Panorama

Airbus-Absturz vor Komoren Mädchen überlebt

Die Rettungsmannschaften suchen den Indischen Ozean nach den Passagieren und Wrackteilen ab.

Die Rettungsmannschaften suchen den Indischen Ozean nach den Passagieren und Wrackteilen ab.

(Foto: REUTERS)

Nur vier Wochen nach dem Absturz einer Air-France-Maschine im Atlantik ist erneut ein Airbus verunglückt. Ein 14-jähriges Mädchen wird lebend aus dem Indischen Ozean gerettet - sie hatte sich stundenlang an ein Wrackteil geklammert. Frankreich erhebt schwere Vorwürfe gegen die jemenitische Fluggesellschaft: Sie habe die Maschine trotz erheblicher Mängel fliegen lassen.

Schweres Flugzeugkatastrophe über dem Indischen Ozean: Einen Monat nach dem Absturz einer Air-France-Maschine über dem Atlantik ist ein jemenitisches Verkehrsflugzeug mit 153 Menschen an Bord vor Afrikas Ostküste ins Meer gestürzt. Nach Regierungsangaben wurde als einzige Überlebende ein zwar erschöpftes, aber wie durch ein Wunder weitgehend unverletzt gebliebenes 14-jähriges Mädchen aus dem Wasser gezogen. Ob es weitere Überlebende gibt ist unklar – die Suche musste am Abend wegen schwerer See zunächst eingestellt, soll aber am Mittwoch mit Militärhilfe aus Frankreich und den USA wieder aufgenommen werden. Bisher wurden erst vier Leichen geborgen.

Angehörige am Pariser Flughafen, nachdem sie von dem Absturz erfahren haben.

Angehörige am Pariser Flughafen, nachdem sie von dem Absturz erfahren haben.

(Foto: REUTERS)

Der zweistrahlige Airbus A310 der Yemenia Air befand sich auf dem Flug vom Jemen zu dem Inselstaat der Komoren. In stürmischem Wetter war er nach einem missglückten Landeanflug in den Indischen Ozean gestürzt. Flug IY 626 hatte nach Angaben der Fluggesellschaft 11 Crew-Mitglieder und 142 Passagiere an Bord, darunter viele Exil-Komorer mit französischer Staatsbürgerschaft.

Maschine auf dem Anflug

Augenzeugen am Flughafen der Hauptstadt Moroni sahen die Maschine noch im Anflug. "Ich bin dann ins Gebäude gegangen, um meine Mutter abzuholen", sagte der Komorer Moussa Boina. "Aber es gab kein Flugzeug." Die Fluggesellschaft Yemenia sprach von Windböen mit einer Geschwindigkeit von mehr als 110 Stundenkilometern zum Zeitpunkt des Absturzes.

Laut dem Einsatzleiter des Roten Halbmondes auf den Komoren fanden Fischer vor der Inselgruppe etliche Gegenstände wie Handtaschen und Gepäckstücke, die offenbar verunglückten Passagieren gehörten. Ein Suchflugzeug sichtete Leichen und Teile des Flugzeugrumpfs im Meer.

Berichte über technische Mängel

Der knapp 20 Jahre alte Airbus war bei einer Inspektion vor zwei Jahren in Frankreich wegen technischer Mängel aufgefallen. Unklar ist aber, ob technisches Versagen ursächlich für den Absturz war. Aufklärung sollen die Flugschreiber und Stimmrekorder geben, die in großen Verkehrsflugzeugen Flugdaten und Gespräche der Piloten aufzeichnen. Es ist das zweite Airbus-Unglück innerhalb eines Monats: Am 1. Juni war ein A330 der Air France mit 228 Menschen an Bord auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris in den Atlantik gestürzt. Airbus schickte ein Expertenteam auf die Komoren.

Nach Angaben des französischen Verkehrsstaatssekretärs Dominique Bussereau wies die Maschine bei einer Überprüfung in Frankreich 2007 diverse Mängel auf. "Die Fluggesellschaft (Yemenia) stand nicht auf der Schwarzen Liste, aber wir haben sie im Auge gehabt. Sie sollte demnächst von einem Sicherheitskomitee der EU überprüft werden", sagte er dem Sender i-télé. Yemenia Airlines wies die Kritik zurück. "Das Flugzeug war technisch gesund", sagte Vizedirektor Ali Sumari, räumte aber die Mängelrüge in Frankreich ein: "Diese Probleme wurden beseitigt, bevor das Flugzeug gestartet ist", betonte er.

Ein Arbus der Fluggesellschaft Yemenia Air.

Ein Arbus der Fluggesellschaft Yemenia Air.

(Foto: dpa)

Nach zunächst unbestätigten Informationen hatte das Flugzeug vor dem Absturz ein Durchstart-Manöver eingeleitet. In dem Gebiet war es in der Nacht zum Dienstag sehr windig und regnerisch. Die Selbsthilfegruppe "SOS Voyage au Comores" übte scharfe Kritik an Yemenia. "Es mangelt vor allem an Sicherheit und Achtung für die Passagiere", sagte Mhoudine Jamal von der Organisation, die 2008 von Komoren in Marseille gegründet worden war.

Kaum Hoffnung auf weitere Überlebende

"Die Chancen, dass noch weitere Überlebende gefunden werden, ist extrem gering", sagte ein Sprecher des komorischen Verkehrsministeriums. Das gerettete Mädchen war von einem der Suchboote an der Absturzstelle entdeckt worden. Der Teenager hatte sich Berichten zufolge stundenlang verzweifelt an ein Wrackstück geklammert. Nach unbestätigten Angaben soll das Mädchen zudem eine Rettungsweste getragen haben. Nach erster medizinischer Behandlung wurde es zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht. Von Mittwoch an werden sich französische und amerikanische Militärs mit Fluggerät, Schiffen und Tauchern an der Suche beteiligen.

Die Verzweiflung von Verwandten der Passagiere ist groß.

Die Verzweiflung von Verwandten der Passagiere ist groß.

(Foto: REUTERS)

Bundespräsident Horst Köhler schickte dem Präsidenten der Union der Komoren, Ahmed Abdallah Sambi, ein Kondolenztelegramm, der französische Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich bestürzt. Nach Angaben seiner Regierung waren 66 Franzosen unter den Opfern. Die jemenitische Nachrichtenagentur berichtete zudem von einem kanadischen und einem palästinensischen Passagier. Das Bordpersonal stammte aus Jemen, von den Philippinen, aus Marokko und Indonesien.

Ein Teil der Passagiere war zunächst mit einem Airbus A330 von Paris über Marseille nach Sanaa geflogen. Dort stiegen sie in die Unglücksmaschine um, die nach einer Zwischenlandung in Dschibuti um 1.00 Uhr (MESZ) in Moroni landen sollte. Die Absturzstelle des Flugzeugs wurde 20 Kilometer nördlich der Insel Grande Comore - in Verlängerung der Landebahn - ausgemacht. Dort war auch ein Treibstoffteppich auf dem Wasser zu sehen.

EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani forderte eine weltweite Schwarze Liste für bedenkliche Fluggesellschaften. Er will seinen Vorschlag Vertretern der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) vorlegen.

Die Komoren liegen zwischen Mosambik und Madagaskar und sind etwa halb so groß wie die spanische Ferieninsel Mallorca.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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