Politik

Kanzlerin ruft zum Koalitionsgipfel Bloß keine Erwartungen wecken

Beim Koalitionstreffen im Kanzleramt gibt es allerhand zu regeln.

Beim Koalitionstreffen im Kanzleramt gibt es allerhand zu regeln.

(Foto: dapd)

In der schwarz-gelben Koalition knirscht es gewaltig. Wenn die drei Parteichefs Merkel, Seehofer und Rösler sich im Kanzleramt treffen, liegt eine lange Liste an Fragen vor ihnen. Dabei soll es um all diese Streitpunkte keinesfalls gehen, wie es vorab heißt. Nichts anzukündigen ist eben noch immer die beste Strategie, um niemanden zu enttäuschen.

Bei einem Koalitionsgipfel im Kanzleramt wollen CDU, CSU und FDP nach jüngsten Streitereien wieder zusammenfinden. Besonders der Streit um das Betreuungsgeld hinterließ in den vergangenen Tagen und Wochen ein desolates Bild des schwarz-gelben Regierungsbündnisses. Nun, kurz vor Beginn des Treffens, deutet sich an, dass es nicht viel besser werden dürfte. Entsprechend sind die Parteien darum bemüht, die Erwartungen an das Treffen so gering wie möglich zu halten.

Wohl zu Recht. Denn schon vorab versuchen die politischen Partner, einander die Schuld für das schlechte Erscheinungsbild in die Schuhe zu schieben. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sieht die CSU als Verantwortlichen dafür, dass Schwarz-Gelb als zerstrittener Haufen angesehen werde. Bei der CSU scheine immer wieder Eigensinn auf, wo gemeinschaftlich Verabredetes umgesetzt werden sollte, sagt Döring der "Welt".

Doch noch ist nichts verloren, findet Döring. "Wird dieses Irrlichtern abgestellt, sind wir gute Partner", sagt er. Er kritisiert zudem linke Tendenzen in der Union, die auf den Versuch einer Neuorientierung zurückzuführen seien. Die FDP werde aber eine Politik für Mindestlöhne und eine Frauenquote in Unternehmen nicht mitmachen.

Von Koalitionspartnern und Seemonstern

Angesichts der atmosphärischen Störungen werden von der Zusammenkunft von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer und dem liberalen Parteichef Philipp Rösler denn auch wenig konkrete Entscheidungen in Sachfragen erwartet. Merkel sagte zuvor vorsichtshalber, "operative Entscheidungen" werden nicht fallen. Es gehe vielmehr um die Frage, "wo wir als christlich-liberale Koalition noch entscheidende Akzente setzen können".

Doch ein reines Kaffeekränzchen wird das natürlich nicht. Und es gibt ja auch allerhand zu klären. Energiewende, Vorratsdatenspeicherung, Mindestlohn, Praxisgebühr, Finanztransaktionssteuer - die Liste der Streitthemen ist lang. In der "Welt" zeigt Döring etwa, was er von der immer wiederkehrende CSU-Forderung nach einer Pkw-Maut hält: "Die Pkw-Maut taucht bei der CSU wie Nessie immer wieder auf, obwohl man selber weiß, dass es sie nicht gibt." Zudem stellte er klar, dass mit der FDP die aus der Union geforderten Mindestlöhne und eine Frauenquote in Unternehmen nicht zu machen seien. "Wenn die Union eine Mindestlohn-Maut-Frauenquoten-Politik will, dann kann sie dafür werben: im Wahlkampf", sagte Döring.

Doch den heftigsten Zoff gibt es nach wie vor um das Betreuungsgeld. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag ist die Leistung für Familien, die ihre Kleinkinder nicht in einer Kita betreuen lassen, ausdrücklich vorgesehen. Die zuständige Ministerin, Kristina Schröder aus dem Familienressort, hat auch bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt. Doch Freude kommt weder in ihrer Partei noch beim liberalen Partner auf.

Betreuungsgeld einfach verschieben?

In zwei Tagen soll das Kabinett beraten. Und vorab gibt es viele Bedenken. Insgesamt fünf Ministerien reagierten skeptisch - unter anderem auch der christsoziale Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Der bekam dafür am Wochenende allerdings auch postwendend einen auf den Deckel: "Wenn ein Bundesminister der CSU, der noch dazu stellvertretender Parteivorsitzender ist, bei einem für die CSU so bedeutsamen Gesetzesvorhaben einen Vorbehalt einlegt, dann war das keine gute Idee", sagte Seehofer der "Passauer Neuen Presse". Ramsauer ruderte umgehend zurück.

Doch wie kann es die Koalition schaffen, dass das Betreuungsgeld nicht zum Debakel wird? Kassieren wird es die Kanzlerin nicht mehr können, zumal sie am Wochenende erneut bekräftigt hat, dass der Gesetzentwurf noch vor dem Sommer durch den Bundestag gebracht werde. Eine Lösung könnte lauten, das Betreuungsgeld erst ab August 2013 und nicht wie ursprünglich vorgesehen ab Januar kommenden Jahres auszubezahlen - eine Idee, die die FDP favorisiert. Wirtschaftsminister Rösler soll das laut "Spiegel" fordern, auch FDP-General Döring spricht sich in der "Welt" dafür aus.

Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble von der CDU ist so etwas schon einmal über die Lippen gekommen, auch wenn er es dann später revidieren musste. Diese Idee sei "ausgesprochen logisch" sagt nun Döring. Hintergrund ist, dass ab August 2013 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter 3-Jährige besteht. Beide Maßnahmen zum selben Zeitpunkt einzuführen, wäre freilich stringenter.

Dabei kommt auch der Kita-Ausbau selbst nicht so recht voran. Den zu beschleunigen, dürfte eine weitere der vielen Herkulesaufgaben der Koalition werden. Auch wenn es darüber natürlich im Kanzleramt auf gar keinen Fall gehen wird. Das Motto der großen Drei: Wer zu viele Erwartungen weckt, kann am Ende mehr davon enttäuschen. Wenn Merkel, Seehofer und Rösler am Ende mit leeren Händen die Machtzentrale verlassen, dann kann sich eben keiner beschweren.

Quelle: ntv.de, mit dpa/rts

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