Panorama

"Ich war ein guter Zweiter" Walter Giller ist tot

Für sein Publikum blieb Walter Giller stets der Mann mit dem ewigen Lausbubencharme. Doch er konnte beides sein - Komödiant und Charakterdarsteller.

Giller im Jahr 2006.

Giller im Jahr 2006.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Er war einer der letzten großen Stars des deutschen Nachkriegsfilms: Walter Giller hat sich mit Grinsen und Grimassen in die Herzen vieler Menschen gespielt. Schelmischer Blick, freche Faxen und dazu der schlaksige Gang - Giller blieb für seine Fans stets der Mann mit dem ewigen Lausbubencharme. Einer, der mal schüchtern und mal schnoddrig sein konnte, komisch und kalauernd, doch bei allem stets charmant.

Der Schauspieler, der am Donnerstagabend im Alter von 84 Jahren in einem Hamburger Krankenhaus gestorben ist, war ein Star der "Flegelrollen". Titel wie "Schelm vom Dienst" oder "ewiger Pennäler" hafteten ihm an. Doch wenn man ihn ließ, dann konnte er beides sein - der Komödiant in "Die Drei von der Tankstelle" und der Charakterdarsteller in "Rosen für den Staatsanwalt".

Kino, Fernsehen, Theater

Zu Gillers Weggefährten gehörten viele inzwischen gestorbene Publikumslieblinge: Er gab den etwas trotteligen Gegenpart zu O.W. Fischer in "Peter Voss, der Millionendieb" (1958), mit Hans-Joachim Kulenkampff und Heinz Erhardt stand er für den Klamauk "Drei Mann in einem Boot" (1961) vor der Kamera, mit Heinz Rühmann war er in "Charleys Tante" zu sehen. Curd Jürgens, Paul Hörbiger, Rudolf Prack, Marika Rökk, Theo Lingen, Bruni Löbel - die Liste der namhaften Schauspielkollegen, mit denen der in Recklinghausen geborene Giller seit den 50er Jahren drehte, ist lang. In mehr als 80 Produktionen wirkte er mit. War zunächst das Kino seine Heimat als Filmschauspieler, wurde es später vor allem das Fernsehen. Und immer wieder zog es ihn zur Theaterbühne, wo er seine Laufbahn begann.

Ein Traumpaar: Nadja Tiller und Walter Giller. (undatierte Aufnahme)

Ein Traumpaar: Nadja Tiller und Walter Giller. (undatierte Aufnahme)

(Foto: dapd)

Zu seiner wichtigsten Partnerin im Leben wurde jedoch nur eine: Nadja Tiller, Kollegin, "Miss Austria" und große Liebe des Schauspielers. Bei den Dreharbeiten zu "Schlagerparade" (1953) lernten sie sich kennen, 1956 folgte die Hochzeit. Von Filmen wie "Schloss Gripsholm" (1963) bis zu Leander Haußmanns "Dinosaurier - Gegen uns seht ihr alt aus!" (2009) reichten die gemeinsamen Arbeiten. Giller und Tiller - immer wieder mussten die beiden Schauspieler beteuern, dass sie keine Künstlernamen tragen. Er, der Komödiant und Charakterdarsteller, und sie, die Femme fatale aus "Das Mädchen Rosemarie". Im Film wie im Leben eine große Liebe - und für ihr Publikum schlichtweg das Traumpaar.

Auszeichnungen paarweise

Selbst Auszeichnungen erhielt das Paar, das zwei erwachsene Kinder hat und zuletzt Tür an Tür in einem Hamburger Seniorenwohnsitz lebte, gemeinsam: das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens, 2006 den Bambi für das Lebenswerk. In Neil Simons "Plaza Suite" stand das Ehepaar Giller-Tiller rund 600 Mal auf der Bühne. "Ich habe mich immer ein bisschen in Nadjas Schatten gesonnt, die in der ersten Reihe stand. So bin ich mein ganzes Leben gut gefahren und jetzt eben auch", sagte Giller in einem Interview. Das Geheimnis langer Liebe lag für ihn in "Vertrautschaft", wie er mal erklärte - "ein Mittelding zwischen Vertrauen und inniger Freundschaft".

Walter Giller und Nadja Tiller in Berlin im Naturkundemuseum bei Dreharbeiten für den Film "Dinosaurier" (Bild vom 27. April 2009)

Walter Giller und Nadja Tiller in Berlin im Naturkundemuseum bei Dreharbeiten für den Film "Dinosaurier" (Bild vom 27. April 2009)

(Foto: dapd)

Im Fernsehen war Giller immer präsent - ob als Moderator, Gast in Unterhaltungsshows und mit der ZDF-Ulk-Serie "Locker vom Hocker" oder in weiteren Film- und Serien-Rollen. Theater spielte er meist auf Tournee, trat als Gaststar an den Boulevardbühnen in München, Berlin und in Hamburg auf. Doch trotz der Vielzahl seiner Arbeiten blieb Giller für Regisseure und Publikum fast ausnahmslos der zerknautschte Komödiant. Nur selten durfte er sich wie in Wolfgang Staudtes "Rosen für den Staatsanwalt" oder als Ost-Berliner Lkw-Fahrer in "Zwei unter Millionen" von ernsthafter Seite zeigen, erntete aber gerade für diese beiden Werke jeweils einen Bundesfilmpreis (1960/62).

Bloß keinen Rummel

Jeglichen Trubel um seine Person wollte der in den vergangenen Jahren wiederholt schwer erkrankte Künstler zuletzt vermeiden. Alt werden sei in den meisten Fällen kein Verdienst, sagte er immer wieder und lehnte etwa viel Rummel um seinen 80. Geburtstag vor vier Jahren ab. "Ich habe eben Glück gehabt und bin bis heute eigentlich immer mit einem blauen Auge davon gekommen, wofür ich sehr dankbar bin." Mit zunehmendem Alter reifte bei ihm ohnehin der Wunsch, nur noch das zu tun, worauf er Lust hat. "Schrott habe ich genug gemacht", sagte er einmal selbstkritisch.

Dem Alter und den schweren Krankheiten - Giller hatte einen Herzschrittmacher und Lungenkrebs, seine Frau Brustkrebs - begegnete der legendäre Komödiant mit Galgenhumor. "Die Kiste ist doch näher als die Wiege. So ist es eben", sagte er einmal dem "Hamburger Abendblatt". Selbstironisch blickte er in dem Interview auch auf seine Karriere zurück. "Ich wüsste nicht, worauf ich stolz sein sollte. Vielleicht auf unseren Hund", sagte er. "Ich erinnere mich auch nicht, ein besonders künstlerisches Leben geführt zu haben. Nee. Ich war kein Star, ich war ein guter Zweiter."

Quelle: ntv.de, Dorit Koch, dpa

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