Politik

Haftung für den Fall der Fälle Kernkraft eigentlich unbezahlbar

Ein Flugzeug über der Kuppel eines Kernkraftwerks - wer zahlt, wenn es über dem AKW abstürzt?

Ein Flugzeug über der Kuppel eines Kernkraftwerks - wer zahlt, wenn es über dem AKW abstürzt?

(Foto: dapd)

Die 17 deutschen Kernkraftwerke sind einer Studie zufolge massiv unterversichert gegen schwerwiegende Unfälle. Um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten, müsste der Preis für eine Kilowattstunde Atomstrom je nach Versicherungsmodell auf bis zu 2,36 Euro steigen. Das wäre das Zehnfache des Haushaltsstrompreises.

Eine realistische Haftpflichtversicherung deutscher Kernkraftwerke für den Fall eines Super-GAU könnte Atomstrom einer neuen Studie zufolge unbezahlbar machen. Müssten Betreiber ihre "um mehrere Größenordnungen" unterversicherten Meiler nach Marktkonditionen absichern, würde der Preis für eine Kilowattstunde Atomstrom um 0,14 bis 67,30 Euro steigen, heißt es in der Studie, die vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) in Auftrag gegeben wurde. Zum Vergleich: Haushaltskunden zahlen für ihren Strom derzeit im Schnitt etwa 0,22 bis 0,23 Euro je Kilowattstunde.

Die Haftungssumme für einen Atomreaktor, die ein Betreiber im Schadensfall abdecken muss, ist in Deutschland laut Gesetz auf 2,5 Milliarden Euro begrenzt. Die Differenz zu den wahren Kosten muss der Staat übernehmen.

Laut der vom Beratungsbüro Versicherungsforen Leipzig erstellten Studie beläuft sich die Summe, die für die Abdeckung einer Nuklearkatastrophe realistischerweise bereitgestellt werden muss, allerdings auf rund 6,1 Billionen Euro - ein phantastisch hoher Betrag, der in etwa dem 20-fachen des Bundeshaushalts für das laufende Jahr entspricht. Zu begleichen wären etwa Vermögensverluste durch Umsiedlungen, volkswirtschaftliche Schäden durch die Sperrung ganzer Landstriche sowie Kosten für die Behandlung einer wachsenden Zahl von Krebserkrankungen und Gendefekten in der Bevölkerung.

Der wahre Preis der Atomenergie

Den weiteren Berechnungen zufolge müssten Betreiber bei einer marktüblichen Versicherung je nach konkreter Ausgestaltung ihren Strompreis um 0,14 bis 2,36 Euro je Kilowattstunde erhöhen, um eine Deckungssumme in dieser Höhe von jetzt an über einen Zeitraum von 100 Jahren aufzubauen. Soll die Summe innerhalb von zehn Jahren aufgebaut und damit überhaupt noch vor der derzeit diskutierten Stilllegung abrufbar sein, betrüge der Aufschlag sogar 3,96 bis 67,3 Euro je Kilowattstunde.

Der BEE wertete das Ergebnis als Beleg für eine verzerrte Diskussion um den wahren Preis der Atomenergie. "Das Ergebnis zeigt exemplarisch, wie selektiv die Debatte um die Kosten unserer Energieversorgung geführt wird. Die wahren Kosten der Atomkraft werden ausgeblendet und im Falle eines schweren Unfalls auf die Allgemeinheit abgewälzt", erklärte BEE-Geschäftsführer Björn Klusmann.

Die Auswirkungen eines Ausstiegs aus der Atomkraft auf die Strompreise ist einer der kontroversesten Aspekte der aktuellen Diskussion um die deutsche Energiewende. Anhänger der Kernenergie verweisen auf die wichtige Rolle, die Atomstrom für eine billige Energieversorgung angeblich spielt. Klusmann warf ihnen vor, nicht mit "ehrlichen Preisen" zu argumentieren. Eingerechnet werden müsste, welche Belastungen die AKW-Betreiber auf die Gesellschaft und den Staat auslagerten, statt sie - wie bei erneuerbaren Energien üblich - in ihre betrieblichen Kalkulationen einfließen zu lassen.

Quelle: ntv.de, AFP

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