Neue Lyrik über GriechenlandSpott ergießt sich über Grass

Normalerweise finden Gedichte nicht allzu viele Leser. Bei Günter Grass ist das anders, und auch mit seiner neuesten Lyrik schafft der Literaturnobelpreisträger es wieder, etliche Reaktionen hervorzurufen. Vor allem aber auch viel Spott.
Literaturnobelpreisträger Günter Grass hat mit seinem "Europas Schande" bei Politikern und Intellektuellen ein verhaltendes Echo ausgelöst. "Insgesamt sollte man Günter Grass nicht mehr ganz so ernst nehmen", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum, im Deutschlandradio Kultur. Die Kritik in seinem Gedicht, in dem Grass die Griechenlandpolitik Europas anprangert, "geht an der Wirklichkeit völlig vorbei", sagte der CDU-Politiker. Andere Politiker und Schriftsteller-Kollegen hielten sich auffallend mit Kommentaren zu Grass' neuem Werk zurück.
"Griechenland wurde enorm geholfen mit enormen Kraftanstrengungen, die aber letztlich ja nicht von den Staaten kommen, sondern von den Bürgern und aus ihrem Portemonnaie", sagte Krichbaum. "Und es wäre hilfreich gewesen, wenn sich Günter Grass vielleicht etwas vertiefter mit der Situation auseinandergesetzt hätte."
Im Internet löste das Grass-Gedicht dagegen hämische Reaktionen aus. "Am meisten Schiss bei einem EM-Aus der deutschen Mannschaft habe ich vor dem anschließenden Gedicht von Grass", schreibt beispielsweise ein Nutzer auf Twitter. Ein anderer meint: "Morgen exklusiv in der SZ: Günter Grass neues Gedicht 'Eurovisions Schande'. #ESC".
Alles nur ein Fake?
Zudem sorgte ein Artikel in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" über ein angebliches Fake des Grass-Gedichtes in der "Süddeutschen Zeitung" für Verwirrung im Netz. "Dem Satiremagazin 'Titanic' ist es gelungen, ein Gedicht unter dem Namen 'Günter Grass' im Feuilleton der 'Süddeutschen Zeitung' zu platzieren", stand am Wochenende zunächst online, dann gedruckt in der "FAS". Die Nachricht verbreitete sich im Internet in Windeseile - obwohl das Grass-Gedicht in der "SZ" gar kein Fake war.
Der Autor des "FAS"-Artikels sieht seinen Beitrag nicht als Satire oder als Scherz. "Fiktion und Wahrheit sind ja nicht mehr wirklich zu unterscheiden", sagte Volker Weidermann. "Ob sich das jetzt die "Titanic" oder Günter Grass ausdenkt, ist für mich kein großer Unterschied." Entschuldigen in einem ernsthaften Sinne wolle er sich "ganz bestimmt nicht". "Günter Grass wird es immer weiter treiben mit der Absurdität seiner Selbstgewissheit und das ist dann genauso lustig, wie wenn es die 'Titanic' schreibt."