Peitschenhiebe und Scham Araber ächten Schwule
17.01.2010, 10:43 UhrWer homosexuell ist, hat es sehr schwer in den arabischen Staaten. Dort werden Schwule nicht nur geächtet, sondern von Killerkommandos verstümmelt oder getötet.
Homosexuelle Männer leben in der arabischen Welt in ständiger Angst. Im Irak foltern schiitische Milizen Schwule zu Tode. In Saudi-Arabien riskieren Homosexuelle, ausgepeitscht zu werden. Zwar gibt es auch in den arabischen Ländern Politiker, Schauspieler und bildende Künstler, deren Homosexualität ein offenes Geheimnis ist. Würden sie sich "outen", müssten jedoch auch diese Prominenten mit Belästigung und Strafverfolgung rechnen.
Lesbische Frauen sind in den patriarchalischen Gesellschaften des Orients immer noch solch ein Tabu, dass über dieses Thema kaum öffentlich gesprochen wird. Der Libanon ist bislang das einzige arabische Land, in dem sich einige Schwule und Lesben öffentlich zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen. In Syrien, wo Homosexuelle wegen "schamlosen Verhaltens" zu Haftstrafen zwischen sechs und zwölf Monaten verurteilt werden können, befasst sich inzwischen zumindest eine Website mit den Belangen von Schwulen und Lesben.
Von den Besatzern verbreitet
Die meisten Araber nennen für ihre Ablehnung gegenüber Homosexuellen religiöse Argumente. Das gilt sowohl für die muslimische Mehrheit als auch für die Angehörigen der christlichen Minderheit.
"Das Phänomen der Homosexualität hat sich nach dem Einmarsch der amerikanischen Besatzer unter den jungen Männern in allen Regionen unseres Landes verbreitet und wir sagen zu ihnen, mit eurem Benehmen bringt ihr Schande über uns", ruft Scheich Hassan al-Asari den Gläubigen zu, die sich in der Kufa-Moschee versammelt haben. Die Moschee, die in der schiitischen Pilgerstadt Nadschaf liegt, ist voll besetzt. Tausende lauschen den Worten von Al-Asari, der als Vertrauter des radikalen Predigers Muktada al-Sadr gilt.
Schwul nur der, der passiv ist
Wie weit dieser religiös verbrämte Hass auf Homosexuelle führen kann, hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im vergangenen August in einem Bericht mit dem Titel "Sie wollen uns ausrotten" dokumentiert. Darin berichten homosexuelle Iraker von Killerkommandos, die Schwule quälen, verstümmeln und töten.
Dass einige der maskierten Männer, die schwule Männer überfallen, ihre Opfer auch vergewaltigen, erscheint auf den ersten Blick widersinnig. Doch sind einige Männer in der Türkei und in der arabischen Welt der Auffassung, homosexuell und "verweiblicht" sei nur der Mann, der beim Sex mit einem anderen Mann "passiv" ist. Der "aktive" Mann verliere dagegen nicht seine Männlichkeit. In der Türkei sind Homosexuelle sogar vom Wehrdienst ausgeschlossen. Als "homosexuell" gilt aber nur, wer beim Sex mit einem Mann nachweislich "die passive Rolle übernommen hat".
Schwer tun sich die Orientalen auch bei der Benennung von Homosexualität. Da die gleichgeschlechtliche Liebe so stark tabuisiert ist, benutzen die meisten Araber für Schwule und Lesben entweder Schimpfwörter oder sie sprechen von "anormalem Verhalten". In den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo "anormale sexuelle Beziehungen" mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, hatte die Polizei im vergangenen Jahr eine Kampagne gegen Homosexualität begonnen, die offiziell den Titel trug: "Lasst uns die traditionellen Werte unserer Gesellschaft schützen!" In Saudi-Arabien, dem konservativsten aller arabischen Länder, nennt man einen Mann, der sich schminkt und Frauenkleider trägt "Tochter der Scheichs".
Quelle: ntv.de, Anne-Beatrice Clasmann, dpa