Afghanistan-Einsatz bis ultimo Merkel und Steinmeier bleiben stumm
23.08.2009, 16:53 UhrIm Wahlkampf wollen Kanzlerin und Vizekanzler unbedingt Fehler vermeiden. Brenzlige Fragen gehen sie aus dem Weg. Ein konkreten Fahrplan zum Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan wird es demnach erst nach der Bundestagswahl geben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) legen sich hinsichtlich der Dauer des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr nicht fest. Dies hänge davon ab, wie schnell dort die Ziele der internationalen Gemeinschaft erreicht werden könnten, sagten beide am Wochenende in Interviews. Wichtigste Voraussetzung für einen Abzug sei die afghanische Eigenverantwortung bei der Sicherheit.
"Wir haben ein Ziel, das heißt selbsttragende Sicherheit in Afghanistan", sagte Merkel im ZDF. Je schneller dieses Ziel erreicht werde, desto schneller könne auch die Verantwortung an die afghanische Regierung übertragen werden. Merkel bedauerte in diesem Zusammenhang Verzögerungen bei der Ausbildung afghanischer Polizisten, auch wenn dies "nicht Deutschlands Schuld" sei. Eine Jahreszahl für einen Abzug nannte Merkel ebenso wie Steinmeier nicht.
Konkrete Vorgaben mit der neuen Regierung
Der Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat kündigte an, er wolle im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl einen "konkreten Fahrplan" für den Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan aushandeln. Er werde "darauf drängen, dass wir mit der neuen afghanischen Regierung eine klare Perspektive für Dauer und Ende des militärischen Engagements erarbeiten", sagte Steinmeier dem "Spiegel". Dabei sollten konkretere Zielvorgaben als bisher für die schrittweise Übernahme der Verantwortung durch die afghanische Polizei und Armee festgelegt werden. Ziel sei, "das Land so schnell wie möglich wieder in die volle Kontrolle einer demokratisch gewählten Regierung zu übergeben".
"Unstimmigkeit in der Union"
Jetzt schon ein Datum für den Abzug der Bundeswehr festzulegen, nannte Steinmeier aber unverantwortlich, weil das "nur die Taliban ermuntern würde, sich bis dahin auf die Lauer zu legen". Er erinnerte an die Terroranschläge vom 11. September als Grund für die Intervention in Afghanistan. "Wir sind nicht kopflos rein, wir werden auch nicht kopflos rausgehen", sagte der Außenminister der ARD. Der Union warf er eine "Kakophonie" in der Abzugsfrage vor. Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) hatte kürzlich gefordert, in zwei Jahren den Abzug der deutschen Soldaten einzuleiten. Deutschland könne sich nicht einseitig aus der internationalen Zusammenarbeit zurückziehen, sagte dazu Steinmeier.
Westerwelle laviert
Gegen einen übereilten Abzug wandte sich auch FDP-Chef Guido Westerwelle. "Es geht in Afghanistan vor allem darum, unsere Sicherheit hier in Deutschland zu verteidigen - gegen Terroristen, die uns auch schon deshalb ans Leder wollen, weil bei uns Männer und Frauen gleichberechtigt sind", sagte Westerwelle der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er warnte, bei einem zu frühen Rückzug "wäre Kabul morgen wieder die Hauptstadt des Terrorismus auf der Welt". Allerdings wolle "jeder vernünftige Politiker" Bundeswehreinsätze im Ausland beenden, so bald es gehe.
Der Schriftsteller Martin Walser erneuerte seine Forderung, den Krieg in Afghanistan so schnell wie möglich zu beenden. Er warf der Politik einen "verderblichen Krieg" vor, für den es kein Konzept gebe, "wo er hinführen soll und wie er beendet werden kann".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP