Alte Streithähne finden zusammen Einigung im US-Finanzstreit rückt näher
15.10.2013, 01:54 Uhr
Plötzlich Freunde: Harry Reid (links) und Mitch McConnell.
(Foto: picture alliance / dpa)
Knallharte Blockade und politisches Kalkül bestimmten die vergangenen Wochen im US-Kongress. Nun stimmen zwei alte Rivalen versöhnliche Töne an. Der Demokrat Harry Reid und der Republikaner Mitch McConnell sollen den Finanzstreit beilegen. Ist es das letzte Kapitel der unendlichen Geschichte?
Im politischen Tauziehen um die US-Finanzen zeichnet sich nach Wochen der totalen Blockade ein möglicher Kompromiss ab. Spitzenvertreter von Republikanern und Demokraten arbeiteten gemeinsam an einer Übergangslösung, die den Streit um das Schuldenlimit und den Etat für das laufende Haushaltsjahr vorerst entschärfen könnte. Beide Seiten schlugen überraschend versöhnliche Töne an.
Eine Schlüsselrolle haben die beiden Fraktionschefs im Senat übernommen, der Republikaner Mitch McConnell und der Demokrat Harry Reid. Da Vorlagen aus dem Abgeordnetenhaus scheiterten, soll nun das von Demokraten dominierte Oberhaus einen Weg aus der Krise finden. Der 71-jährige McConnell und der 73 Jahre alte Reid haben ein schwieriges Verhältnis zueinander und liegen nach mehreren politischen Fehden im Clinch. Sie ließen aber im Senat optimistische Worte anklingen und bezeichneten sich gegenseitig als gute, langjährige Freunde.
Reid sagte, er habe gemeinsam mit McConnell in der Frage einer Anhebung der Schuldenobergrenze und der Wiedereröffnung von Regierungsbehörden "enorme Fortschritte" erzielt. Eine endgültige Einigung stehe aber noch aus. "Wir sind noch nicht am Ziel." Er stellte indirekt eine Einigung für Dienstag in Aussicht: "Wir hoffen, dass mit etwas Glück morgen ein schöner Tag sein wird", sagte Reid. Auch McConnell - bislang ein erbitterter Gegenspieler Reids - zeigte sich zuversichtlich. E teile dessen "Optimismus", dass "wir ein Ergebnis bekommen werden, das für beide Seiten akzeptabel ist".
Die Zeit für einen Kompromiss drängt, denn bis Donnerstag muss die Schuldenobergrenze von derzeit 16,7 Billionen Dollar angehoben werden. Sonst kann die weltgrößte Volkswirtschaft keine neuen Schulden aufnehmen und droht, spätestens Anfang November in die Zahlungsfähigkeit abzurutschen - mit möglicherweise verheerenden Folgen für die US-Wirtschaft und die Finanzmärkte. Zudem sind weite Teile der öffentlichen Verwaltung des Landes seit zwei Wochen stillgelegt, weil die Regierung ohne verabschiedeten Haushalt arbeitet.
Kleine Änderungen bei Obamacare
Der jüngste Vorschlag sieht US-Medienberichten zufolge vor, die Regierung bis 15. Januar zu finanzieren und das Schuldenlimit bis 15. Februar anzuheben. Beide Seiten würden zudem Budgetverhandlungen abhalten, bevor die als "Sequester" bekannten, flächendeckenden Kürzungen wirksam würden, die mit dem Streit verknüpft werden. Das berichtete die "Washington Post" unter Berufung auf Senatsmitglieder.
Zudem würden kleinere Änderungen an Präsident Barack Obamas Gesundheitsreform vorgenommen, die bereits in Kraft getreten ist. Es wären allerdings nicht mehr die weitreichenden Maßnahmen, mit denen der rechte Flügel der Republikaner versucht hatte, Obamas wichtigstes Sozialgesetz zu blockieren.
Die Gespräche waren am Montag weit genug vorangeschritten, dass ein geplantes Treffen mit Obama und Vizepräsident Joe Biden auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Das sei ein "gutes Zeichen", sagte der demokratische Abgeordnete Chris van Hollen bei CNN. Die Verhandlungsführer müssen die Einigung ihren Parteikollegen verkaufen. Ein Treffen mit Obama könnte besonders auf Seiten der Republikaner eher schädlich wirken, kommentierten Beobachter.
Nobelpreisträger Shiller ist zuversichtlich
Nach einer Einigung im Senat müsste danach noch das von Republikanern den geführte Repräsentantenhaus zustimmen. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, kündigte für Dienstag eine Sitzung der konservativen Abgeordneten hinter verschlossenen Türen an, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Prompt meldeten sich aber auch die republikanischen Kritiker einer Vereinbarung mit der Regierung: "Kein Deal ist besser als ein schlechter Deal", sagte etwa der texanische Abgeordnete Joe Barton.
Der dieses Jahr mit dem Wirtschafts-Nobelpreis ausgezeichnete Yale-Professor Robert Shiller zeigte sich zuversichtlich, dass der Schuldenstreit beigelegt wird. Der Ökonom sagte, es werde nicht zu einer Zahlungsunfähigkeit der USA kommen. Der Budgetstreit in Washington sei "nichts Schlimmes". Selbst wenn der Zwist zwischen den Kongresslagern der Demokraten und der Republikaner weiter andauere, sei das "nicht das Ende der Welt".
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP