Wirtschaft

GM spielt Kleinwagen-Kuppler Peugeot soll Opel flottmachen

2012-02-16T105107Z_01_BER97_RTRMDNP_3_GERMANY.JPG835435043212986990.jpg

(Foto: REUTERS)

Zwei Lahme sollen gemeinsam wieder laufen lernen: Der US-Autoriese General Motors will offenbar die Tochter Opel mit dem Rivalen Peugeot zusammenbringen, um im renditeschwachen Massenmarkt wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. Experten halten den Schritt für eine gute Idee und hoffen auf einen Befreiungsschlag.

Der angeschlagene Autobauer PSA Peugeot Citroen und die Opel-Mutter General Motors loten nach Informationen aus Verhandlungskreisen Möglichkeiten für eine umfassende Zusammenarbeit aus. Ziel sei, durch gemeinsame Modell-Plattformen und Größenvorteile die Herstellungskosten zu drücken und so die Verluste im Europa-Geschäft zu verringern, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen. "Es geht um eine strategische Allianz", sagte ein Insider. Kern einer solchen Allianz könne eine Zusammenarbeit von Peugeot und Opel bei gewöhnlich margenschwachen Kleinwagen sein. Diese müssen in möglichst großer Zahl mit vielen gleichen Komponenten vom Band rollen, um die Kosten zu drücken. Daher verbündeten sich vor zwei Jahren auch Daimler und Peugeot-Konkurrent Renault.

"Eine Kooperation könnte ein Befreiungsschlag für Opel und Peugeot gleichermaßen sein", sagte Auto-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Beide Firmen stehen unter großem Handlungsdruck: Peugeot ist mit seinen Werken im Hochlohnland Frankreich sowie wegen der Abhängigkeit vom Heimatmarkt und den südeuropäischen Schuldenstaaten der am heftigsten von der Krise betroffene Autobauer. Die Franzosen waren zuletzt im Kerngeschäft in die Verlustzone gerutscht und haben herbe Einschnitte angekündigt. Opel und die Konzernschwester Vauxhall wiederum sind die Sorgenkinder des weltgrößten Autokonzerns GM: Die Rüsselsheimer kommen seit Jahren nicht aus den Verlusten, wegen schwindender Marktanteile in Europa jagt eine Sanierung die nächste.

"Aus zwei schwachen Unternehmen wird nicht unbedingt ein gutes", sagte Analyst Pieper, der in einem ersten Schritt einer gemeinsamen Produktion von Motoren und Komponenten für Klein- und Mittelklassewagen wegen der dadurch möglichen Kosteneinsparungen etwas abgewinnen kann. Beide Firmen kämpften in Europa mit ähnlichen Problemen und hätten sich daher nur wenig zu geben, urteilte hingegen Erich Hauser von Credit Suisse.

Eine enge Kapital-Verflechtung zwischen dem klammen PSA-Konzern und dem auf Rekordgewinnen sitzenden GM-Konzern sei zunächst nicht geplant, hieß es aus den Verhandlungskreisen weiter. Allenfalls würden kleinere Aktienpakete ausgetauscht, was lediglich einen symbolischen Stellenwert hätte. Die Firmen seien einer Einigung aber noch nicht nahe. Bei Peugeot hätte die einflussreiche Eigentümerfamilie ein Wörtchen mitzureden, bei GM sowohl die Gewerkschaft als auch die Regierungen der USA und Kanadas als Großaktionäre. Vorschusslorbeeren kamen von der Börse: Der Aktienkurs von Peugeot schoss von den Tiefständen der vergangenen Wochen um knapp 14 Prozent auf 16,35 Euro nach oben. Der französische Traditionskonzern ist noch 3,4 Milliarden Euro wert, ein Bruchteil des Buchwerts. GM ist zwölfmal so teuer.

Von VW abgehängt

Europas Branchenprimus Volkswagen verkauft mittlerweile fast so viele Autos wie der weltgrößte Autobauer GM, den in Europa auf Platz zwei rangierenden Wettbewerber PSA haben die Wolfsburger abgehängt: Während VW auf dem Weg an die anvisierte Weltmarktspitze immer mehr Autos verkauft - 2011 waren es schon über acht Mio. Fahrzeuge - lieferte Peugeot wegen der Flaute in Europa nur noch 3,5 Mio. Autos aus, 1,5 Prozent weniger als 2010. Die GM-Töchter Opel und Vauxhall verkauften 2011 in Europa gerade noch gut eine Million Fahrzeuge, Tendenz fallend. Die Geduld der Konzernmutter in Detroit schwindet angesichts aufgelaufener Milliardenverluste, allerdings darf Opel auf Geheiß der Mutter seine Autos auch nicht überall auf der Welt verkaufen.

Peugeot wollte keine Euphorie schüren: Ein Sprecher bestätigte zwar Gespräche mit einem anderen Hersteller über eine mögliche Allianz, nannte aber keinen Namen. "Es kann keine Gewissheit geben, dass diese Gespräche zu einer Einigung führen werden", teilte Peugeot mit. Bei GM hieß lediglich, Gespräche in der Branche seien üblich. Einem Bericht der französischen "La Tribune" zufolge laufen die Gespräche von Peugeot und GM schon seit Monaten.

Kooperation über Europa hinaus

Von den informierten Personen hieß es weiter, die Zusammenarbeit solle über Europa hinaus gehen. Peugeot arbeitet in Teilbereichen derzeit bereits mit Ford, Toyota und BMW zusammen - mit den Münchenern beispielsweise bei Motoren für Kompaktwagen. Bei den laufenden Gesprächen gehe es um mehr. Die Entwicklung einer oder mehrerer gemeinsamer Fahrzeug-Plattformen würde jedoch Jahre in Anspruch nehmen, schnellere Resultate könnten Absprachen über den gemeinsamen Einkauf bringen. Peugeot, nicht auf dem großen US-Markt vertreten, verliert auch im Lateinamerika-Geschäft Geld.

Auch der zu großen Teilen in Familienhand befindliche italienische Autobauer Fiat, der sich mit Chrysler ein Standbein in den USA geschaffen hat, ist auf der Suche nach einem Partner in Europa, um Platzhirsch VW Paroli zu bieten. Fiat-Chef Sergio Marchionne dementierte zu Jahresbeginn Gespräche mit Peugeot, bekräftigte aber zugleich sein Interesse an Kooperationen bei Kleinwagen, um Entwicklungskosten zu sparen. Der Fiat Punto und der Opel Corsa basieren auf einer Plattform, bei Fiats Kassenschlager Panda steht demnächst ein Modellwechsel an. Peugeot und Fiat sind Partner bei Transportern, doch Fiat will sich 2017 aus dem Gemeinschaftsunternehmen verabschieden.

Quelle: ntv.de, nne/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen