"Los, heb ab! Scheiße." Letzte Worte vom Unglücksflug
10.05.2010, 16:20 UhrSpanische Medien veröffentlichen Tonbandaufnahmen aus der Spanair-Maschine, die im August 2008 auf dem Flughafen von Madrid in Flammen aufgegangen war. Demnach befand sich ein dritter Mann im Cockpit und die Piloten ignorierten einige Signale.

Das ausgebrannte Heck des abgestürzten MD-82 Jets liegt am Rande des Flughafens Barajas in Madrid. (Archivbild)
(Foto: dpa)
"Heb ab! Los, heb ab! Scheiße." Dies waren die letzten Worte des Piloten der Spanair-Maschine, die am 20. August 2008 unmittelbar nach dem Start auf dem Madrider Flughafen abgestürzt war und 154 Menschen in den Tod gerissen hatte. Der spanische Radiosender Cadena SER und andere Medien veröffentlichten nun die Tonband-Aufzeichnungen aus dem Cockpit des Unglücksjets. Die Aufnahme des Flugschreibers endet mit einem verzweifelten Schrei des Co-Piloten. Die Cockpitbesatzung war damals ebenfalls ums Leben gekommen.
Die Maschine vom Typ MD-82 war bei dem Unglück vor gut 20 Monaten nur wenige Meter von der Erde abgehoben, dann mehrmals auf den Boden aufgeschlagen und in einem Flusstal neben der Startbahn in Flammen aufgegangen. Nur 18 Insassen überlebten das Unglück schwer verletzt.
Dritter Mann im Cockpit
Das Tonband dokumentiert, dass die Besatzung ein Alarmsignal ignorierte. "Wie kann man dieses verdammte Ding abstellen?", fragte der Pilot. Aus der Tonband-Aufzeichnung geht zudem hervor, dass neben dem Piloten und dem Co-Piloten eine dritte Person im Cockpit des Unglücksjets war. Dabei könnte es sich um einen Piloten gehandelt haben, der nicht im Dienst war, berichtete das staatliche Fernsehen TVE. Dieser "dritte Mann" hatte starke Zweifel an der Arbeit der Techniker geäußert, die vor dem verunglückten Start der Maschine vom Typ MD-82 einen überhitzten Sensor mit Eiswürfeln gekühlt hatten. "Das ist Flickschusterei!", empörte sich der Unbekannte. Der Co-Pilot, der beim Start am Steuer saß, entgegnete: "Das kann man wohl so machen."
Die Ermittlungen über die Ursachen des Unglücks sind noch nicht abgeschlossen. Nach einem vorläufigen Expertenbericht sollen die Piloten es versäumt haben, die Vorflügel und Klappen auszufahren, die dem Flugzeug beim Start mehr Auftrieb geben sollen. Die Maschine hatten von Madrid nach Gran Canaria fliegen sollen. Unter den Opfern waren auch mehrere Urlauber, darunter eine vierköpfige Familie aus Bayern.
Gewerkschaften empört
Die Pilotengewerkschaft SEPLA und die Berufsvereinigung COPAC protestierten gegen die Veröffentlichung der Tonbandaufnahmen. Damit werde gegen das Prinzip der Vertraulichkeit verstoßen und bei den Piloten Misstrauen geschürt. Die spanische Justiz ermittelt wegen der Katastrophe gegen zwei Techniker, die vor dem Start die Sicherung für einen defekten Außentemperaturfühler entfernt und das Gerät damit außer Betrieb gesetzt hatten. Mehrere Angehörige von Opfern verklagten den Boeing-Konzern, der den Flugzeughersteller McDonnell Douglas übernommen hatte. Nach ihrer Ansicht hatte das Unternehmen nicht genug getan, das Unglück zu verhindern.
Spanair vollzog nach der Katastrophe einen radikalen Wandel. Die Fluglinie, die ebenso wie die Lufthansa Mitglied des Bündnisses Star Alliance ist und damals der skandinavischen Gesellschaft SAS gehört hatte, ging mittlerweile in den Besitz einer Gruppe von katalanischen Investoren über. Spanair verlegte seinen Sitz von Palma de Mallorca nach Barcelona, reduzierte die Belegschaft sowie sein Streckennetz und stellte einen Teil seiner Flugzeuge außer Dienst.
Quelle: ntv.de, dpa