Politik

Eine halbe Milliarde für "Euro Hawk" verpulvert Regierung will trotz allem Drohnen kaufen

De Maizière steht im Fokus der Schmach.

De Maizière steht im Fokus der Schmach.

(Foto: REUTERS)

Rund eine halbe Milliarde Euro setzen die Verantwortlichen für die "Euro Hawk"-Drohne in den Sand. Die Linken verlangen den Rücktritt des Verteidigungsministers. Die Regierung will weiter an der Beschaffung von Drohnen arbeiten.

Nach dem Scheitern des millionenschweren Drohnen-Projekts "Euro Hawk" ruft die Opposition nach Aufklärung. "Wir sind fassungslos - eine halbe Milliarde ist aus dem Fenster geworfen worden und wir wollen wissen, warum", sagte der Grünen- Verteidigungspolitiker Omid Nouripour bei n-tv. Es müsse geklärt werden, zu welchem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass das Drohnen-Projekt nicht zustande kommt.

"Nach jetzigem Stand ist mindestens zwei Jahre weitergearbeitet worden, obwohl klar war, dass dieses System nicht mehr kommen wird", sagte Nouripour. Es stelle sich die Frage, warum das kostspielige Projekt weitergetrieben worden sei.

Am Dienstag hatte das Verteidigungsministerium den Ausstieg aus dem Projekt der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" bekanntgegeben. Hintergrund der Entscheidung ist, dass die Bundeswehr keine Hoffnung mehr hatte, mit vertretbarem Aufwand eine Zulassung für den regulären Flugbetrieb der Drohne zu bekommen.

Nouripour: Was sich die Verantwortlichen geleistet haben, kann man dem Steuerzahler kaum erklären.

Nouripour: Was sich die Verantwortlichen geleistet haben, kann man dem Steuerzahler kaum erklären.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Trotz der Pleite will die Bundesregierung weiterhin Drohnen anschaffen. "Wir sind nach wie vor daran interessiert, diese Fähigkeit zu haben", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Die mit dem Projekt der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" verbundene Sensortechnik sei für die Bundeswehr wertvoll, entweder in einem bemannten Flugzeug oder einem anderen unbemannten Drohnen-Typ. Aus dem "Euro Hawk"-Verfahren habe man gelernt, wie schwierig es sei, wenn ein ausländischer Hersteller nicht zu allen Details Auskunft geben könne. Dies müsse in Planungen berücksichtigt werden.

Der Rüstungskonzern EADS sieht Entwicklung nicht als Verschwendung. "Das von Cassidian entwickelte Missionssystem kann auch in andere Trägerplattformen integriert werden", sagte EADS-Manager, Bernhard Gerwert. Die Entwicklung und damit auch die getätigten Investitionen bei der EADS-Sparte Cassidian könnten daher weitergenutzt werden, um die Lücke bei der Signalaufklärung der Bundeswehr zu schließen. Das Missionssystem sei das modernste seiner Art.

Linke fordert de Maizières Rücktritt

Die Linken legten Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière den Rücktritt nahe. Nach der "grandiosen Fehlinvestition" sei ein "Ministerwechsel" fällig, erklärte Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn in Berlin. "Herr de Maizière, es sind schon Minister für sehr viel weniger zurückgetreten", fügte er hinzu.

Die Drohne sollte das Label der Bundeswehr verlieren.

Die Drohne sollte das Label der Bundeswehr verlieren.

(Foto: dpa)

FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff stellte sich hinter de Maizière. "Es wäre unredlich, den amtierenden Minister für den Ausfall der Euro Hawks verantwortlich zu machen", sagte sie der "Bild"-Zeitung. Die Anschaffung sei von der früheren rot-grünen Bundesregierung geplant, die Verträge seien unter der Großen Koalition aus Union und SPD geschlossen worden. "Da hängen alle mit drin", sagte Hoff.

Nouripour sagte dazu bei n-tv: "Die Verträge hat CDU-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung noch gemacht, aber die Testflüge und die Erkenntnis, dass es nichts wird mit dem Euro Hawk, sind in die Zeit von de Maizière gefallen. Wir werden sehr genau nachfragen, in welchen Zeiträumen welche Verantwortlichkeiten lagen."

Das Geld ist weg

Bislang wurden rund 562 Millionen Euro in das Projekt investiert. 508 Millionen Euro davon flossen in die Beschaffung eines Demonstrations-Fluggeräts des US-Herstellers Northrop Grumman und die zugehörige Aufklärungstechnik des europäischen EADS-Konzern. 54 Millionen Euro wurden für Industrieleistungen wie zum Beispiel Flugtests gezahlt.

Für die Stornierung der geplanten Beschaffung von vier voll ausgerüsteten Drohnen fallen dagegen wohl keine Kosten an, da diese vertraglich vom erfolgreichen Verlauf der Erprobung des unbemannten Fluggeräts abhängig gemacht wurde. Dazu zählte auch die Zulassung für Flüge im deutschen und europäischen Luftraum. Diese ist deswegen problematisch, weil der US-Hersteller sicherheitsrelevante Konstruktionspläne der Drohne nicht zur Verfügung stellt. Zudem fehlt nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein vorgeschriebenes Gerät zum automatischen Ausweichen bei Kollisionsgefahr.

Zwar wäre es laut Verteidigungsministerium wahrscheinlich grundsätzlich möglich, die Drohne so umzubauen und nachzurüsten, dass sie zulassungstauglich wäre. Dies würde demnach aber etwa 600 Millionen Euro zusätzlich kosten, was bei einem Stückpreis von rund 500 Millionen Euro nicht sinnvoll sei. "Wir haben keine Hoffnung, dass wir das Aufklärungsflugzeug zu einem geregelten Flugbetrieb in Deutschland bekommen können", hieß es daher.

Sensoren noch zu gebrauchen

Erfolgreich verliefen dagegen laut Ministerium die Tests der Aufklärungselektronik. Diese solle daher voraussichtlich trotzdem beschafft werden, um sie in Verbindung mit anderen Geräten einzusetzen. Dies könnten vorerst bemannte Flugzeuge sein. "Es gibt verschiedene Optionen", hieß es. Das für die Sensoren bereits ausgegebene Geld sei insofern "gut investiert".

Die Drohne sollte das bereits ausgemusterte Aufklärungsflugzeug "Breguet Atlantic" ablösen. Gleichzeitig erwägt das Verteidigungsministerium die Anschaffung einer Kampfdrohne für den Schutz deutscher Soldaten im Einsatz. Auch dabei ist die Zulassung für den europäischen Luftraum unsicher. Die Weigerung der USA, die Konstruktionsdetails von Rüstungsgütern preiszugeben, könnte auch hier einer Zulassung im Wege stehen.

Der Bundestag hatte Staatssekretär Stéphane Beemelmans aufgefordert, dem Verteidigungsausschuss über den Stand des Projekts und dabei aufgetretene Probleme zu berichten. Dem kam das Ministerium nun mit dem Ausstiegsbeschluss zuvor.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts

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