Politik

Firmeninhaber nennt Juden "Pest" Hass-Mail aus Nürnberg

"Sind Sie eine Geschäftsfrau oder eine jüdische Lügnerin?", schreibt der Inhaber einer Nürnberger Firma an eine Ladenbesitzerin in Tel Aviv. Die E-Mail strotzt von antisemitischen Klischees, einschließlich der Beteuerung, jüdische Freunde zu haben. Der Chef der Israelisch-Deutschen IHK räumt ein, dass es in Deutschland ein "tief verwurzeltes" Problem gebe.

Eti Doron war geschockt, als sie die Mails aus Nürnberg bekam.

Eti Doron war geschockt, als sie die Mails aus Nürnberg bekam.

(Foto: dpa)

Eti Doron, die Inhaberin eines Spielzeuggeschäfts in der King George Street in Tel Aviv, hat aus Nürnberg antisemitische E-Mails erhalten. Die Schreiben ihres deutschen Geschäftspartners Walter Adler, Seniorchef der Firma Hoff-Interieur GmbH & Co. KG in der Wetzlarer Str. 26 in Nürnberg, wurden auszugsweise am Mittwochabend im israelischen Fernsehen und am Donnerstag in der "Jerusalem Post" veröffentlicht.

In jämmerlich schlechtem Englisch mit Grammatikfehlern, die sich kaum in deutscher Übersetzung wiedergeben lassen, fragt Adler "Madame Eti Doron": "Sind Sie eine Geschäftsfrau oder sind Sie eine jüdische Lügnerin?" Doron erzählt, dass sie bei Adlers Firma Waren im Wert von 600 Euro bestellen wollte. Das Geschäft sei nicht zustande gekommen, weil Adler bei der Messe in Frankfurt ihre Kreditkarte nicht belasten konnte. Nichts sei jemals geliefert worden, weshalb Doron umso schockierter gewesen sei, als sie Adlers antisemitische Beschimpfungen erhielt.

Adler, dessen Firma "Wohnaccessoires, Kunsthandwerk und Geschenkartikel" mit "Kennerschaft und hohem Qualitätsanspruch" in über 28 Ländern anbietet (so eine Selbstdarstellung im Internet), schrieb in einer E-Mail an Doron: "Wir sehen, dass Sie beschlossen haben, ein richtiger Jude zu sein, und nicht nur Lügner und Betrüger. Ihr abscheuliches Verhalten hat uns einen großen Verlust bereitet. Wir müssen uns an einen Aphorismus erinnern, der es viele hundert Jahre lang in Europa gab, das manche Menschen mit Ihrer Herkunft die Pestilenz sind für Menschen. Wir haben nie gedacht, dass das wahr ist, aber Sie haben das bestätigt."

Weiter erinnert Adler daran, dass "unser großer Schriftsteller Günther (sic) Grass" gesagt habe, Israel sei eine "Gefahr für den Weltfrieden" (im Original: "world piece"). "Jetzt, mit Ihrer Haltung, wir verstehen das. Wir müssen nicht reden über Folter und Mord am palästinensischen Volk." Walter Adler fügte dieser Mail noch ein P.S. an: "Betreten Sie niemals unsere Firma oder unsere Stände rund um die Welt, andernfalls sind wir gezwungen, die Polizei zu rufen."

Ein Telefonanruf bei der Nürnberger Firma ergab, dass sie bis Montag wegen Betriebsferien geschlossen ist. Israelische Medien berichteten, dass alle ihre E-Mails unbeantwortet geblieben seien.

Adler hatte trotz seiner antisemitischen Ausfälle offenbar das Bedürfnis, sich als Freund von Juden oder gar jüdischer Abstammung darzustellen. "Ich möchte Sie informieren, dass meine Verwandten in Nürnberg die große Familie Rosenfelder mit ungefähr 12 guten Personen ist. Wissen Sie? Auch ist ein Freund von mir Arno Hamburger in unserem Stadtrat, ein guter Mann. Auch Mr. Henry Kissinger, geboren in Fürth, wir trafen uns immer, wenn er her kommt. Er ist hier geboren und war im gleichen Gymnasium (klassische Schule) wie mein Vater! Sie werden alle schockiert sein, falls ich sie alle über Sie informiere."

Hamburger, der für die SPD im Stadtrat sitzt und Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg ist, war in der Tat schockiert - allerdings über das Schreiben von Adler. Der 89-Jährige sprach von einem "ungeheuerlichen Vorgang". Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: "Die beiden E-Mails verurteile ich aufs Schärfste. Besonders schlimm ist, dass die E-Mails aus einer Stadt stammen, die sich als 'Stadt der Menschenrechte' seit Jahren offensiv um die Aufarbeitung ihrer NS-Vergangenheit bemüht."

Grisha Alroi-Arloser, Leiter der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer in Tel Aviv empfahl Doron, die Firma Hoff-Interieur zu verklagen. "Die Geschäftsdetails interessieren nicht. Dies ist höchst antisemitisch mit allen (anti-)jüdischen Stereotypen." Alroi-Arloser sagte der "Jerusalem Post", dass es in Deutschland ein "tief verwurzeltes" Problem gebe, das angepackt werden müsse, nachdem sich Günter Grass geäußert habe.

Nachtrag: Der Deutschen Presse-Agentur gelang es offenbar, Kontakt zu der Firma zu bekommen. Demnach bedauerte der Geschäftsführer des Nürnberger Unternehmens die "unsägliche E-Mail", die durch nichts zu entschuldigen sei. Verfasser der Mails sei sein leicht dementer Vater gewesen. Der einstige Firmengründer, der von allen Führungsaufgaben entbunden sei, habe sich anscheinend über einen stornierten Auftrag geärgert. Die Schreiben seien ohne Absprache mit der Geschäftsführung abgesetzt worden.

Quelle: ntv.de

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