Wirtschaft

Vom Blog zum MillionendealAOL schluckt Huffington Post

07.02.2011, 10:55 Uhr

Der Internet-Konzern AOL schmiedet ein digitales Medienimperium mit seinem bisher größten Zukauf: Der Online-Pionier kauft die amerikanische Web-Zeitung "Huffington Post". "Ich denke, es handelt sich um eine Situation, in der 1+1 die Summe 11 ergibt", sagt AOL-Chef Armstrong.

Der US-Internetkonzern AOL übernimmt für 315 Mio. Dollar die Webzeitung "The Huffington Post". Die neue Mediengruppe komme zusammen auf 117 Millionen Webseiten-Besucher pro Monat in den USA und werde weltweit 270 Millionen Menschen erreichen, teilte AOL mit. AOL (America Online) stieg in der 90er Jahren einst als Anbieter von Internet-Zugängen auf und versucht jetzt, sich als Medienunternehmen neu zu erfinden.

Die Vorstände der Zeitung und von AOL haben der Transaktion bereits zugestimmt, und auch die Aktionäre der Zeitung sind einverstanden. Der Kauf soll Ende des ersten oder Anfang des zweiten Quartals 2011 erfolgen. Die "Huffington Post" ist zwar in Privatbesitz, aber die Transaktion muss von der US-Regierung abgesegnet werden. AOL zahlt 300 Mio. Dollar in bar und 15 Mio. Dollar in eigenen Aktien. Die Zeitung war 2005 mit einer Investition von lediglich 1 Mio. Dollar Startkapital als liberaler Blog gegründet worden. Mittlerweile hat die Seite im Monat rund 25 Millionen Leser und gehört damit zu den beliebtesten Nachrichtenseiten in den USA.

AOL-Chef jubelt

Mit der Übernahme unterstreiche AOL seine Strategie, in großem Umfang qualitativ hochwertige Nachrichten, Analysen und Unterhaltung anzubieten, so AOL-Chef Tim Armstrong. "Ich denke, es handelt sich um eine Situation, in der 1+1 die Summe 11 ergibt." Im Zuge der Transaktion soll die Mitgründerin und Chefredakteurin der Online-Zeitung, Arianna Huffington, Vorsitzende und Chefredakteurin der Huffington Post Media Group werden, unter der sämtliche Inhalte von Huffington Post und AOL vereint sein werden.

Während die "Huffington Post" auf ein stetiges Wachstum zurückblickt, kämpft AOL gegen den Niedergang. Im vergangenen Jahrt strich der Internetkonzern etwa 2500 Jobs - also rund Drittel seiner Stellen. Im vierten Quartal setzte AOL 26 Prozent weniger um als im Jahr zuvor. Dank Kosteneinsparungen stieg der Gewinn aber auf gut 66 Mio. Dollar. Die "Huffington Post" punktet mit Qualitätsjournalismus, für den auch schon Reporter etwa der "New York Times" abgeworben wurden. Huffington sagte in einem Interview, vergangenes Jahr habe die Website erstmals einen Gewinn geschrieben. Der Umsatz habe sich von 31 auf 60 Mio. Dollar verdoppelt, berichtete die "New York Times". AOL-Chef Armstrong setzt auf Nachrichten und eigene redaktionelle Inhalte und hofft, dadurch für Werbekunden an Attraktivität zu gewinnen. Denn AOL verdient sein Geld vor allem als Internetprovider - und dieses Geschäft geht kontinuierlich zurück.

Journalismus als Kernkompetenz

Ein Teil der neuen Strategie ist es beispielswiese, in bestimmten US-Regionen Lokalnachrichten anzubieten. Außerdem hat AOL bereits den bekannten Blog Techchrunch für 25 Mio. Dollar gekauft, um die Berichterstattung über Technologie zu stärken. Auch der Blog Engadget gehört AOL- sowie eine breite Palette an Websites wie Games.com, Autoblog oder Moviefone.

In einer Mail an die Mitarbeiter erläuterte Armstrong, der Deal entspreche der "80:80:80-Strategie" von AOL: 80 Prozent der Ausgaben werden von Frauen bestimmt, 80 Prozent des Geldes wird in Nähe des Wohnorts ausgegeben und 80 Prozent der Käufe werden von prominenten "Meinungsmachern" bestimmt.

Mit dem Zukauf bezieht AOL auch eine klare Position in der aktuellen Diskussion um Bezahlmodelle für Nachrichten im Internet. Die mehr als 300 Mio. Dollar für die "Huffington Post" sind letztlich eine Wette auf werbefinanzierte Angebote, die für die Nutzer kostenlos sind. Vor weniger als einer Woche stellte Medienmogul Rupert Murdoch mit seiner iPad-Zeitung "The Daily" das Gegenmodell vor. Aber auch bei ihr liegt der Preis von 0,99 Dollar pro Woche deutlich unter den heutigen Preisen für gedruckte Blätter am Kiosk. Ein weiteres Experiment ist die Verbindung des traditionsreichen Magazins "Newsweek" mit der Website "The Daily Beast", die alte und neue Medien verzahnen soll.

Quelle: jga/rts/dpa