Unglück von Bad Reichenhall Gedenken an die Opfer
02.01.2007, 08:22 UhrDa war er wieder, der Tod bringende Schnee: Als ob das katastrophale Einstürzen des Eishallendaches unter tonnenschwerer Schneelast vor einem Jahr in Bad Reichenhall noch einmal besonders schmerzlich in Erinnerung gerufen werden sollte, setzte am Dienstag - dem 1. Jahrestag des Unglücks - nach wochenlanger Trockenheit Schneeregen ein. Exakt um 15.54 Uhr, zu jener Minute, als am 2. Januar 2006 das Hallendach auf die Eisfläche krachte, begannen alle Kirchenglocken der Stadt in den Alpen für fünf Minuten zu läuten. Der Ort und mit ihm die Angehörigen der 15 Toten sowie die 34 Verletzten und die Helfer des Rettungseinsatzes wollten in stillem Gedenken an das schreckliche Geschehen vor einem Jahr erinnern.
Schweigend legte Oberbürgermeister Herbert Lackner (CSU) an der provisorischen Gedenkstätte vor der Bauruine einen Kranz nieder. Zwölf schlichte weiße Holzkreuze symbolisieren dort die toten Kinder, drei braune Kreuze die bei dem Unglück ums Leben gekommenen Frauen. Neben einem der weißen Kreuze hängt ein Zettel mit dem Text: "Den eignen Tod, den stirbt man nur, doch mit dem Tod der andern muss man leben. In Liebe und Sehnsucht, Oma und Opa." Am Boden stehen Stofftiere, die an die toten Jungen und Mädchen erinnern. Vor und nach der Kranzniederlegung legten Angehörige Blumen nieder. Für die bayerische Staatsregierung nahm Innenstaatssekretär Georg Schmid (CSU) an der Gedenkfeier teil.
Anschließend formierte sich ein Trauermarsch mehrerer hundert Menschen zum nahen katholischen Münster St. Zeno, wo ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert wurde. In einer bewegenden Zeremonie legten Kommunalpolitiker und Angehörige der Opfer vor einer Pieta mit dem Leichnam Jesu und vor einer Christus-Ikone 18 weiße Rosen nieder. Dazu wurden unter Glockengeläut die Vornamen der Todesopfer verlesen. Am 2. Januar 2006 waren bei einem Lawinenunglück am Schrecksattel in den Berchtesgadener Alpen auch drei Skifahrer ums Leben gekommen. Das schreckliche Unglück habe vor einem Jahr den Werdegang vieler Familien erschüttert, sagte der katholische Ortsgeistliche Helmut Bauer.
Auch Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) bekundete sein tiefes Mitgefühl mit den Familien und Freunden der Opfer. "Diese Katastrophe ist nicht vergessen", ließ er durch die Staatskanzlei verbreiten. Es sei schwer, Worte des Trostes für dieses furchtbare Schicksal zu finden.
"Bitte lasst Ruhe und Frieden einkehren", hatte einer der Hinterbliebenen aus dem nahen Aufham schon vor dem Jahrestag gefleht. Allein aus diesem Dorf beklagen fünf Familien den Tod eines Kindes oder der Ehefrau und Mutter. Der Arbeiter war am Jahrestag weder in der Lage, an der Bauruine zu stehen noch am Trauermarsch teilzunehmen. "Das verkrafte ich noch nicht", sagte der Mann, der ungenannt bleiben will. Er nahm lediglich am Gottesdienst teil.
Auch für die Justiz ist der Fall längst nicht abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen neun Verantwortliche, unter ihnen vier frühere Mitarbeiter der Stadtverwaltung von Bad Reichenhall. Ein Ende der Ermittlungen steht nach Auskunft von Oberstaatsanwalt Günther Hammerdinger zwar unmittelbar bevor. Doch erst dann entscheidet sich, ob Anklage gegen einen oder mehrere Beschuldigte erhoben wird. So viel steht indes schon jetzt fest: Massive Mängel bei Planung und Bau der aus den 70er Jahren stammenden Eissporthalle sind schuld am Einsturz des Daches. Bis zum Frühjahr wird das Gebäude komplett abgerissen. Nur noch eine bescheidene Gedenkstätte soll dann an die Toten vom 2. Januar 2006 erinnern.
Quelle: ntv.de