Zweifel an schwerem Unwetter Airbus-Absturz bleibt Rätsel
06.06.2009, 14:32 Uhr
Angehörige trauern in einem katholischen Gottesdienst um die Opfer der Katastrophe. Anwälte versuchen offenbar auf dreiste Weise, Kapital aus ihrem Unglück zu schlagen.
(Foto: dpa)
Ein französischer Wetterdienst hat keine Hinweise auf ein besonders schweres Unwetter über dem Atlantik zum Zeitpunkt des Flugzeugunglücks. Derweil geht die Suche nach dem Wrack und dem Flugschreiber weiter - die Erfolgsaussichten werden aber als nicht besonder hoch eingeschätzt.
Beim Absturz des französischen Verkehrsflugzeugs am Montag herrschte nach Angaben des französischen Wetterdienstes kein außergewöhnlich schweres Unwetter über dem Atlantik. Nichts deute darauf hin, dass der Airbus in für den Juni extremes Gewitter geraten sei, erklärte Météo France in Paris nach Berichten des Nachrichtensenders i-télé.

Ob das Wetter zum Zeitpunkt des Unglücks wirklich so schlimm, bezweifelt der französische Wetterdienst.
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Eine extreme Wetterlage galt bisher als ein möglicher Grund für den mysteriösen Absturz mit 228 Todesopfern. Auch ein technisches Versagen, ein Anschlag oder andere Ursachen werden nicht ausgeschlossen. Das Flugzeug hatte 24 Fehlermeldungen in nur fünf Minuten abgegeben, bevor der Kontakt abbrach. Aufklärung könnten nur die beiden Flugschreiber bringen, doch hegen die Behörden wenig Hoffnung, die Geräte auf dem zerklüfteten Grund des Ozeans zu finden.
US-Hilfe und Atom-U-Boot

Eine Treibstoffspur im Atlantik, fotografiert aus einer brasilianischen Militärmaschine, stammt vermutlich von einem Schiff.
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Die USA haben inzwischen Frankreich hochempfindliche Geräte für die Suche nach dem Airbus zur Verfügung gestellt. Das Wrack werde etwa 100 Seemeilen östlich des mittelatlantischen Rückens vermutet, sagte der Präsident des französischen Amtes zur Ermittlung von Unfallursachen BEA, Paul-Louis Arslanian. "Wir suchen nicht auf gut Glück."
Die US-Geräte werden mit zwei Schiffen in das Suchgebiet gebracht. Ein französisches Forschungsschiff hält zudem Kurs auf das Suchgebiet mit einem Tauchroboter und einem Arbeits-U-Boot, die beide Material aus 6000 Metern Tiefe bergen können. Außerdem hat Frankreich das atomgetriebene Jagd-U-Boot "Emeraude" in Marsch gesetzt, das mit seinen empfindlichen Horch- und Sonargeräten Signale der Flugschreiber orten könnte.
Suche kann erfolglos bleiben

Ein Archivbild der französischen Marine zeigt das Spezial-U-Boot, das bei der Suche nach dem Flugzeugwrack helfen soll.
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Allerdings schloss Arslanian nicht aus, dass sich die Peilsender von den beiden Flugschreibern gelöst haben könnten. Diese von einem Metallmantel geschützten kleinen Teile sind hinten an den Flugschreibern angebracht. Ohne sie wären die Flugschreiber für immer verloren. Extrem unwahrscheinlich sei eine erfolgreiche Suche auch, wenn die Recorder in eine kleine unterseeische Felsspalte gerutscht sind. Die Sender können rund einen Monat Signale geben; dann geht ihnen der Strom aus.
Experten fordern Satellitenüberwachung

Das Flugzeug sollte von Rio de Janeiro nach Paris fliegen.
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Angesichts der schwierigen Suche nach dem Flugschreiber fordern Experten, künftig für eine permanente Übertragung der Daten aus der sogenannten Black Box zu sorgen. Der amerikanische Luftfahrtexperte Robert Francis sagte dem "Spiegel", das Bordsystem von Flugzeugen solle künftig alle Flugdaten, die im Flugschreiber festgehalten werden, über Satellit - in einer Art Sicherungskopie - direkt an die Leitzentralen der Fluggesellschaften melden.
Schon heute existierte ein einfaches Kommunikationssystem namens Acars, das dem Wartungspersonal am Boden Fehlermeldungen übermittle, sagte Francis, ehemaliger Vizechef des National Transportation Safety Board, der Untersuchungsbehörde für Flugunfälle in den USA. Dieses System hatte in den letzten Minuten des Air-France-Flugs 24 solcher Fehlermeldungen versendet.
Angehörige werden bedrängt
Nach dem Absturz der Air-France-Maschine werden die trauernden Angehörigen der Flugzeuginsassen offenbar von Anwälten auf der Suche nach lukrativen Aufträgen belästigt. Der Vorsitzende des brasilianischen Anwaltsverbands OAB für Rio de Janeiro, Wadih Damous, erklärte, die Air-France-Chefin in Brasilien, Isabelle Birem, habe ihn unterrichtet, dass Verwandte der vermissten Flugzeuginsassen in ihrem Hotel von Anwälten aufgesucht würden, die ihre Dienste anpriesen. Dies habe bei den Trauernden "große Bestürzung" ausgelöst.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/tis