen sich dafür, dass seinerzeit nicht genug unternommen wurde, um das Massaker zu verhindern. Von einem "Völkermord" ist in der Resolution nicht die Rede. Die Koalition von Demokraten und Sozialisten im serbischen Parlament hofft, mit der Verabschiedung der Resolution die Europäische Union und Investoren für das Land einzunehmen.
Schlimmstes Verbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg

Die Leichen wurden nach den Morden in mehreren Massengräbern verscharrt. Hier werden 600 Opfer für die Beisetzung im Potocari Memorial Center vorbereitet.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Das Massaker an rund 8000 Muslimen in der UN-Schutzzone Srebrenica gilt als schlimmste Grausamkeit in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Täter waren Soldaten der bosnischen Serben unter Führung des Generals Ratko Mladic, der noch immer auf freiem Fuß ist. Ein westlicher Diplomat, der 1995 in Srebrenica war, sagte dazu, die Verabschiedung einer solchen Resolution ohne die Festnahme Mladics habe nur geringe Bedeutung. "Wenn sie glauben, sie könnten Mladic weitere 15 Jahre auf freien Fuß lassen, dann ist das eine schwere Ungerechtigkeit."
Serbien hat im Dezember die Mitgliedschaft in der EU beantragt. Aufnahmegespräche sollen aber erst dann beginnen, wenn Mladic dem internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag überstellt ist. Der von vielen Serben nach wir vor als Held verehrte Mladic soll sich in Serbien versteckt halten.
Nationalisten gegen die Resolution
Serbische Nationalisten hatten sich vehement gegen die Erklärung ausgesprochen. Ihrer Meinung nach sind die Berichte über die Morde übertrieben. Der Geschehnisse unterschieden sich nicht von den Grausamkeiten, die an Serben im Bürgerkrieg begangen worden seien. Mit der Resolution will sich Serbien von seiner eigenen Vergangenheit distanzieren und sich der Europäischen Union annähern.
Als Kompromiss hatten die Regierungsparteien die Resolution bereits im Vorfeld deutlich entschärft, um ihrer Annahme überhaupt eine Chance zu geben. So hatte die Regierungskoalition das Wort "Völkermord" aus dem Resolutionsentwurf gestrichen, um die Zustimmung der Sozialisten des früheren serbischen Autokraten Slobodan Milosevic zu erreichen.
Die Opposition lehnte die Vorlage ab, weil damit die Serben als "ewig Schuldige" in die Geschichtsbücher eingingen. Zudem stelle die Resolution stelle eine "Beschmutzung des eigenen Staates" dar und sei "ein Verbrechen". "Das serbische Volk soll für etwas verurteilt werden, das es gar nicht begangen hat", sagte der Nationalistenführer Dragan Todorovic. Die rechtsgerichteten Parteien verlangten, die separate Resolution über Srebrenica aufzugeben und stattdessen alle Verbrechen in den Bürgerkriegen der 90er Jahre zu verurteilen. Es dürfe nicht "mit zweierlei Maß gemessen" werden.
Quelle: ntv.de, dpa/rts