Politik

Kein Blackout durch AKW-Abschaltung Merkel lobt CSU-Ausstiegsplan

Das AKW Emsland wurde abgeschaltet.

Das AKW Emsland wurde abgeschaltet.

(Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Merkel sieht im von der CSU anvisierten Jahr 2022 "einen richtigen Zeitraum" für den Atomausstieg. In Kürze will auch sie sich auf einen konkreten Termin festlegen. Von der Opposition hagelt es Kritik. Derweil glauben Experten nicht, dass die aktuelle AKW-Abschaltung Probleme verursachen wird.

Nach der CSU will sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ein konkretes Jahr für den Atomausstieg festlegen. Das von der Schwesterpartei angestrebte Jahr 2022 für den spätesten Atomausstieg bezeichnete die CDU-Politikerin am Rande der CSU-Vorstandsklausur im bayerischen Andechs als "einen richtigen Zeitraum". Die Grünen warfen der Union hingegen ein "Scheinmanöver" vor.

Merkel betonte, die Menschen wollten "einen konkreten Endpunkt" für den Atomausstieg wissen. Vor einer Festlegung wolle sie den in rund einer Woche erwarteten Abschlussbericht der von der Regierung eingesetzten Ethikkommission abwarten. Das vom CSU-Vorstand beschlossene Energiekonzept lobte Merkel als wesentlichen Beitrag für die Diskussion der kommenden Tage. Nun könnten die Unionsparteien gemeinsam an die Erarbeitung der "nicht einfachen, aber wichtigen Entscheidungen" in der Energiepolitik gehen, sagte die Kanzlerin.

CSU-Chef Horst Seehofer betonte, er gehe davon aus, dass die CSU-Beschlüsse sich im Spektrum dessen bewegen, was die schwarz-gelbe Koalition am Sonntag in einer Woche als Energiekonzept beschließen werde.

Grüne und Union kritisieren

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, die CSU wolle sich mit Hilfe einer Überprüfungsklausel "ein Hintertürchen" für einen späteren Atomausstieg offen lassen. Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, warf Merkel vor, sie betreibe "ihr altes durchsichtiges Spiel: einen Schritt vor andeuten und drei zurück marschieren". Die Grünen halten einen Atomausstieg bis 2017 für machbar.

Kritik erntete Merkel auch aus der Union. Dort argumentieren die Kritiker des schnellen Atomausstiegs mit der Befürchtung steigender Strompreise und sinkender Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Skepsis gibt es vor allem beim Wirtschaftsflügel. So ließ der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Josef Schlarmann, im Focus verlauten: "Viele Leistungsträger haben ein gutes Gespür dafür, dass einige Grundsatzentscheidungen in die falsche Richtung gehen." "Die Bundeskanzlerin darf sich mit ihrer Führung nicht in Berlin einbunkern."

Gabriel erneuert Kritik

Sigmar Gabriel erneuerte seine Vorwürfe gegen die Kanzlerin.

Sigmar Gabriel erneuerte seine Vorwürfe gegen die Kanzlerin.

(Foto: dpa)

SPD-Chef Siegmar Gabriel, der die Bundeskanzlerin noch vor kurzem als "Verfassungsrowdy" bezeichnet hatte, erneurte seine Kritk. Die Festlegung der CSU auf 2022 zeige das "Zielinferno" in der Union, wetterte Gabriel: "Die Bundesregierung ist völlig zerstritten. So geht es nicht weiter."

Gabriel unterstrich, dass die SPD ein Abschalten aller Kernkraftwerke in Deutschland bis spätestens 2018 für möglich halte. Nun müssten unter anderem Wege gefunden werden, wie die Macht der vier deutschen AKW-Betreiber reduziert werden könne. Er warf der Kanzlerin erneut vor, bei den Gesprächen mit den Kraftwerksbetreibern über den Atomausstieg den Bundestag nicht ausreichend einzubinden: "Merkel ist das Hinterzimmer wichtiger als das Parlament."

BUND beharrt auf Sofortausstieg

Der Chef des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger, sagte dem "Tagesspiegel", er halte den Neuorientierungsprozess in der CSU für "eine gute Sache". Zugleich beharrte auf der Forderung nach einem Sofortausstieg. Bis 2012, zumindest in der laufenden Legislaturperiode, "wäre das zu schaffen", erklärte Weiger.

Die bayerische Wirtschaft begrüßte das CSU-Energiekonzept grundsätzlich. Der Zeitpunkt des Atomausstiegs sei aber abhängig vom Ausbau anderer Energieträger, Speicher und Netze, hielt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, fest.

Blackout droht wohl nicht

Matthias Kurth von der Bundesnetzagentur sieht die Lage als "kritisch aber noch beherrschbar.

Matthias Kurth von der Bundesnetzagentur sieht die Lage als "kritisch aber noch beherrschbar.

(Foto: picture alliance / dpa)

Unterdessen trat nach der Bundesnetzagentur auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) Befürchtungen entgegen, dass es durch die aktuelle Abschaltung von 13 der 17 deutschen Atomkraftwerke zu flächendeckenden Stromausfällen kommen könnte. Das Netz sei auf Spitzenlasten ausgelegt, so dass Ausfälle kompensiert werden könnten, so Verbandschef Gerd Billen im Deutschlandfunk.

Es drohe auch dann kein Blackout, wenn die Industrie ihre Produktion zu Wochenbeginn wieder anfahre. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, sagte der "Passauer Neuen Presse", die Lage sei "kritisch aber noch beherrschbar". Klaus Breil, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, zeigte sich nur "verhalten optimistisch". "Wenn die Wetterlage nicht mitspielt und wenn der Bedarf besonders hoch ist, kann es sein, dass es knapp wird."

Für rund eine Woche liefern nur noch vier der 17 Atommeiler Strom. Das Kernkraftwerk Emsland bei Lingen in Niedersachsen ist am Samstagabend vom Netz genommen worden. Das bestätigte ein Sprecher des Energiekonzerns RWE in Essen. Der Grund für das Abschalten sind planmäßige Revisionsarbeiten. Unter anderem werden nach Angaben von RWE 44 der insgesamt 193 Brennelemente gewechselt. Außerdem seien die Sanierung und der Austausch von Kühlwasserleitungen sowie Arbeiten an den Transformatoren geplant. Insgesamt stünden 820 Prüfungen auf dem Programm, bei denen beispielsweise die Funktion von Ventilen und Schaltern kontrolliert werde.

Nach der Abschaltung liefern nur noch Isar II und Gundremmingen C in Bayern, Brokdorf in Schleswig-Holstein und das baden-württembergische Neckarwestheim II Atomstrom.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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