Politik

Lage in Ägypten wieder angespanntMubarak gibt sich verbittert

10.04.2011, 18:38 Uhr
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Mubarak sieht sich als Opfer einer Kampagne. (Archiv) (Foto: dpa)

Ein Vertriebener meldet sich zu Wort: Er werde sein Ansehen verteidigen, sagt Ägyptens Ex-Präsident Mubarak. Und, dass sein ganzes Geld immer noch im Land sei. Unterdessen brechen die Spannungen zwischen Armee und Demokratiebewegung auf. Ein Mensch stirbt auf dem Tahrir-Platz.

Der ehemalige ägyptische Präsident Husni Mubarak hat sich in einer ersten öffentlichen Stellungnahme seit seinem Sturz gegen Korruptionsvorwürfe gewehrt. "Ich werde mein Recht geltend mache, um mein Ansehen sowie das meiner Familie sowohl im In- als auch im Ausland zu verteidigen", sagte der 82-Jährige in einer vom TV-Sender Al-Arabija ausgestrahlten Stellungnahme. Nach zwei Monaten des Schweigens bestritt er, Immobilien oder finanzielles Vermögen im Ausland zu besitzen. Er habe alles bei einer ägyptischen Bank angelegt. Die "Lügen", die heimische und ausländische Medien berichteten, würden widerlegt werden, sagte Mubarak weiter. Noch immer sei er sehr verletzt über die "verlogenen Kampagnen und haltlosen Anschuldigungen" gegen ihn selbst und seine Familie.

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Blick auf den Tahrir-Platz. (Foto: AP)

Kurz darauf gab die ägyptische Staatsanwaltschaft bekannt, sie habe Mubarak im Zuge der Ermittlungen zu den Morden an Demonstranten und zur Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeladen. Auch seine Söhne Gamal und Alaa sollen angesichts der Betrugsvorwürfe verhört werden. Mubaraks öffentliche Stellungnahme würde die Ermittlungen nicht weiter beeinflussen, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Zudem habe sie den früheren Ministerpräsidenten Ahmed Nasif für 15 Tage festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt aufgrund von Korruptionsvorwürfen gegen frühere Beamte und Geschäftsmänner mit Verbindungen zu Mubarak.

Seit seinem Sturz am 11. Februar hat sich Mubarak mit seiner Familie in den Ferienort Scharm-el-Scheich am Roten Meer zurückgezogen. Ägyptische Behörden wiesen Berichte und Gerüchte zurück, dass Mubarak sehr krank sei.

Tahrir-Platz wieder Protest-Mittelpunkt

Trotz des Todes eines Demonstranten beim gewaltsamen Vorgehen der ägyptischen Sicherheitskräfte harrten unterdessen hunderte jugendliche Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo aus. In Sprechchören forderten sie den Rücktritt des Vorsitzenden des regierenden Militärrats, Hussein Tantawi.

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Vor allem Jugendliche sind unzufrieden. (Foto: REUTERS)

"Das Volk fordert den Sturz des Marschalls", riefen die Demonstranten mit Bezug auf Tantawi und kündigten an, bis zu seinem Rücktritt auf dem Platz zu bleiben. Der von Tantawi geführte Militärrat hatte nach dem erzwungenen Rücktritt Mubaraks am 11. Februar die Macht übernommen. Am Freitag hatten zehntausende Menschen auf dem Tahrir-Platz gefordert, Mubarak und mehrere seiner Vertrauten vor Gericht zu stellen. Auch mehrere Offiziere in Uniform schlossen sich der Menge an und forderten eine "Säuberung" der Armee.

In der Nacht zum Samstag versuchten Militärpolizisten dann, den Platz zu räumen. Dabei wurden offiziellen Angaben zufolge ein Mensch getötet und mehr als 70 verletzt. Ärzte sprachen von zwei Todesopfern. Die Militärpolizei sperrte den Raum um die verbliebenen Demonstranten mit Stacheldraht ab. Nachdem sie zunächst gedroht hatte, eine nächtliche Ausgangssperre durchzusetzen, ließ sie die Demonstranten dann doch campieren.

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Der ausgebrannte Armee-Bus steht wie ein Mahnmal auf dem Tahrir-Platz. (Foto: dpa)

Bis Sonntagmittag schwoll ihre Zahl wieder auf rund tausend an, während sich die Sicherheitskräfte vollständig zurückzogen. Mehrere Passanten kritisierten die Blockade des Platzes durch die Demonstranten. Auch die einflussreiche Muslimbruderschaft übte Kritik und bezeichnete die Demonstranten als "Eiferer". In einer Erklärung verurteilte sie "jeden Versuch, das Militär und das Volk zu spalten und gegeneinander aufzubringen".

Zwischenfälle auch im Jemen und in Syrien

Auch im Jemen kam es erneut zu Zusammenstößen. Mindestens 300 Menschen wurden am späten Samstagabend bei Übergriffen von Polizisten auf Demonstranten verletzt. In Sanaa und weiteren Städten forderten Regierungsgegner den Rücktritt des seit über 30 Jahren regierenden Präsidenten Ali Abdullah Salih. Nach Schätzungen der Opposition haben Polizei und Militär in den vergangenen Wochen bislang mehr als 100 Demonstranten erschossen und Tausende verletzt.

Im Süden Syriens haben Sicherheitskräfte am Samstag bei Begräbnissen für am Vortag getötete Demonstranten in der Stadt Daraa erneut Schüsse abgefeuert. Über den Vorfall berichteten syrische Aktivisten am Telefon. Am Freitag hatten Sicherheitskräfte und Heckenschützen in Zivil in Daraa 22 Menschen getötet.

Quelle: rts/dpa/AFP