Reise

In 200 Tagen um Deutschland Grenzgänger geht einmal rum

Eine ungewöhnliche Reise: Acht Monate lang ist der Saarländer Günter Schmitt mit seiner Beagle- Hündin Emma rund um Deutschland gewandert - immer an der Grenze entlang. Der Journalist und Autor von Wanderführern wollte wissen, wie die Menschen in Grenzregionen leben und denken.

Günter Schmitt mit seiner Beagle-Hündin Emma in Saarbrücken.

Günter Schmitt mit seiner Beagle-Hündin Emma in Saarbrücken.

(Foto: dpa)

Als Günter Schmitt auf Völklingen zumarschiert, hat er über 5200 Kilometer zurückgelegt. Es ist ein trüber Novembermorgen, doch das stört Schmitts Beagle-Hündin Emma nicht. Sie tobt begeistert durch das Herbstlaub, während Schmitt festen Schrittes an der Saar entlang wandert - mit einem roten Rucksack, einer blauen Jacke und einer Kappe auf dem Kopf.

Es ist die letzte Etappe einer langen Wanderung, die vor acht Monaten am Weltkulturerbe Völklinger Hütte begann. Am 30. März ist der Saarländer aufgebrochen. Sein Ziel war es, in 200 Tagen Deutschland zu Fuß zu umrunden - im Uhrzeigersinn und immer an den Grenzen entlang.

"Ich wollte herausfinden, wie die Menschen an der Grenze ticken, wie es in ihren Herzen und Köpfen aussieht", sagt Schmitt, der lange beim Rundfunk gearbeitet und mehrere Wanderführer verfasst hat. Anlass für das Projekt sei der Abschluss des Schengener Abkommens vor 25 Jahren und die damit verbundene Öffnung der Grenzen innerhalb der Europäischen Union gewesen.

Buch geplant

In seinem 16 Kilogramm schweren Rucksack trägt er Wechselkleidung, Medizin für sich und Emma und einen Laptop, mit dem er jeden Abend seine Erlebnisse und Begegnungen aufschrieb und in einem Internet-Tagebuch veröffentlichte. Jetzt will er ein Buch darüber verfassen.

Schmitt wollte wissen, wie die Menschen in Grenzregionen leben und denken.

Schmitt wollte wissen, wie die Menschen in Grenzregionen leben und denken.

(Foto: dpa)

Täglich legte Schmitt rund 25 Kilometer zurück, übernachtete in Gasthäusern und Hotels. Seinen 60. Geburtstag feierte er mit seiner Frau an der dänischen Grenze. "Die Menschen sind viel offener, weil die Grenze für sie kaum noch existiert - sie ist Alltag." Meist sei sie kaum noch erkennbar - außer an Ortsschildern und Autokennzeichen. "Und natürlich an den Grenzsteinen - die sieht man überall."

Im Wald an der tschechischen Grenze machte der Saarländer eine interessante Begegnung. "Es roch nach Tannenduft und frischer Farbe", erzählt Schmitt. Da stieß er auf einen Tschechen, der die Grenzpfosten schwarz und weiß bemalt. "Wir konnten zwar die Sprache des anderen nicht. Aber ich verstand, dass er Miroslav hieß. Da sagte ich "wie Klose" und wir haben beide gelacht. Das sind schöne Begegnungen, die bleiben."

Bewegende Begegnungen

An der deutsch-polnischen Grenze traf er einen 86-jährigen Heimatvertriebenen: "Der Mann trug den Sonderbefehl, sein Zuhause zu verlassen, ständig bei sich. Er war auf den 14. Juli 1945 ausgestellt. Wir haben uns am 14. Juli 2010 getroffen - genau 65 Jahre später." Schließlich drückte ihm der 86-Jährige das Dokument in die Hand: "Er sagte: Schreiben Sie darüber, was damals passiert ist. Das war sehr bewegend."

Schmitt möchte keinen Tag missen, Langeweile hatte er nie - "jeder Tag war ein Höhepunkt!" Die Reise hat ihn gelassener und bewusster gemacht. "Ich habe mich immer nur auf den Tag, auf das Jetzt konzentriert, mich auf Begegnungen eingelassen. Nur dadurch konnte ich erleben, was ich erlebt habe."

Oft sei er losgelaufen, ohne zu wissen, wo er die Nacht verbringen würde - ein paar Mal hätten Menschen ihn sogar zu sich nach Hause eingeladen. Dennoch ist er froh, dass die Reise jetzt vorbei ist. Der 60-Jährige ist müde - und sehnt sich nach den eigenen vier Wänden. In diesem Jahr möchte er kein Hotel mehr von Innen sehen.

Quelle: ntv.de, Maria Wimmer, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen