Kurswechsel in der Griechenland-Hilfe? IWF neigt zur Umschuldung
02.04.2011, 13:02 Uhr
Athen im Jahr 2011: Vor dem Parlament entladen sich soziale Spannungen in gewalttätigen Protesten.
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Die finanzielle Situation Griechenlands nimmt der Regierung in Athen die Luft zum Atmen: Nach einschneidenden Sparmaßnahmen ist die Stimmung im Land zum Zerreißen gespannt. Trotzdem wachsen nun offenbar auch beim IWF die Zweifel, ob Griechenland wirklich ohne Umschuldung gerettet werden kann. Eine solche Aktion wäre ein Tabubruch mit europaweiten Konsequenzen - und könnte Portugal mit in den Abgrund ziehen.

"Wir zahlen jeden Cent zurück": Ministerpräsident Giorgos Papandreou, hier bei seinem Besuch in Berlin Ende Februar.
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Der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert einem Medienbericht zufolge eine baldige Umschuldung Griechenlands. IWF-Experten zweifelten am Erfolg der Rettungsbemühungen für Griechenland, berichtete der "Spiegel". Sie drängten deshalb angeblich auf eine baldige Umschuldungsaktion.
Wie es in dem Bericht weiter heißt, vertraten hochrangige Vertreter des Währungsfonds diese Forderung in den vergangenen Tagen bei Gesprächen mit Beamten europäischer Regierungen. Im IWF bahne sich damit ein Kurswechsel an. Der Fonds glaube offensichtlich selbst nicht mehr daran, dass sich das Land mit den bisherigen Maßnahmen sanieren lässt. Notwendig sei eine Verringerung der Schuldenlast von derzeit rund 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, argumentierten laut Magazin IWF-Vertreter gegenüber den Europäern.
Denkbar seien ein Schuldenschnitt, die Verlängerung der Laufzeiten von Anleihen oder niedrigere Zinszahlungen. Alle drei Alternativen liefen darauf hinaus, dass Inhaber griechischer Staatsanleihen auf einen Teil ihrer Rendite verzichten müssen. Nach den Vorstellungen des IWF solle die griechische Regierung schon bald Gespräche mit ihren Gläubigern aufnehmen und ihnen die geplante Umschuldung mitteilen. Der IWF schrecke allerdings noch davor zurück, seine Überlegungen öffentlich zu machen, weil er fürchte, das ebenfalls angeschlagene Portugal dadurch in noch größere Schwierigkeiten zu bringen, berichtet der "Spiegel" weiter. Mit dem Bericht des Nachrichtenmagazins dürften sich die Sorgen vor einer Veröffentlichung erledigt haben.

Ist das Land längst pleite? Finanzminister Giorgos Papakonstantinou (Archivbild).
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Der griechische Finanzminister, Giorgos Papakonstantinou, hatte Gerüchte um eine bevorstehende Umschuldungsaktion bereits dementiert. Die britische Zeitschrift "Economist" hatte berichtet, Griechenland, Irland und Portugal seien bereits bankrott und sollten eine Umschuldung in die Wege leiten. "Es gibt kein solches Thema", sagte Papakonstantinou im griechischen Fernsehen (NET) in Reaktion auf die Berichte. Auch der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou sagt immer wieder: "Wir werden jeden Cent zurückzahlen".
Die "Finanz-Atmosphäre" auf den Straßen in Athen ist aber nach Aussagen von Leuten, die alltäglich mit dem Markt zu tun haben, "miserabel". Flüssig ist nach den harten Sparmaßnahmen kaum ein Betrieb. "Die Umschuldung steht in der Luft, nur sie ist noch nicht sichtbar", sagte Nikos Wroussis, ein Finanz- und Steuerberater. Wenn dies aber nur die griechischen Gläubiger betreffe, dann hätte das katastrophale Folgen für den Wohlstand vor allem der Rentner. Neue Ausbrüche in der ohnehin bereits stark angespannten Stimmung des Landes wären damit programmiert.
Kurz vor dem Wochenende hatten neue Hiobsbotschaften die Griechen erreicht: Das klamme Land kommt im Jahr 2010 neuesten Berechnungen zufolge auf eine Verschuldung von 10,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Bislang ging man in Athen von 9,4 bis 9,5 Prozent aus. Diese neuen Zahlen übermittelte das griechische Statistik-Amt an die Europäische Statistikbehörde Eurostat, wo sie nun überprüft werden. Die endgültigen Werte will Eurostat Ende April bekanntgeben.
Quelle: ntv.de, dpa