Politik

Nicht dringend tatverdächtig Vorletzter NSU-Helfer kommt frei

Uwe Boehnhardt und Beate Zschäpe

Uwe Boehnhardt und Beate Zschäpe

(Foto: dapd)

Lange schien es, als habe die Polizei mit dem Nationalsozialistischen Untergrund ein kleines Terror-Netzwerk ausgehoben. Doch nun kommt wieder ein Mann frei, der als Unterstützer galt. Damit ist neben Beate Zschäpe nur noch ein Verdächtiger in Haft.

Der Bundesgerichtshof hat im NSU-Verfahren einen weiteren Haftbefehl aufgehoben. Der Beschuldigte André E., dem vorgeworfen wurde, an der Produktion des Bekennervideos der rechtsterroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) mitgearbeitet zu haben, ist auf freiem Fuß. Er sei nicht dringend tatverdächtig, entschieden die Richter. Bereits in den vergangenen Wochen waren drei mutmaßliche Unterstützer freigelassen worden. Damit sitzen jetzt nur noch die Hauptverdächtige Beate Zschäpe und der mutmaßliche Unterstützer Ralf Wohlleben in Haft.

Für die Staatsanwaltschaft hatte André E. als einziger der Verdächtigen das nötige Wissen, ein Video wie das Bekennervideo zu erstellen. Er verfüge als Fachinformatiker über besondere EDV-Kenntnisse. Dieser Argumentation folgte der Bundesgerichtshof nicht. Der Film sei so geschnitten, dass auch "ein interessierter Laie hierzu in der Lage gewesen wäre", heißt es in der Begründung.

Dem NSU werden zwischen September 2000 und April 2006 neun Mordanschläge auf Gewerbetreibende ausländischer Herkunft zur Last gelegt sowie der Mord an einer Polizeibeamtin und der Anschlag auf ihren Kollegen im April 2007 in Heilbronn. Darüber hinaus soll die Gruppe Sprengstoffanschläge und Banküberfälle verübt haben.

"Dezentrale Ermittlungen waren ein Fehler"

Bei den Ermittlungen zu der Neonazi-Mordserie hat sich das Bundesinnenministerium offenbar dem Druck der Länder gebeugt und das Bundeskriminalamt (BKA) mit der Forderung nach zentralen Ermittlungen alleingelassen. Wie der frühere BKA-Vize-Präsident Bernhard Falk im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages sagte, wollte das BKA 2006 die Ermittlungen von den Ländern übernehmen. Unmittelbar vor der Innenministerkonferenz im Mai 2006 sei dem Bundesinnenministerium dazu ein Bericht vorgelegt worden. "Es hätte nicht zwingend das BKA sein müssen, aber die Ermittlungen hätten zentral geführt werden müssen", betonte Falk.

In dem Bericht an das Ministerium seien Mängel auflistet gewesen, die auf die dezentralen Ermittlungen von fünf Staatsanwaltschaften und sechs Polizeibehörden zurückzuführen gewesen seien. Die Bitte um zentrale Ermittlungen sei zwar die "Ultima Ratio" gewesen. "Aber wir haben eine schwerwiegende Begründung hier gesehen", betonte Falk. Seinen Angaben zufolge wurde das Ersuchen des BKA seinerzeit am Rande des Ministertreffens besprochen. Ob daran auch der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) teilnahm, wusste Falk nicht zu sagen. Im Ergebnis sei herausgekommen, dass Bayern "das jetzt mal in die Hand nehmen" wolle. Falk intervenierte nach eigenem Bekunden zwar, aber ohne Erfolg.

Quelle: ntv.de, dpa

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