Politik

Briefe an Soldaten wurden geöffnet Guttenberg sucht Post-Spitzel

Eine Feldpostkarte im Bundeswehr-Lager in Faisabad.

Eine Feldpostkarte im Bundeswehr-Lager in Faisabad.

(Foto: dapd)

Briefe an Soldaten im Feldlager Masar-i-Scharif sind systematisch geöffnet worden. Verteidigungsminister Guttenberg verspricht Aufklärung. Der Wehrbeauftragte glaubt nicht, dass das Ministerium hinter dem Bruch des Briefgeheimnisses steckt.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat zugesichert, die Vorfälle um geöffnete Feldpostbriefe von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan rasch aufzuklären. "Das Öffnen von Briefen von Soldaten ist ein unhaltbarer Zustand und es sind unverzüglich Untersuchungen eingeleitet worden", sagte er der ARD. "Und wenn die Untersuchungen ergeben, dass hier irgendwelche Dinge vorsätzlich geschehen sind, muss das selbstverständlich Konsequenzen haben."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt die Bemühungen Guttenbergs. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, handele es sich um einen schwerwiegenden Vorgang, "also muss man dem jetzt nachgehen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Post: Eher ein Problem der Bundeswehr

Die Post erklärte, in der Feldpostleitstelle Darmstadt der Bundeswehr gebe es keine Hinweise auf geöffnete Feldpostbriefe. Der Bundeswehr sei aber zugesichert worden, bei der Aufklärung der Vorwürfe zu helfen. "Es gibt keinen Anhaltspunkt für einen Anfangsverdacht", sagte der Sprecher der Post Frankfurt/Main, Stefan Heß. "Nach bisheriger Erkenntnis hatten wir mit diesen Sendungen noch gar keine Berührung." Es handele sich allem Anschein nach eher um ein Problem der Bundeswehr als der Post.

Fallschirmjäger aus Seedorf betroffen

Guttenberg im Dezember im Lager Masar-i-Scharif.

Guttenberg im Dezember im Lager Masar-i-Scharif.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP), hatte zuvor bestätigt, dass die Post von deutschen Soldaten aus Afghanistan nach Deutschland systematisch geöffnet wurde. Er habe von den Vorgängen bei einem Besuch im Feldlager Masar-i-Scharif erfahren. Zahlreiche Soldaten des Ausbildungs- und Schutzbataillons berichteten ihm über geöffnete Post. Teilweise seien Umschläge ohne Inhalt zu Hause angekommen. "Was immer die Motive, was immer die Absichten derer waren, die das getan haben, es ist ein Verstoß gegen das hohe Gut des Postgeheimnisses", sagte Königshaus dem Hessischen Rundfunk. Das sei unter Umständen eine Straftat und das müsse aufgeklärt werden. "Wir müssen unsere Soldatinnen und Soldaten wie jeden anderen in Deutschland davor schützen, dass seine Briefe ungewollt geöffnet werden."

Die geöffneten Briefe wurden nach den Erkenntnissen des Wehrbeauftragten ausschließlich vom Vorposten "OP North" in der nordafghanischen Provinz Baghlan abgeschickt. Guttenberg hatte die Soldaten, die dort an vorderster Front an der Seite afghanischer Soldaten kämpfen, vor wenigen Monaten besucht. Bei den Absendern soll es sich vorwiegend um Fallschirmjäger aus dem niedersächsischen Seedorf handeln. Die Soldaten im "OP North" sind weitgehend auf die Feldpost angewiesen, um Kontakt zur Heimat zu halten. Internet und Telefon sind dort nur sehr eingeschränkt nutzbar.

Für ihn seien die Motive für das Öffnen der Briefe und die Hintergründe ein Rätsel, sagte der FDP-Politiker. Spekulationen, die Briefe seien aus sicherheitstechnischen Gründen geöffnet worden, wies Königshaus zurück. Er sei sicher, dass das Verteidigungsministerium den Vorgang zuverlässig aufkläre. "Ich habe keinen Anhaltspunkt dafür, dass im Ministerium womöglich etwas vertuscht wird." Außerdem werde sich die zuständige Staatsanwaltschaft einschalten, sobald sich der Anfangsverdacht auf eine Straftat bestätige.

Opposition wittert Skandal

Der Bundeswehrverband verlangte zügige Aufklärung. Die Opposition witterte bereits einen handfesten Skandal. "Das ist ein verheerender Vorfall, der umgehend aufgeklärt werden muss", erklärte Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour. "Ein solch eklatanter Verstoß gegen das Recht auf Privatheit muss personelle Konsequenzen haben, wenn die Verantwortlichen feststehen."

Auch FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger forderte Aufklärung. Sie sagte aber gleichzeitig, es sei nicht vorstellbar, dass eine politische Direktive hinter den Vorgängen stecken könnte. Der "Leipziger Volkszeitung" sagte sie: "Wenn im Einsatzgebiet der Bundeswehr TÜV-Regeln und Mülltrennung gelten, muss auch das Grundrecht auf Briefgeheimnis sichergestellt werden."

Bundeswehrsoldaten verschicken jeden Monat rund 130.000 Briefe und 70.000 Päckchen per Feldpost. Das entspricht nach Bundeswehrangaben dem jährlichen Postaufkommen einer Stadt mit 70.000 Einwohnern wie beispielsweise Celle.

Heißer Draht nach Hause

Die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan und Dschibuti sollen künftig deutlich einfacher und bequemer mit ihren Familien und Freunden in Deutschland in Kontakt bleiben können. Das europäische Raumfahrtunternehmen Astrium baut derzeit die Infrastruktur für ein neues Kommunikationssystem auf. Vom 1. Juli an sollen die Telefon-, Internet- und Handyverbindungen einsatzbereit sein. "Wir machen das seit bereits zehn Jahren für andere Streitkräfte. 32.000 französische und britische Soldaten werden schon über dieses System versorgt", sagte der Chef von Astrium Satellites, Evert Dudok.

Die Bundeswehr will den Soldaten in den Einsatzgebieten kostenlos 30 Gesprächsminuten pro Woche zur Verfügung stellen. Darüber hinaus gehende Verbindungen sollen ungefähr so teuer sein wie deutsche Inlandsgespräche. Der Vertrag hat nach Angaben von Astrium ein Volumen von mehreren Millionen Euro.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen