Essen und Trinken

Blümchen, Unkraut oder Salat? "Wundergrün" neu entdeckt

Statt der üblichen Kapernäpfel ziert hier Portulak einen griechischen Bauernsalat.

Statt der üblichen Kapernäpfel ziert hier Portulak einen griechischen Bauernsalat.

(Foto: CC BY-SA 3.0 Lemur12)

Exoten machen unseren Speisezettel reicher. Doch warum immer mit Zitronengras und Bambussprossen für Abwechslung zwischen Frikadelle und Kartoffelsuppe sorgen? So mancher "Exot" wächst nämlich buchstäblich vor unseren eigenen Füßen.

Exoten wie Ananas und Banane gehören längst zu unserem Speiseplan wie Apfel und Birne. Feurige Chilis sind aus deutschen Küchen ebenso wenig wegzudenken wie Sojasauce und Kokosmilch. Manch Gewächse kamen erst mit fremdem Namen wieder zu Ruhm und Ehre - wie die gute deutsche Rauke, die erst als italienische(r) Rucola mit dem Trend zur Mittelmeerküche hierzulande "einwanderte". (Ob Femininum oder Maskulinum ist bei Rucola Geschmackssache, selbst der Duden bietet beide Genusalternativen an.) Anderes Grünzeug fristet immer noch ein freudloses Dasein als Unkraut wie Vogelmiere, Melde und Brennessel oder wird wie Sauerampfer, Gänseblümchen und Löwenzahn bestenfalls in Survival-Camps gemampft oder von Paleo-Freaks gemörsert.

Dabei sprießt noch mehr aus heimischer Erde, und vieles, was einem brandneu vorkommt, ist ein alter Bekannter. Kennen Sie eigentlich Portulak? Goethe jedenfalls kannte den "Wunderheiler" aus Gottes freier Natur - und genoss ihn wie so manch anderes Grünzeug am liebsten mit verlorenen Eiern. Zu Geheimrats Zeiten waren Pimpernelle und Melde, Dost und Ysop, Pastinake und Portulak und viele andere Kräuter und Gemüse bekannt und beliebt. Man wusste um ihren vortrefflichen Geschmack, ihre gesundheitsfördernde Wirkung, ihren Nutzen als Haus- und Heilmittel. Und der große Dramatiker war schließlich nicht nur Dichter und Denker, sondern auch Gärtner und Genießer aus Leidenschaft und schätzte den Charme des Unverfälschten.

Geerntet werden nur noch nicht zu alte Blätter.

Geerntet werden nur noch nicht zu alte Blätter.

(Foto: imago stock&people)

Die Herkunft von Portulak liegt im Dunkeln, sie lässt sich wohl nicht mehr ausmachen. Diverse Quellen geben als Ursprungsregion "wahrscheinlich im Himalaya" an, andere sprechen von "Afrika und Kleinasien", Griechenland und Ägypten sind ebenfalls im Rennen. Heute kommt Portulak nahezu weltweit in allen warm-gemäßigten Zonen vor, und auch im europäischen Raum ist er seit langem eingebürgert. Schon im Mittelalter schätzte man den schnell wachsenden Portulak als nahrhaftes Gemüse. Inzwischen döst er hierzulande in einer Art Dornröschenschlaf vor sich hin; es sei denn, er wird unsanft als "Unkraut" ausgerissen. Die einjährige Pflanze ist nicht sehr anspruchsvoll, gedeiht selbst in Pflasterritzen; und da die Samen äußerst langlebig sind, wächst dort, wo mal Portulak stand, zum Ärger von Kleingärtnern immer wieder Portulak. Doch es lohnt sich, die Pflanze mit den fleischigen, saftigen grünen Blättern als schmackhaftes Gemüse wiederzuentdecken - und wenn es nur als Muntermacher für langweilige Salate ist! Nur in den Niederlanden, Belgien und Frankreich kommt Portulak häufiger auf den Teller, bei uns gilt er als "Exot". Feinschmecker kennen den pikant-säuerlichen und leicht salzigen Geschmack des "Wächst-wie-Unkraut"-Portulaks zumeist aus diversen Länderküchen: In Indien, China, im Nahen Osten und im Mittelmeerraum ist er Bestandteil vieler Salate und anderer Gerichte. In Deutschland muss man Portulak immer noch suchen; nur sehr gut sortierte Gemüsegeschäfte, Bio-Läden und ab und zu ein Wochenmarkt haben ihn im Angebot. Von März bis Oktober kommt er vom Freiland, im Rest des Jahres aus dem Treibhaus. Angebaut (wenn überhaupt) wird er im Süden und in der Mitte Deutschlands, weniger im Norden, weil er ein wärmeliebendes Gemüse ist.

