Nachbesserungen angemahnt Karlsruhe kippt Teile der Antiterrordatei
24.04.2013, 10:27 Uhr
Karlsruhe billigt die umstrittene Antiterrordatei nur im Grundsatz. Es sind Nachbesserungen bis 2015 erforderlich. Die 2007 eingerichtete Datei sollte den Sicherheitsbehörden helfen, insbesondere islamistische Terroranschläge zu verhindern.
Das Bundesverfassungsgericht hat die umstrittene Antiterrordatei grundsätzlich gebilligt. Die Datei sei in ihrer Grundstruktur verfassungsgemäß, hieß es in dem in Karlsruhe verkündeten Urteil. Dennoch seien Nachbesserungen im Detail notwendig. Die Richter gaben dem Gesetzgeber Zeit bis zum 31. Dezember 2014, um die verfassungswidrigen Vorschriften zu ändern.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich reagierte mit Erleichterung auf den Richterspruch aus Karlsruhe. "Ich glaube, dass wir insgesamt sehr froh sei können, dass die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes bestätigt worden ist", sagte der CSU-Politiker in Berlin. Die von Karlsruhe geforderten Nachbesserungen würden sorgfältig geprüft und umgesetzt.
Die 2007 eingerichtete Datei soll helfen, mit schnellem Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden insbesondere islamistische Terroranschläge zu verhindern. Erfasst werden nicht nur Terrorverdächtige, sondern auch unbeteiligte Kontaktpersonen. Ein pensionierter Richter hatte Verfassungsbeschwerde gegen die Datensammlung eingelegt.
38 Behörden haben einen Zugriff
Insgesamt 38 Sicherheitsbehörden können auf die kurz ATD genannte Datei zugreifen - darunter BKA, Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, der Militärische Abschirmdienst sowie die 16 Landeskriminalämter. Derzeit sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums Daten von rund 17.000 Menschen gespeichert: Terrorverdächtige und deren Unterstützer, aber auch Personen, die Gewalt zur Durchsetzung politischer oder religiöser Belange anwenden oder eine solche Gewaltanwendung "unterstützen, vorbereiten, befürworten oder durch ihre Tätigkeiten vorsätzlich hervorrufen".
Dazu kommt aber noch eine weitere Gruppe, die sogenannten Kontaktpersonen. Diese haben selbst nichts mit Terrorismus am Hut, aber stehen mit Verdächtigen in Verbindung - möglicherweise, ohne von der Verstrickung ihrer Freunde, Bekannten oder Angehörigen auch nur zu wissen. Vor allem die Speicherung von Daten dieser "undolosen Kontaktpersonen" stößt auf Bedenken. Im Bundesinnenministerium weist man allerdings darauf hin, dass es nur wenige derart Nichtsahnende gebe - derzeit seien es genau 111.
Informationen dienen dem Gesamtbild
Nach dem Evaluationsbericht der Bundesregierung fanden zuletzt rund 67.000 Abfragen pro Jahr statt. Konkrete Beispiele, in denen die Datei zur Aufklärung oder Verhinderung einer Straftat geführt hätte, ließen sich aber nicht benennen. Darauf komme es aber auch nicht an: "Dies entspricht der täglichen polizeilichen Praxis, dass eine konkrete Maßnahme der Gefahrenabwehr oder der Aufklärung einer Straftat sich äußerst selten auf eine einzelne Erkenntnis stützt, sondern sich vielfältige Informationsquellen zu einem Gesamtbild verdichten."
Auf jeden Fall habe sich die Zusammenarbeit zwischen den Behörden verbessert. Im Innenministerium weist man zudem darauf hin, dass die Ermittler ohne die Datei bei einer Vielzahl von einzelnen Behörden nachfragen müssten, ob etwas über einen bestimmten Verdächtigen bekannt sei. Das dauere nicht nur länger, sondern bedeute in der Summe auch einen stärkeren Eingriff in die Grundrechte.
Quelle: ntv.de, dpa