Politik

"Oberlehrerin der Nation" FDP schießt sich auf Merkel ein

Es klingt fast so wie in den letzten Tagen einer Ehe, der Ton in der schwarz-gelben Koalition wird zusehends gereizter. Erst bezeichnet der frühere CDU-Generalsekretär Geißler FDP-Chef Westerwelle als "Esel". Nun kontert die FDP und attackiert Kanzlerin Merkel. Diese müsse endlich Führung zeigen. NRW-Chef Papke fragt gar: "Seit wann ist die Kanzlerin die Oberlehrerin der Nation?"

So recht läuft's gerade nicht: Westerwelle und Merkel.

So recht läuft's gerade nicht: Westerwelle und Merkel.

(Foto: dpa)

Im Streit um die kritischen Äußerungen von FDP-Chef Guido Westerwelle zu Hartz IV verschärft seine Partei den Tonfall gegenüber dem Koalitionspartner CDU/CSU.  Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, Gerhard Papke, kritisierte in der "Financial Times Deutschland", dass sich Merkel von Westerwelle und seiner Wortwahl distanziert hat. "Seit wann ist die Kanzlerin die Oberlehrerin der Nation?" Merkels Vorgehen müsse die FDP aber nicht bekümmern. Die Partei werde sich von der versammelten politischen Linken keine Denkverbote erteilen lassen.

Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil forderte in der koalitionsinternen Auseinandersetzung um Steuersenkungen oder eine umfassende Gesundheitsreform müsse Merkel "endlich Führung beweisen und ihrem Laden sagen, wo es lang geht". Stattdessen aber ergehe sich die Kanzlerin in "machttaktischen Spielchen" und flirte zusammen mit NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) mit den Grünen. "Keine fünf Monate nach einer dank der FDP fulminant gewonnenen Bundestagswahl empfinde ich das als Unverschämtheit", sagte Bayerns Vize-Regierungschef der FTD.

Hat zurzeit wenig Freude an ihrem Koalitionspartner: Kanzlerin Merkel.

Hat zurzeit wenig Freude an ihrem Koalitionspartner: Kanzlerin Merkel.

(Foto: dpa)

Der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihren Vizekanzler gegen Anwürfe aus der CDU zu verteidigen. "Ich erwarte ein Machtwort von Angela Merkel", sagte Hahn der "Frankfurter Rundschau". Diese müsse ihren Stellvertreter "vor unmöglichen Beschimpfungen aus der Union in Schutz nehmen".

Geißler bleibt bei Esel-Vergleich

Als Beispiel nannte der hessische FDP-Chef den früheren CDU- Generalsekretär Heiner Geißler, der Westerwelle als "Esel" bezeichnet hatte. Westerwelle hatte in der Debatte über die Höhe der Hartz-IV-Zahlungen gewarnt, wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspreche, lade zu spätrömischer Dekadenz ein. In Anspielung darauf erläuterte Geißler, die spätrömische Dekadenz habe unter anderem darin bestanden, dass Kaiser Caligula einen Esel zum Konsul ernannt hatte. "Insofern stimmt Westerwelles Vergleich: Vor 100 Tagen ist ein Esel Bundesaußenminister geworden", sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Die Welt".

So recht mag keine Faschingslaune aufkommen.

So recht mag keine Faschingslaune aufkommen.

(Foto: picture alliance / dpa)

 

In den "Ruhr Nachrichten" bekräftigte Geißler seine harsche Kritik. Westerwelle verhöhne zehn Millionen deutsche Staatsbürger, die am Rande der Armut leben als spätrömisch dekadent, sagte er. Die spätrömische Dekadenz sei in Rom jedoch nicht unter den Sklaven und dem einfachen Volk verbreitet gewesen, sondern unter einer Luxuselite und einer Oberschicht von Reichen. "Die haben sich jeden Tag bis zum Erbrechen vollgefressen, während die einfachen Leute Hunger litten", sagte Geißler. Auch heute badeten Wohlhabende in ihrem Überfluss, während Millionen von Hartz IV und Mini-Jobs leben müssten und kaum davon leben könnten. "Kaiser Caligula hat einen Esel zum Konsul ernannt und das Volk damit verhöhnt. Wir haben einen Esel als Außenminister, der das deutsche Volk verhöhnt."

Westerwelle selbst verteidigte in der "Bild"-Zeitung seine Wortwahl: "Jeder hat seinen eigenen Stil. Ich will gestalten, und deswegen will ich unserem Volk auch die Wahrheit sagen. Das Herumreden um den heißen Brei führt doch nur zu noch mehr Politikverdrossenheit."

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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