Frank Meyer Die Einschläge kommen näher
28.04.2010, 11:42 UhrWie vermutet, kommt jetzt Portugal ins Schussfeld der Spekulanten. S&P hat mit dem Senken des Ratings den Startschuss gegeben und Griechenland die Note "Müll" verpasst. Die Einschläge kommen näher und näher...
Portugals Defizit liegt bei 9,4 Prozent des BIP. 40 Mrd. Euro stehen in diesem Jahr zur Refinanzierung an. Der Bedarf aller PIIGS-Staaten beträgt 522 Mrd. Euro. Dazu kommen Deutschland mit rund einer halben Billion Euro und auch Frankreich. Noch größeren Finanzierungsbedarf haben die USA und Großbritannien. Während der EZB die Hände gebunden sind, können FED und BoE sämtliche Schulden des Staates aufkaufen und so die Zinskosten drücken. Gleichzeitig nimmt der Kampf um die Investorengelder weltweit zu. Ein Ausfall einiger europäischer Länder würde die Kapitalströme in andere Ecken lenken – zufälligerweise in den US-Dollarraum. Seit die Bezeichnung "PIIGS" die Runde macht, steigt der US-Dollar, sinkt der Euro. Cui bono? Wer leiht den Europäern künftig noch Geld?
Einer trage des anderen Last
Nun liegen auch die Geburtsfehler unserer Gemeinschaftswährung offen, die zu einer Haftungswährung geworden ist, und in deren Flanken die Spekulanten stoßen. Starke Länder und weniger starke Staaten benutzen eine gemeinsame Zahnbürste. Für die Länder der südlichen Knoblauchzone ist sie so fest wie Draht. Nein, der Euro hat kein Problem, sagte Bundesbankchef Axel Weber. Verlassen darauf würde ich mich darauf nicht.
Ganz nebenbei sollte man die ganze Angelegenheit mit der Griechenland-Hilfe auch beim richtigen Namen nennen: Bankenrettung 2.0 – eine Fortsetzung des Coups des Jahrhundert, bei dem die Banken ihre Risiken dem Steuerzahler aufbrummen konnten. Nun geht es ums gleiche Prinzip – die Übernahme von Risiken, die die Banken mit dem Geldverleih an Griechenland eingegangen sind. Gleichzeitig wächst in den Bankentürmen die Arroganz wie Löwenzahn auf den Wiesen. Bekämen die Griechen ihre Drachme zurück, müssten die Banken ihre Anleihen abschreiben. Nein, wozu hat man auch Freunde... Und die Griechen könnten mit einem Austritt aus dem Euro das wieder tun, was ihnen bislang versagt war - ihre Währung abwerten lassen. Sie könnten in den Keller gehen und die Druckerpresse anwerfen. Der Euro ist für die Griechen um die 40 Prozent zu stark, sagen Währungsexperten.
Ungeliebter Euro
Die Mehrheit der Deutschen ist in allen Umfragen gegen eine Rettung. Angesichts leerer Kassen und steigender Verschuldung ist das Hemd eben näher als die Hose. Die Politik kümmert es wenig. Der Euro ist nun mal "unsere" Währung, bei der das Volk nichts zu entscheiden hatte. Er war auf einmal da, beworben mit Mio.budgets aus irgend welchen Kassen. Man spart ihn oder gibt ihn aus, aber er war und ist nicht beliebt. Wie entkommt man ihm, bevor er zerfällt? Man kann ihn in andere Währungen tauschen oder ihn ihn für Edelmetalle zu geben oder für ausländische Aktien. Oder man macht sich ein schönes Leben, solange es etwas dafür gibt. Es ist eine Überschuldungskrise, die sich vor unseren Augen abspielt, und Portugal wird ein weiterer Testballon für die Eurozone, die nach Meinung des tschechischen Präsidenten Klaus gescheitert ist. Spannend wird es, wenn es Spanien und Italien dran sind. Spätestens dann sollte man sein Geld in Sicherheit gebracht haben.
Nein, den Euro muss man nicht unbedingt haben. Als Wertspeicher taugt er nicht. Auch US-Dollar und Pfund sind keine Wertspeicher. Sie basieren auf Vertrauen, das hinter den Kulissen kurz und klein geschlagen wird. Später wird man feststellen, dass sich auch eine Spekulation gegen T-Bonds und Gilts lohnt, was Kapitalströme in die Weltwährung Nummer Eins umlenken wird – das Gold. Noch nie musste man so viele Euros für eine Unze Gold hinblättern.
Und was macht die EZB? Sie darf keine Staatsanleihen aufkaufen, um die Zinsen zu drücken. Noch nicht. So steht es in den Statuten. Doch wenn man schon Maastricht über den Haufen gefahren hat mitsamt der Stabilität, warum ändert man diese Statuten nicht? Vielleicht ist es sogar der einzige Auweg. Wir Europäer würden in echte Konkurrenz zum US-Dollar und Pfund treten. Wer am schnellsten abwertet, hätte den Vorteil. Es bliebe festzustellen, dass wir unsere Währung schwächen müssen, um mit den anderen mithalten zu können. Wir Europäer wählen dazu im Moment den Weg des größten Schmerzes. Doch am Ende sind wir sowieso alle tot, würde Lord Maynard Keynes sagen. Wie zynisch...
Quelle: ntv.de