Politik

Kernkraft für die Welt Putin liefert AKWs

Alles bleibt beim Alten: Russland sagt der Atomenergie trotz der Katastrophe in Japan und dem Sowjet-Super-GAU vor 25 Jahren in Tschernobyl eine strahlende Zukunft voraus. Das Land will mit dem Reaktorbau weltweit Kasse machen. Die jüngsten Kunden sind Weißrussland und die Türkei.

Prost! Putin und der weißrussische Premier freuen sich auf eine strahlende Zukunft.

Prost! Putin und der weißrussische Premier freuen sich auf eine strahlende Zukunft.

(Foto: AP)

Für seine Charmeoffensive in Sachen Atomenergie wählte der russische Regierungschef Wladimir Putin ausgerechnet das benachbarte Weißrussland. Die Ex-Sowjetrepublik, die nach dem Super- GAU von Tschernobyl vor 25 Jahren radioaktiv stark verseucht wurde, soll nun ihr erstes Kernkraftwerk erhalten. Putin besiegelte in Minsk demonstrativ die Baupläne - Moskaus Signal für die Zukunft der weltweit umstrittenen Energieform. Zwar zeigte sich auch Putin betroffen wegen der Reaktorexplosionen in Japan. Doch er machte vor allem deutlich, dass für ihn an der Atomkraft kein Weg vorbeiführe.

Der frühere Kremlchef forderte in Minsk angesichts der Ängste vieler Menschen vor Atomkatastrophen zusätzliche Sicherheitschecks für die russische Nukleartechnologie. In der Sache ließ er aber keinen Zweifel, dass er in der staatlich befeuerten Kernenergie eine strahlende Zukunft sieht. Nach einer langen Schwächephase wegen des Traumas von Tschernobyl investiert das Land wieder Milliarden in die Entwicklung dieser Hochtechnologie. Die Atommacht strebt als Lieferant schlüsselfertiger Kernkraftwerke seit Jahren nach einer Führungsposition auf dem Weltmarkt.

Alles andere nur "Spielereien"

"Die Kernenergie selbst wird sich natürlich weiter entwickeln", betonte Putin. Schon zuvor hatte er die Atomkraft als "einzig starke Alternative" zu Öl und Gas bezeichnet. Alles andere seien "Spielereien". Die Kernkraft sei Teil der weltweiten Energiebalance. Russland baut unter anderem in Indien, China und im Iran Reaktoren und beteiligt sich weltweit an Ausschreibungen. Dabei wächst angesichts der tragischen Ereignisse in Japan die Nervosität in Moskau, dass die Stimmung kippen könnte.

Das größte Land der Erde fürchtet nach dem Wegfall der Waffenverkäufe etwa an das mit Sanktionen belegte Libyen nun neue Kündigungen milliardenschwerer Aufträge. So zog Venezuela, ein enger Verbündeter Russlands, Atompläne prompt zurück. Russlands Energieminister Sergej Schmatko warb in Bulgarien eindringlich für das dort geplante Atomkraftwerk Belene. Dies halte nicht nur Temperaturschwankungen zwischen 57 Grad minus und 61 Grad Celsius plus stand. Auch ein Flugzeugabsturz mit der Wucht von 400 Tonnen verkrafte die Schutzhülle, meinte er.

Auch Türkei will weiter bauen

Zurück in Moskau begrüßt Putin seinen türkischen Kollegen Erdogan.

Zurück in Moskau begrüßt Putin seinen türkischen Kollegen Erdogan.

(Foto: AP)

In Moskau empfing Putin den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, der an dem von Russland geplanten ersten Atomkraftwerk in seinem Land festhält. "Es gibt keine Investitionen ohne Risiko", hatte Erdogan vor dem Abflug nach Russland gesagt.

Russische Unternehmen sollen in Akkuyu im Süden der Türkei ein Atomkraftwerk errichten. Der staatliche russische Kraftwerkbauer Atomstroiexport hatte sich als weltweit einziges Unternehmen um den Bau des Atomkraftwerkes in dem von Erdbeben gefährdeten Gebiet beworben. Über den Bau eines zweiten Atomkraftwerkes bei Sinop am Schwarzen Meer verhandelt Ankara derzeit mit japanischen Anbietern.

Russland plant 26 Meiler

In Russland sollen bis zum Jahr 2030 26 neue Atomreaktoren gebaut werden - zusätzlich zu den bereits bestehenden 32 Blöcken. Der staatliche Atomenergiekonzern Rosatom will zudem in den nächsten Jahren bis zu acht "schwimmende" Kernkraftwerke in Betrieb nehmen. Auch die russischen Staatsmedien befeuerten die Vorteile der atomaren Energie. So baue Russland grundsätzlich keine Atomkraftwerke in Gebieten mit Erdbebengefahr, versuchte das Boulevardblatt "Komsomolskaja Prawda" seine Leser zu beruhigen.

Auch zahlreiche Überlebende der Tschernobyl-Katastrophe kamen zu Wort etwa mit Meinungen, das ein solches Strahlenunglück wie damals wohl heute nicht mehr passieren könne. Ernsthafte Warnungen vor den Gefahren der Atomenergie stoßen dagegen traditionell kaum auf Resonanz. Dennoch sieht wohl auch Putin die weltweite Diskussion um die Kernkraft mit Sorge. Die von der autoritären weißrussischen Führung immer wieder unklar formulierten Atompläne versüßte er nun mit der Ankündigung eines Baukredits von umgerechnet 4,3 Milliarden Euro.

 

Quelle: ntv.de, dpa

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