Banken werden gegen Krise gewappnet Kapital steigt um 108 Mrd Euro
22.10.2011, 21:55 Uhr
Ist Merkels Hand die rettende für Griechenland, Banken und Versicherungen?
(Foto: dpa)
Das Kapital der europäischen Banken wird wesentlich aufgestockt, um sie gegen Folgen der Euro-Schuldenkrise zu wappnen. Die EU-Länder befürchten, dass die Finanzinstitute nicht über genügend Rücklagen verfügen, wenn sie auf einen großen Teil ihrer Forderungen an das hoch verschuldete Griechenland verzichten müssen. Geplant ist ein Schuldenschnitt von mindestens 50 Prozent.
Die EU-Länder haben einen Krisenplan für Europas Banken geschmiedet, mit dem sie die Finanzinstitute gegen die Folgen der Schuldenkrise wappnen wollen. Die Finanzminister einigten sich in zehnstündigen Beratungen in Brüssel im Grundsatz darauf, dass die Kapitalrücklage der Banken um rund 108 Milliarden Euro aufgestockt werden soll.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach im belgischen Meise lediglich davon, dass die "Finanzminister Fortschritte gemacht haben", nannte aber keine Details.
Die EU-Länder befürchten, dass die europäischen Finanzinstitute nicht über genügend Rücklagen verfügen, wenn sie auf einen großen Teil ihrer Forderungen an das hoch verschuldete Griechenland verzichten müssen. Der grundsätzliche Beschluss der Finanzminister sieht Diplomatenangaben zufolge vor, dass durch die rund 108 Milliarden Euro die Quote des Eigenkapitals der Finanzinstitute auf neun Prozent erhöht wird. Diese Quote beschreibt das Verhältnis vom Kapital einer Bank zu ihren risikobehafteten Geschäften, also zu den vergebenen Krediten und den Geldanlagen.
Die endgültige Entscheidung über den Plan zur Bankenrettung soll von den EU-Staats- und Regierungschefs am Sonntag getroffen werden. Entscheidungen würden nach den Worten Merkels aber erst bei einem weiteren Gipfel am Mittwoch fallen.
Schuldenschnitt über 50 Prozent angeregt

Griechenlands Regierungschef Papandreou (l.) wird von Kommissionspräsident Barroso empfangen.
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Ein endgültiger Beschluss der EU-Finanzminister zur Banken-Rekapitalisierung war wohl auch nicht möglich, da noch andere wichtige Punkte eines angestrebten Gesamtpakets zur Stabilisierung der Eurozone offen sind. Dazu gehört, in welcher Höhe die Banken auf Forderungen gegenüber Griechenland verzichten müssen.
Die Eurogruppe hatte am Freitagabend erklärt, dass sie das im Juli beschlossene Hilfspaket für das hochverschuldete Land neu verhandeln wollen. Sie zeigten sich zu weiteren Finanzhilfen bereit, erwarten aber auch von den Banken einen größeren Beitrag. Die Rede ist von einem Verzicht in Höhe von 50 Prozent anstatt der bisher vereinbarten 21 Prozent. Merkel hatte sogar einen Schnitt von bis zu 60 Prozent ins Gespräch gebracht. Bei den Verhandlungen mit der Bankenbranche wurde bislang kein Fortschritt erzielt, wie am Samstag aus mit den Verhandlungen vertrauten Kreisen verlautete.
Mehrere Fragenzeichen hinter EFSF-Hebel
Die Minister sind sich weiter uneins darüber, wie die Schlagkraft der Mittel im Euro-Rettungsfonds – zum Beispiel durch Hebelwirkung – erhöht werden kann. Hier wird zwar nur noch über zwei Modelle diskutiert, aber dem niederländischen Finanzminister Jan Kees de Jager zufolge gibt es "noch deutliche Meinungsverschiedenheiten".
Sarkozy: Es gibt Fortschritte

Es gibt keinen Streit zwischen Merkel und Sarkozy - höchstens unterschiedliche Ansichten.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy waren am Abend in der belgischen Hauptstadt zusammenkommen, um ihre - offiziell dementierten - Meinungsunterschiede zu überwinden. Anschließend sagte Sarkozy, es gebe "Fortschritte", ohne Details zu nennen. Deutschland und Frankreich haben als größte Volkswirtschaften besondere Verantwortung für die 12 Jahre alte Gemeinschaftswährung.
Berlin und die Europäische Zentralbank lehnen den Pariser Vorstoß ab, den europäischen Krisenfonds zu einer Bank auszubauen - und damit zu einer Art Finanzierungsmaschine für klamme Staaten zu machen. An der sogenannten "Frankfurter Runde" mit Merkel und Sarkozy sollten auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, Kommissionschef José Manuel Barroso, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet sowie die Chefin des Internationalen Währungsfonds (WIF), Christine Lagarde, teilnehmen.
Bereits Mitte der Woche war der Kreis in Frankfurt am Main zusammengekommen, um eine Lösung im Streit über den Euro-Rettungsfonds EFSF zu finden. Laut Brüsseler Kreisen waren dabei "tiefe Gräben" zwischen Frankreich und Deutschland aufgerissen.
Westerwelle scheitert mit Vorstoß
Derweil stößt Deutschland mit der Forderung nach einer Änderung der EU-Verträge als Antwort auf die Schuldenkrise auf Widerstand. Man dürfe nicht eine weitere Front eröffnen, heißt es dazu aus Brüssel. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte "substanzielle" Änderungen der EU-Verträge verlangt, damit auch Sanktionen gegen dauerhafte Schuldensünder verhängt werden können. Westerwelle schlug vor, Schuldenländer auch vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen.
Druck auch aus den USA auf Merkel
Derweil forderte sogar die "New York Times" Merkel zum zügigen Handeln in der Schuldenkrise auf. Unter dem Titel "Wird Mrs. Merkel noch rechtzeitig aufwachen?" spricht sich die Zeitung für entschlossene Hilfen für Griechenland aus.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts