Homosexualitätsprozess in Malaysia Anwar kampfbereit
02.02.2010, 16:17 UhrDer zum zweiten Mal wegen Homosexualität angeklagte malaysische Oppositionsführer Anwar Ibrahim hat dem Regierungschef Verschwörung vorgeworfen. Najib Razak und seine Frau steckten hinter der Klage eines ehemaligen Mitarbeiters, der Anwar im Juni 2008 wegen sexueller Übergriffe angezeigt hatte, sagte der 62-Jährige vor dem Gerichtsgebäude in Kuala Lumpur. Anwar, der am Dienstag in Begleitung seiner Frau zum Prozessauftakt eintraf, warf Najib vor, ihn politisch kaltstellen zu wollen.
Er forderte die Richter auf, den Ministerpräsidenten und seine Frau zur Aussage vor Gericht zu zitieren. Der umstrittene Prozess wird mit Spannung verfolgt. Homosexualität ist im muslimischen Malaysia verboten. Anwar bestreitet die Vorwürfe. Ihm drohen 20 Jahre Haft. Vor dem Gericht waren hunderte seiner Anhänger erschienen.
Menschenrechtler haben das Verfahren scharf kritisiert. "Der Prozess ist ein krasser Versuch, den Oppositionsführer auszuschalten", sagte die Asien-Beauftragte von Human Rights Watch, Elaine Pearson, im vergangenen Jahr. "Die Regierung versucht, das Justizsystem für politische Zwecke zu manipulieren."
Vom Polizeichef geschlagen
Vor zehn Jahren war Anwar nach einem Streit mit dem damaligen Regierungschef Mahathir Mohamad schon einmal wegen Korruption und Homosexualität verurteilt worden. Er war bis 1998 dessen Stellvertreter. Nach der Festnahme 1998 erschien er mit blauem Auge vor Gericht. Der Polizeichef räumte später ein, auf den Politiker eingeschlagen zu haben. Das Urteil wegen Homosexualität wurde 2004 aufgehoben. Anwar saß mehr als fünf Jahre im Gefängnis.
Im Zentrum des neuen Prozesses steht die Anzeige eines ehemaligen Mitarbeiters, der Anwar im Juni 2008 sexuelle Übergriffe vorwarf. Saiful Bukhari Azlan war vor Erstattung der Anzeige bei Najib zu Hause gewesen. Der 24-Jährige habe ihn nur über Anwars Verhalten informieren wollen, sagte Najib später.
Anzeige kurz vor der Wahl
Anwar hat der seit mehr als 50 Jahren regierenden Koalition mit seinem Oppositionsbündnis Pakatan Rakyat bei den Wahlen im Frühjahr 2008 eines der schlechtesten Ergebnisse seiner Geschichte beschert. Die Koalition gewann nur noch mit knapper Mehrheit. In den Folgemonaten drohte Anwar mit einem Misstrauensantrag, weil zahlreiche Regierungsabgeordnete zu seinem Bündnis übergelaufen seien. Kurz nach der Wahl zeigte der Mitarbeiter ihn an.
Quelle: ntv.de, dpa