Politik

Spionage gegen den Frieden Israel hörte Kerrys Telefon ab

Schlechte Nachrichten: John Kerry am Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz.

Schlechte Nachrichten: John Kerry am Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz.

(Foto: AP)

US-Außenminister Kerry führte viele Gespräche, als er im vergangenen Jahr einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern vermitteln wollte. Einige wurden vom israelischen Geheimdienst abgehört. Spionage unter Freunden? Nicht wirklich.

US-Außenminister John Kerry soll bei telefonischen Vermittlungsversuchen zwischen Israel und den Palästinensern vom israelischen Geheimdienst abgehört worden sein. Das schreibt der "Spiegel".

Unter Berufung auf "Quellen aus Geheimdienstkreisen" heißt es in dem Nachrichtenmagazin, Kerrys Gespräche seien "von mindestens zwei Geheimdiensten" abgehört worden, "darunter von den Israelis". Wahrscheinlich hätten auch die Russen und die Chinesen mitgehört. Als zeitliche Einordnung nennt der "Spiegel" die Hochphase der Friedensverhandlungen im vergangenen Jahr, als Kerry nahezu täglich Telefonate in den Nahen Osten geführt hatte - gelegentlich auch über ein normales, unverschlüsseltes Telefon. Kerry habe das Risiko gekannt, heißt es in dem Artikel, aber ihm seien die persönlichen Gespräche wichtiger gewesen als die Bedenken der Sicherheitsleute.

Nach jahrelangem Stillstand im Nahen Osten hatte Kerry die Konfliktparteien im Juli 2013 wieder an einen Tisch gebracht. Seine Initiative hatte das Ziel, binnen neun Monaten ein Abkommen zu erreichen, das den Rahmen für einen Friedensschluss festlegen sollte. Dieses Vorhaben stieß bei beiden Seiten auf Schwierigkeiten. Ende März weigerte Israel sich beispielsweise, wie vereinbart eine relativ kleine Gruppe von palästinensischen Gefangenen freizulassen - stattdessen kündigte die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu den Bau von 700 Wohnungen in Ost-Jerusalem an. Einen Monat später verkündete Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die Aussöhnung seiner Fatah mit der Hamas. Damit waren die Friedensgespräche für Israel gestorben.

Es ist zu vermuten, dass die israelische Regierung durch die Mitschnitte immer exakt darüber im Bilde war, was Kerry den Palästinensern gerade in Aussicht gestellt hatte. Wenn man - wie das viele Beobachter tun - unterstellt, dass sie kein Interesse an einem Kompromissfrieden hat, dann kann man wohl davon ausgehen, dass die Mitschnitte ihr dabei geholfen haben könnten, Kerrys Vorhaben zu vereiteln.

Verteufelt und verspottet

Kerrys Nahost-Initiative war nicht sein einziger Fehlschlag in der Region, auch seine Bemühungen um einen Waffenstillstand im aktuellen Gaza-Krieg verliefen ergebnislos. Dieser Plan scheiterte an einem Leak: Offenbar ein Mitglied der israelischen Regierung gab das Papier an den "Haaretz"-Journalisten Barak Ravid weiter, der es veröffentlichte und als "surreal" brandmarkte, da es Positionen enthielt, die für Israel unannehmbar sind. Das Echo war entsprechend: Der Herausgeber der Online-Zeitung "The Times of Israel" warf Kerry "Verrat" vor.

Allerdings war dieses Papier kein fertiger Plan, sondern nicht mehr als eine Ideensammlung. Das Ziel des Leaks wurde dennoch erreicht: In weiten Teilen der israelischen Öffentlichkeit wird Kerry verteufelt, zumindest aber verspottet. Ein Außerirdischer, der jetzt in Israel lande, würde denken, alle Probleme des Landes würden von jemandem mit dem Namen John Kerry verursacht, kommentierte ein anderer "Haaretz"-Journalist zutreffend.

Der rechte Flügel der israelischen Regierung hat Kerry schon länger im Visier. Im Januar, als zumindest offiziell noch ein Funken Hoffnung für seine Nahost-Initiative bestand, sagte Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon: "Das einzige, was uns retten kann, ist, dass John Kerry den Friedensnobelpreis gewinnt und uns dann in Ruhe lässt."

Öffentlich schlägt Premierminister Benjamin Netanjahu einen weniger scharfen Ton an, intern allerdings geht auch er auf Konfrontation zu den USA. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP sagte Netanjahu bei einem Telefonat mit dem amerikanischen Botschafter in Israel, die US-Regierung solle "nie wieder an mir zweifeln". Washington solle seinem Urteil vertrauen, wie man mit der Hamas umzugehen habe. Das Telefonat fand am Freitag nach dem jüngsten Bruch des Waffenstillstands statt, als Israel noch davon ausging, dass die Hamas einen israelischen Soldaten entführt hatte. Netanjahu sagte dem US-Botschafter, er "erwarte", dass die USA und andere Länder die israelische Initiative jetzt vollständig unterstützten.

Diesen Erwartungen will Washington offenbar entsprechen. Noch am Donnerstag hatte US-Präsident Barack Obama in einem Telefonat mit Netanjahu für eine sofortige und bedingungslose Feuerpause im Gazastreifen plädiert. Am Freitag sah Obama die Verantwortung vor allem bei der Hamas: Wenn Israel und die Weltgemeinschaft den Feuerpausen der Hamas kein Vertrauen schenken könnten, sei ein echter Waffenstillstand nur "sehr schwer zu erreichen", sagte er. Das liegt sehr nah bei der israelischen Position. "Mit der Hamas über einen Waffenstillstand zu reden, hat keinen Sinn", sagte ein hoher israelischer Regierungsbeamter am Samstag.

Quelle: ntv.de

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