Streit um EU-Emissionshandel Russland sperrt Sibiriens Himmel
08.06.2012, 16:22 Uhr
Russlands Himmel ist ein Machtinstrument.
(Foto: picture alliance / dpa)
Seit Anfang des Jahres müssen alle Airlines, deren Maschinen innerhalb der EU, in Norwegen und Island starten oder landen, Emissionszertifikate für die komplette Flugstrecke vorweisen. Viele Länder begehren gegen diese EU-Vorgabe auf, darunter auch Russland. Moskau selbst macht nun Druck und streicht die kostenlosen Überflugrechte für Maschinen aus der EU.
Im Streit um den europäischen Emissionshandel im Flugverkehr erhöht Russland den Druck. Das Land hält aus Protest die mit der EU vereinbarten kostenlosen Überflugrechte über Sibirien für Fluggesellschaften aus der Union zurück, wie die Europäische Kommission mitteilte. Das stellt einen Bruch des mit Russland geschlossenen Freihandelsabkommens dar.
Seit Jahresbeginn müssen alle Fluggesellschaften, deren Maschinen innerhalb der EU, in Norwegen und Island starten oder landen, Emissionszertifikate für die komplette Flugstrecke vorweisen. Viele Länder begehren gegen diese EU-Vorgabe auf. Die Fluggesellschaften befürchten Kosten in Milliardenhöhe.
Russland kritisiert EU-Emissionshandel
Mit Russland hatte die EU sich prinzipiell darauf verständigt, dass alle ab Januar 2012 ausgegebenen Überflugrechte für EU-Airlines kostenfrei sein sollen. Das war eine Bedingung für die Aufnahme Russlands in die Welthandelsorganisation. "Unglücklicherweise wird Russland seinen Zusagen nicht gerecht", sagte ein Sprecher von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas.
Russland gehört neben den USA, China und Indien zu den lautesten Kritikern des EU-Emissionshandels. China hat als Vergeltung bereits die Genehmigung für die Airlines des Landes zum Kauf von Airbus-Flugzeugen hinausgezögert.
Diskussionen um Überflugrechte
Die finnische Fluggesellschaft Finnair spürt den Gegenwind aus Moskau bereits. Das Unternehmen bestätigte, dass es den Sommerflugplan ändern musste, da seinen Flugzeugen weniger Überflugrechte über Sibirien zugesichert wurden als erwartet.
Die skandinavische Konkurrentin SAS mit Sitz in Stockholm konnte sich zwar nicht über unmittelbare Auswirkungen beklagen. Man sei aber nicht sicher, ob es tatsächlich gelinge, jährlich 100 Mio. Schwedische Kronen, das sind rund 11 Mio. Euro, für die Überflugrechte einzusparen. "Solange der EU-Emissionshandel ein Problem bleibt, werden die Diskussionen um die Überflugrechte nicht vorangehen", sagte ein SAS-Sprecher.
Schmerzhaft für skandinavische Airlines
Zudem hat Russlands Unmut über den Emissionshandel die Verhandlungen zwischen Moskau und den Regierungen Schwedens, Dänemarks und Norwegens über eine Luftfahrt-Vereinbarung durcheinandergewirbelt. In den Gesprächen geht es um eine Neufassung einer Vereinbarung mit der sowjetischen Regierung von 1957.
Der Vertrag regelt, welche Fluggesellschaften aus Skandinavien russische Ziele anfliegen dürfen. Die Gespräche sind jüngst im Sande verlaufen und werden informierten Personen zufolge frühestens im November wieder aufgenommen. Die russische Regierung war für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen.
Russlands Zusagen an die Welthandelsorganisation beinhalten, dass die Gebühren für Sibirien-Überflüge von Januar 2014 an komplett gestrichen werden. Europäische Airlines zahlen der EU-Kommission zufolge für die Rechte jedes Jahr rund 300 Mio. Euro.
Gerade für Finnair und SAS ist der Schritt Russlands zur Zurückhaltung der kostenlosen Überflugrechte schmerzhaft, da die beiden Fluglinien angesichts des hohen Konkurrenzdrucks im Europa-Geschäft große Hoffnungen auf ihre Verbindungen nach Asien setzen. Finnair hat eigentlich vor, die Verbindungen nach Asien aufzustocken. "Wir hatten auf vier weitere Überflugrechte für die Sommersaison gesetzt", so eine Finnair-Sprecherin. Derzeit hält die Gesellschaft 60 Überflugrechte. "Es gibt ziemlich wenig, was die skandinavischen Länder tun können", sagte ein Sprecher von SAS. "Das ganze wurde auf EU-Ebene entschieden."
Nächste Deadline Mitte Juni
Spitzenmanager der weltweit führenden Fluggesellschaften treffen sich an diesem Wochenende in Peking unter der Regie des Branchenverbandes International Air Transport Association (IATA). Verbandschef Tony Tyler hatte gemahnt, dass der eskalierende Streit um den Emissionshandel bald beigelegt werden müsse. "Ich möchte dieses Jahr Fortschritte sehen. Realistisch betrachtet wird es aber noch eine Weile dauern."
Im Mai hatte die EU mitgeteilt, dass zehn Fluggesellschaften aus China und Indien die Ende März ausgelaufene Frist versäumt hätten, bis zu der sie ihre CO2-Emissionsdaten mitteilen sollten. Es besteht nun die Möglichkeit, sie mit Strafen zu belegen oder ihnen Flüge nach Europa zu untersagen, falls sie die nächste Deadline Mitte Juni ebenfalls verstreichen lassen.
Quelle: ntv.de, DJ