Rüstungsgüter gegen Rohstoffe Merkel gibt Angola Militärboote
13.07.2011, 16:25 Uhr
Wirtschaftsdelegation: Merkel mit Dos Santos.
(Foto: dapd)
Auch in Afrika geht es für Bundeskanzlerin Merkel vor allem um strategische Partnerschaften. Bei ihrem Besuch in Angola verspricht sie die Lieferung von deutschen Militärbooten. Dafür will die Bundesregierung sich Zugang zu Rohstoffen sichern. Dass Angolas Regierung als korrupt gilt und Demokratiedefizite offensichtlich sind, spricht Merkel an, betont aber die Bedeutung als Stabilitätsanker.
Deutschland sucht engere Beziehungen zu dem rohstoffreichen Angola und bietet dem westafrikanischen Land dafür auch Rüstungsgüter an. "Deutschland ist bereit zu einer Energie- und Rohstoffpartnerschaft", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit dem angolanischen Präsidenten Jose Eduardo dos Santos in Luanda. Im Gegenzug könne Deutschland Hilfe bei Infrastrukturprojekten, im Bildungsbereich und der Landwirtschaft liefern. Zudem bot Merkel dem Land den Kauf deutscher Patrouillenboote zur Küstensicherung an. Auch dos Santos betonte, beide Länder wollten eine umfangreiche Partnerschaft schließen. Zudem bekräftigte er seine Bereitschaft zu politischen Reformen.
Merkels Angebot, Angolas Marine auszustatten, dürfte die ohnehin aufgeregte Debatte um Rüstungsexporte weiter anheizen. Dabei geht es um die mögliche Lieferung von sechs bis acht Patrouillenboote im Wert von jeweils zehn bis 25 Millionen Euro. Eine vorläufige Genehmigung für den Verkauf dieser Boote für den Küstenschutz hatte bereits der Bundessicherheitsrat der schwarz-roten Vorgängerregierung erteilt. Der geschäftsführende Gesellschafter der Bremer Lürssen-Werft, Friedrich Lürßen, betone in Luanda, von einem Abschluss des Geschäfts sei man aber noch weit entfernt. Dos Santos betonte die Notwendigkeit, das angolanische Militär zu modernisieren, wobei man aber weiter mit "traditionellen Partnern" zusammenarbeiten wolle. Damit dürfte Russland gemeint sein.
Korrupter Stabilitätsfaktor?
Merkel begründete das deutsche Angebot für Militärgüter damit, dass Angola zu den Ländern in der Afrikanischen Union gehöre, die sich sehr für Stabilität in ihrer Region einsetzten. Deutschland biete deshalb auch die Ausbildung von Soldaten an. Es sei im deutschen Interesse, dass die afrikanischen Staaten über Streitkräfte verfügten, die selbst für Frieden auf ihrem Kontinent sorgen könnten.
Kritik kam umgehend von der SPD. "In der jetzigen Situation brauchen viele afrikanische Staaten mit Sicherheit keine deutschen Rüstungsgüter und auch sonst keine Rüstungsgüter", sagte der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Eine Vorzeigedemokratie ist Angola nämlich nicht. Zudem ist der Präsidenten-Clan offenbar sehr korruptionsanfällig."
Angola, das nach der Unabhängigkeit 1975 bis 2002 im Bürgerkrieg lebte, zählt zu den wichtigsten Ölexporteuren Afrikas und dennoch zu den ärmsten Ländern der Welt. Der Regierung wird vorgehalten, nur unzureichend die Armut in der eigenen Bevölkerung zu bekämpfen. Viele deutsche Firmen meiden Angola wegen der massiven Korruption.
Der Präsident des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Jens Peter Breitengross, sagte, die Boote dienten auch dazu, Fischer der Küstenländer vor illegalem Abfischen ihrer Gewässer durch hoch gerüstete Fischflotten etwa aus Taiwan und Japan zu bewahren.
Deutsche Firmen willkommen
Die Wirtschaftskooperation mit Angola war der Schwerpunkt am zweiten Tag der Afrika-Reise Merkels. Das Land erwartet in diesem Jahr ein Wachstum von acht Prozent und im kommenden Jahr sogar ein Plus im zweistelligen Bereich. Merkel hatte bereits auf einer deutsch-angolanischen Wirtschaftskonferenz betont, dass die deutsche Seite nun konkrete Projekte erwarte. Im Energiebereich dürfte es dabei etwa um den Bezug von Flüssiggas (LNG) ab 2012 und eine Zusammenarbeit im Bereich der Erneuerbaren Energien gehen.

Die Bundeskanzlerin holt mit ihrer Afrikareise einige Versäumnisse der Vergangenheit auf.
(Foto: dapd)
Der seit 1979 regierende Dos Santos lud deutsche Firmen ausdrücklich ein, sich am Bau von drei Wasserkraftwerken im Wert von einer Milliarde Dollar zu beteiligen. Deutsche Firmen böten aber auch den Ausbau des Glasfasernetzes und die Ausrüstung von Universitäten und Schulen an, betonte Merkel. Der deutsch-angolanische Handel war in der Wirtschaftskrise eingebrochen, legte in den ersten Monaten dieses Jahres aber wieder um 22 Prozent zu.
Wahlen werden Demokratietest
Zugleich mahnte Merkel aber weitere politische Reformen an. Die Erfolge des Landes seit dem Ende des Bürgerkrieges im Jahr 2002 seien beeindruckend. Nötig sei aber, die Verfassung mit Leben zu erfüllen. Wichtig seien Transparenz, der Kampf gegen Korruption und die Einhaltung der Meinungsfreiheit. Zudem mahnte sie, dass politische Stabilität nur zu erreichen sei, wenn die riesigen sozialen Unterschiede in dem Land ausgeglichen und die Bevölkerung stärker ausgebildet werde.
Angolas Pro-Kopf-Einkommen wächst wegen der Ölverkäufe zwar sehr stark, ein Großteil der Bevölkerung lebt aber weiter in Armut. "Die Wahlen im Jahr 2012 werden deutlich machen, welche Fortschritte das Land bei Demokratie- und Meinungsfreiheit schon zurückgelegt hat", sagte Merkel.
Dos Santos seinerseits bekannte sich zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie freien Wahlen. Auf die Frage, was er dem Vorwurf einer schlechten Regierungsführung entgegenhalte, sagte er: "Zu diesem Schluss kann man nur kommen, wenn man Angola nicht vor der Unabhängigkeit kannte." Angola sei immer ein armes Land gewesen. Seit Ende des Bürgerkrieges bemühe es sich um die Entwicklung auf dem Land und lege spezielle Programme dafür und die Infrastruktur auf. Dos Santos würdigte, dass mit Merkel erstmals überhaupt ein Regierungschef der Bundesrepublik Angola besucht habe.
Quelle: ntv.de, dpa/rts