Postelein ist weder Briefträger noch Portulak

Manchmal erwischt man eine Packung Portulak (wie man glaubt), auf dessen Etikett "Postelein" steht. Und zwecks Aufklärung, dass das nichts Postalisches ist, ist manchmal  kleingedruckt "Winter-Portulak" hinzugefügt. Hier müssen wir uns nun wieder mit einem "Verwandten"-Chaos herumschlagen wie bei Stachelbeere und Kapstachelbeere.

Blütenknospen vom Portulak wurden früher als Kapernersatz verwendet.

Blütenknospen vom Portulak wurden früher als Kapernersatz verwendet.

(Foto: imago stock&people)

Portulak, auch Gemüse- oder Sommer-Portulak genannt, hat den wissenschaftlichen Namen Portulaca oleracea und ist eine Pflanzenart der Gattung Portulak (Portulaca) innerhalb der Familie der Portulakgewächse (Portulacaceae). Hierher gehört auch das Portulakröschen (Portulaca grandiflora), das mit seinen leuchtenden Blüten eine Zierde für jeden Steingarten ist und deshalb in der Gunst des Kleingärtners steht. Allerdings ist es weniger für die Küche geeignet, aber das Auge genießt ja auch. Blümchen und Salat sind also richtig dicke verwandt.

Postelein sieht völlig anders aus als Portulak.

Postelein sieht völlig anders aus als Portulak.

(Foto: CC BY-SA 3.0 Stan Shebs)

Postelein alias Winter-Portulak und Portulak (der echte) sind nicht ein- und dieselbe Pflanzenart, wie oft zu hören und zu lesen ist. Von der Systematik her bildet Postelein die Pflanzenart "Gewöhnliches Tellerkraut" (Claytonia perfoliata) und gehört zur Gattung Tellerkäuter (Claytonia) innerhalb der Familie Quellkrautgewächse (Montiaceae). Der Ursprung der doppelten Namensgebung liegt möglicherweise darin begründet, dass die Pflanzenfamilie der Portulacaceae mit der Pflanzenfamilie der Montiaceae in der Systematik oft zusammengefasst wird. Beide Familien gehören der Pflanzenordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) an, das war's aber auch schon an entfernter Verwandtschaft. Vom Aussehen her unterscheiden sich beide Pflanzenarten grundlegend: Die Blättchen beim Portulak sind ei- bis spatelformig und sehr fleischig. Die gelben Blüten sind sehr unscheinbar. Posteleins Blätter sind zwar auch fleischig, aber tütenförmig und scheinen den Stängel zu umwachsen. Wie auf dem Präsentierteller sitzen darauf kleine weiße oder rosafarbene Blüten. Portulak blüht von Juni bis Oktober, der winterharte Postelein dagegen schon von Februar bis Mai. Soviel zur verwirrenden Botanik von Sommer- und Winter-Portulak.

Die farbenprächtigen Portulakröschen zieren so manchen Garten.

Die farbenprächtigen Portulakröschen zieren so manchen Garten.

