Politik

Gefoltert und massakriert in Syrien Kinder als Schutz missbraucht

Ein syrisches Kind auf einer Anti-Assad-Demonstration.

Ein syrisches Kind auf einer Anti-Assad-Demonstration.

(Foto: AP)

Die UN-Sondergesandte Coomaraswamy ist entsetzt. Offenbar setzen syrische Truppen Kinder als Schutzschilde ein. Sie müssten sich auf Panzer setzen, damit diese nicht von Aufständischen angegriffen würden, so die UN. Auch würden Kinder gefoltert und verstümmelt. US-Verteidigungsminister Panetta wirft Assads Truppen "abscheuliche Gewalt" vor.

Syrische Truppen sollen Kinder als menschliche Schutzschilde eingesetzt haben. Das berichtet die britische BBC unter Berufung auf einen Bericht der Vereinten Nationen. Ihr Team sei mit "schrecklichen" Schilderungen über gefolterte und massakrierten Kinder aus Syrien zurückgekehrt, sagte die UN-Sondergesandte für Kinder in bewaffneten Konflikten, Radhika Coomaraswamy, dem Sender. So hätten Kinder erzählt, dass sie sich auf Panzer hätten setzen müssen, damit diese nicht von Aufständischen angegriffen würden.

Sie habe es noch nie zuvor erlebt, dass Kinder nicht verschont würden, sondern in einem Konflikten sogar noch als Ziel dienten. "Wir haben Kinder gesehen, die gefoltert wurden und die noch die Spuren der Folter tragen", sagte Coomaraswamy. "Wir sind wirklich geschockt(...) Diese Folterungen von Kindern in Gefangenschaft, Kinder von gerade einmal zehn Jahren, das ist sehr außergewöhnlich, das haben wir woanders wirklich noch nicht gesehen."

Viele ehemalige Soldaten hätten von Schüssen auf Wohngebiete berichtet. Sie hätten Kinder und Kleinkinder gesehen, die getötet und verstümmelt worden sein.

Zugleich erhob sie Vorwürfe gegen die oppositionelle , die ebenfalls Kinder in Gefahr bringe. "Zum ersten Mal hörten wir auch, dass Kinder von der Freien Syrischen Armee rekrutiert werden, vor allem für medizinische und Hilfsarbeiten, aber immer noch an der Front", sagte Coomaraswamy.

Ban "tief besorgt"

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich alarmiert über die Lage in Syrien. Die UN-Beobachter hätten von zunehmender Gewalt zwischen Regierungstruppen und Kämpfern der Opposition berichtet, erklärte Ban. Besonders dramatisch ist die Lage offenbar in der von der Armee umzingelten Stadt Al-Heffa, für die Ban ungehinderten Zugang für die UN-Beobachter forderte.

Ein Mann trägt seine verwundete Tochter durch die Straßen von Damaskus.

Ein Mann trägt seine verwundete Tochter durch die Straßen von Damaskus.

(Foto: REUTERS)

Er sei "tief besorgt" über die "gefährliche Zunahme bewaffneter Gewalt" in ganz Syrien in den vergangenen Tagen, so Ban. Durch "intensive Militäreinsätze" der Regierungstruppen in der Rebellenhochburg Homs und den Beschuss aus Helikoptern in anderen Städten habe es viele zivile Opfer gegeben. Nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden allein am Montag landesweit mindestens 106 Menschen getötet, darunter 77 Zivilisten.

Ban betonte, die internationale Gemeinschaft befürchte ein noch weiter verschärftes Vorgehen der Regierungstruppen gegen Kämpfer der Opposition, die ebenfalls ihre Einsätze verstärkt hätten. Für die Eskalation der Gewalt seien "alle Seiten" verantwortlich, erklärte der UN-Generalsekretär und forderte neue Anstrengungen, um Verhandlungen zu ermöglichen.

Zugleich forderte Ban einen Zugang der unbewaffneten UN-Beobachter zur Stadt Al-Heffa. Angesichts von Berichten über einen massiven Aufmarsch von Regierungstruppen rund um die Stadt müssten die Beobachter ungehinderten Zugang erhalten. Er schloss sich damit einer Forderung des Syrien-Sondergesandten von UNO und Arabischer Liga, Kofi Annan, an. Rebellenpositionen in der 30.000-Einwohner-Stadt nahe der türkischen Grenze stehen Bewohnern und Aktivisten zufolge unter Beschuss von Hubschraubern der Regierungstruppen, zudem sei die Stadt von Panzern umzingelt.

Immer mehr Kinder sterben in Syrien.

Immer mehr Kinder sterben in Syrien.

(Foto: AP)

Der oppositionelle Syrische Nationalrat warf der Regierung von Präsident Baschar al-Assad vor, ihre "Politik des Terrors gegen das syrische Volk zu steigern", während die internationale Gemeinschaft von "Schwäche und Zögern" geprägt sei. Der Rat forderte den UN-Sicherheitsrat und insbesondere die beiden Vetomächte Russland und China auf, "ihrer Verantwortung nachzukommen und auf die Verbrechen gegen Zivilisten in Syrien zu reagieren". China und Russland verhinderten bereits zwei UN-Resolutionen zu Syrien.

USA: Kein Königsweg

US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte, es gebe "keinen Königsweg" zur in Syrien. Den Truppen Assads warf Panetta "abscheuliche Gewalt" vor. Die Situation in Syrien sei "von jedem Blickwinkel aus enorm komplex und tragisch", so Panetta. Washington werde sich gemeinsam mit der Türkei und der internationalen Gemeinschaft für einen Rücktritt Assads und einen geordneten politischen Übergang einsetzen.

Ein ranghoher arabischer Beamter, der anonym bleiben wollte, forderte Annan auf, zu entscheiden, ob dessen Sechs-Punkte-Plan noch umsetzbar sei, wenn das Mandat der UN-Beobachter im kommenden Monat ausläuft. Annans Friedensplan könne nicht auf unbestimmte Zeit angelegt sein. Die Nachbarstaaten Syriens beobachteten das Blutvergießen mit zunehmender Sorge und bemühten sich angesichts einer wachsenden Flüchtlingskrise und der Befürchtung eines Übergreifens der Gewalt über die Grenzen um eine Lösung, sagte der Beamte.

Der syrische Staatschef Assad lässt seit Mitte März einen gewaltsamen Aufstand gegen seine Führung blutig niederschlagen. Dabei wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen bisher mehr als 14.100 Menschen getötet, darunter fast 1200 Kinder. Allein bei einem Massaker am 25. Mai waren in der zentralsyrischen Stadt Hula laut UNO bei Massenhinrichtungen von mehr als hundert Menschen 49 Kinder. Auch bei einem Massaker in dem Dorf Al-Kubeir in der Provinz Hama am vergangenen Mittwoch sollen viele Kinder unter den mindestens 55 Toten gewesen sein.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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