Hunderte Bombendrohungen BKA geht mit Razzia gegen teils minderjährige Verdächtige vor

Sie wollen möglichst große Einsätze provozieren, um sich dann über die Aufregung zu freuen. Sie sprechen sich in einer Chatgruppe ab, haben sich noch nie getroffen, aber lösen mit Hunderten Bombendrohungen mehrere Evakuierungen aus. Nun bekommen vier Verdächtige Besuch vom Bundeskriminalamt.
Die Polizei hat eine Razzia gegen eine Gruppe durchgeführt, der bundesweit Hunderte Bombendrohungen vorgeworfen werden. Die Durchsuchungen fanden laut Bundeskriminalamt (BKA) in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen statt. In Sachsen-Anhalt wurde die Wohnung eines jugendlichen Zeugen durchsucht. Zwei der vier Beschuldigten sind demnach noch minderjährig. Ihnen wird unter anderem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Die Ermittler stellten zahlreiche elektronische Geräte sicher.
Die Gruppe soll in Hunderten Fällen Drohmails mit Bombendrohungen verschickt haben. Die Drohungen richteten sich laut BKA gegen Schulen, Hauptbahnhöfe, Einkaufszentren und andere öffentliche Einrichtungen. Die Gruppe sei für mehrere Großeinsätze verantwortlich:
die Evakuierung eines Einkaufszentrums in Essen (im Mai 2024)
die Sperrung des Bahnhofs Neunkirchen und die Einstellung des Bahnverkehrs (im September 2024)
die Räumung des MDR-Funkhauses in Magdeburg (im Oktober 2024)
die Räumung eines großen Einkaufszentrums in Sachsen-Anhalt (im Dezember 2024)
die Räumung und Schließung einer Schule in Bad Hersfeld (im Dezember 2024).
Die Drohungen lösten bundesweit Polizeieinsätze aus. Das BKA erklärte dazu: Auch falsche Drohungen würden grundsätzlich ernst genommen und geprüft. Durch Evakuierungen sei ein Sachschaden im hohen fünfstelligen Bereich entstanden. Zudem bestünde die Gefahr, dass bei vielen Falschmeldungen echte Gefahren übersehen werden. Die Einsätze und Räumungen belasteten insbesondere Schulen, warnt das BKA: Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte litten unter ihnen.
Die Täter sollen sich rein virtuell organisiert und in einer geschlossenen Messenger-Gruppe namens "Schweinetreff" kommuniziert haben. Ihr Ziel: den öffentlichen Frieden stören, möglichst große Einsätze provozieren, die Bevölkerung verunsichern – nur um sich dann über die Reaktion der Sicherheitsbehörden und die öffentliche Aufmerksamkeit zu freuen. Viele Drohmails trugen demnach islamistische Bezüge, eine religiös motivierte Tat konnte jedoch nicht belegt werden.
Auch Österreich war von vergleichbaren Drohschreiben betroffen und verzeichnete hohe Schäden durch Evakuierungen. Die Ermittlungen dort und der deutsch-österreichische Informationsaustausch lieferten laut BKA umfangreiche Beweise und Erkenntnisse zur mutmaßlichen Täterschaft und deren Vernetzung. So kam es wohl auch zur Identifizierung der vier Beschuldigten in Deutschland.
BKA-Vizepräsident Sven Kurenbach sagte, die Durchsuchungen zeigten, "dass das Internet trotz vermeintlicher Anonymität keinen rechtsfreien Raum darstellt." Drohmails könnten für die Absender sehr teuer werden, weil Großeinsätze der Polizei mit hohen Kosten verbunden seien. Der zuständige Oberstaatsanwalt Benjamin Krause sagte: "Wer solche Handlungen begeht, muss stets mit einer entsprechenden Reaktion des Rechtsstaats rechnen." Es handele sich nicht um harmlose Streiche, sondern um Straftaten, die enormen finanziellen Schaden anrichteten und Menschen massiv verunsicherten.