(Foto: CC BY-SA 3.0 Laogooli)

Postelein bereichert also im Winter als eines der wenigen frischen Kräuter unseren Speiseplan, kommt aber geschmacklich nicht an Portulak (den echten) im Sommer heran. Ursprünglich kommt Postelein aus Nordamerika, wo ihn die Indianer als Nahrungs- und Heilpflanze nutzten. Auch Minenarbeiter haben sich davon ernährt, was der Pflanze den englischen Namen "miner's luttece" (Kopfsalat der Bergleute) einbrachte. Von Amerika nahmen Siedler die Pflanze mit in die Karibik. Deshalb wird das Tellerkraut nicht nur als Postelein oder Winter-Portulak verkauft, sondern auch als Kuba-Spinat oder Indianer-Spinat. Gekocht schmecken die Blätter spinatähnlich, roh ähneln sie dem Feldsalat, haben aber weniger Aroma und schmecken leicht nussig.

Gut für Kopf und Körper

Die frisch-zitronig und etwas salzig schmeckenden Blätter vom Portulak sind am leckersten, wenn sie roh als Salat zubereitet werden oder einem Mischsalat den richtigen Pfiff geben. Junge Blätter können wie Kresse aufs Brot gestreut werden; gehackt würzen sie Kräuterbutter und Quark, Saucen und Suppen. Auch sie können wie beim Postelein als Spinat zubereitet werden. Generell ist es so, dass sie gekocht an Aroma verlieren. In den meisten Fällen reicht Blanchieren oder kurzes Dünsten in Öl. Sollten Blätter bitter schmecken, sind sie zu alt und wurden zu spät geerntet. Nach der Blüte ist nämlich Schluss mit Genuss, dann schmecken alle Blätter unangenehm bitter.

Nicht nur aus kulinarischer Sicht lohnt sich die Wiederentdeckung von Portulak (und Postelein), denn die Pflanzen punkten mit zahlreichen gesunden Inhaltsstoffen: viel Vitamin C und Provitamin A, außerdem reichlich Magnesium und Kalzium. Diese Inhaltsstoffe sind gesund für Knochen und Bindegewebe, für Augen, Haut und Schleimhäute.

In der Naturheilkunde hat Portulak einen guten Ruf als Mittel gegen Sodbrennen und als natürlicher Entwässerer. Portulak-Tee wird bei Blasen- und Nierenleiden eingesetzt und soll blutreinigend wirken. Das Gemüse besteht zu 92 Prozent aus Wasser und hat kaum Kalorien. Bemerkenswert ist der Anteil an Omega-3-Fettsäuren, der für eine Pflanze ungewöhnlich hoch ist. Omega-3-Fettsäuren sind gut für den Gehirnstoffwechsel; zu wenig davon führt zu einem Serotoninmangel. Und Serotonin gilt, wie wir wissen, als Glückshormon, fördert gute Laune und dämpft Depressionen.

Portulak-Gemüse

Zutaten (4 Pers):

100 g Portulak
50 g Rucola
4 Fleischtomaten
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
1 TL Kapern
1 EL heller Balsamico
3 EL Olivenöl
Salz, Pfeffer aus der Mühle

Zubereitung:

Portulak und Rucola putzen, eventuell Wurzeln bzw. harte Stiele bei der Rauke entfernen. Waschen und trocken schleudern. Tomaten waschen, grüne Stielansätze entfernen und achteln. Zwiebeln und Knoblauch pellen und hacken.

Das Öl in einer Pfanne erhitzen und darin die Tomaten mit Zwiebeln, Knoblauch und Kapern etwa 5 Minuten bei nicht zu starker Hitze dünsten. Dann Portulak und Rucola zugeben, nur noch wenige Minuten weiter dünsten. Das Gemüse mit frisch gemahlenem Pfeffer, Balsamico und wenig Salz würzen. Das Gemüse schmeckt besonders gut zu gebratenem Fisch.

Viel Spaß wünscht Ihnen Heidi Driesner.

Quelle: ntv.de

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