Wirtschaft

Hoffen auf den "Kobe-Effekt"Japan setzt auf Wiederaufbau

14.03.2011, 13:17 Uhr
imagevon Samira Lazarovic
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Ökonomen glauben, dass das hochtechnologisch aufgestellte Japan schnell wieder auf die Beine kommt. (Foto: AP)

Die Erdbebenkatastrophe kostet vermutlich mehr als 10.000 Japanern das Leben und die Infrastruktur ist in weiten Teilen des Landes zerstört. Doch Experten sind sich sicher: Zumindest wirtschaftlich wird sich das Land schnell erholen.

Die Erdbeben- und Tsunamikatastrophe hat Japan nicht nur bis ins Mark erschüttert, sondern auch zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt getroffen. Denn Japans Wirtschaft hatte schon vor dem Unglück schwer zu kämpfen. Nach mehr als 40 Jahren musste Japan in diesem Jahr seinen Rang als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt an China abtreten. Zwar zeigte Nippon zuletzt leichte Anzeichen einer Erholung von der Finanzkrise, doch das Land kämpft seit den 90er Jahren immer wieder mit Deflation. Zudem gehört Japan mit Staatsschulden in Höhe von fast 200 Prozent des Bruttoinlandproduktes zu den am höchsten verschuldeten Industriestaaten.

Kurzfristige Rezession – langfristige Erholung

Die Zerstörung der Infrastruktur durch das Erdbeben und den Tsunami sowie die damit einhergehenden Produktionsausfälle werden Japan nach Ansicht von Wirtschaftsexperten für mindestens zwei Quartale schwächen. Die Börse in Tokio reagiert entsprechend nervös, der Nikkei-Index bricht um mehr als sechs Prozent ein. Das ist der größte Kursverlust seit Dezember 2008, als der Höhepunkt der globalen Finanzkrise erreicht wurde.

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Doch der Wiederaufbau wird lange dauern, ... (Foto: REUTERS)

Doch der notwendige Wiederaufbau könnte die japanische Wirtschaft schnell wieder ankurbeln. Darauf setzt auch Premierminister Naoto Kan. Er erwartet, dass sein Land einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben wird, wie die USA unter dem "New Deal" von Präsident Franklin D. Roosevelt in den dreißiger Jahren. Mit massiven staatlichen Investitionen hatte die amerikanische Regierung damals den Kampf gegen den durch die Weltwirtschaftskrise verursachte Massenarbeitslosigkeit und Armut aufgenommen.

Volkswirte stimmen dem zu, und gehen gleichzeitig mit ihrer Metapher für dieses Phänomen nicht so weit weg wie Kan: Sie setzen auf den so genannten "Kobe-Effekt". 1995 hatte ein Erdbeben in der japanischen Stadt Kobe große Schäden angerichtet, die Ökonomie kurzfristig unter Druck gesetzt, dann aber mit der zusätzlichen Nachfrage durch den Wiederaufbau die Wirtschaft angekurbelt. Zwar sind die aktuellen Schäden weitaus größer als damals in Kobe, immerhin ist Japan aber eines der weltweit am besten versicherten Länder. Zudem gelten die Japaner als effizient und schnell beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen.

Finanzspritzen beruhigen Märkte

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...denn das Ausmaß der Zerstörung ist vielerorts kaum vorstellbar. (Foto: REUTERS)

Die Crux ist, dass Japans Schuldenberg durch die notwendigen staatlichen Investitionen weiter wachsen wird. Ökonomen bezweifeln zudem, dass es Premier Kan gelingen wird, den Wiederaufbau wie angekündigt ohne Steuererhöhungen zu stemmen. Trotz der Aussicht auf eine noch höhere Staatsverschuldung steigt aktuell die Nachfrage nach japanischen Staatsanleihen. Grund sind unter anderem die milliardenschweren Finanzspritzen der Bank of Japan, die die Märkte etwas beruhigt und den Höhenflug des Yens unterbrochen haben.

Die nächsten Monate werden Japan in jedem Fall viel Geduld abverlangen, zumal das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen stark von der Entwicklung beim beschädigten Atomkraftwerk Fukushima abhängt. Sollte es zu einer Atomkatastrophe kommen und weite Teile des Landes radioaktiv verseucht werden, sind Überlegungen für den Aufschwung ohnehin obsolet.

Quelle: mit rts/dpa/AFP