Politik

"Wir werden dieses Monster aufspüren" Fieberhafte Suche in Frankreich

Solidarität in der Trauer.

Solidarität in der Trauer.

(Foto: REUTERS)

Nach den Serienmorden in Südfrankreich läuft die Fahndung auf Hochtouren. Viel weiß die Staatsanwaltschaft noch nicht, außer dass der Täter extrem entschlossen und kaltblütig vorgeht. Alle sieben Opfer seien mit "aufgesetzten Kopfschuss" getötet worden. Am Mittwoch finden die Trauerfeiern für die Opfer in Frankreich und in Israel statt.

"Die Ermittlungen haben bisher leider nichts ergeben." Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy kann nach den drei tödlichen Angriffen in Südfrankreich noch keine Entwarnung geben, als er sich in Paris dem Gedenken an die Opfer während einer landesweiten Schweigeminute an allen Schulen anschließt. Im Gegenteil: Die Staatsanwaltschaft von Paris befürchtet, dass der Serientäter erneut zuschlagen könnte.

Es handele sich um einen "extrem entschlossenen" und "kaltblütigen" Täter, sagte Staatsanwalt François Molins. Alle sieben Opfer an den drei Tatorten seien mit einem "aufgesetzten Kopfschuss" getötet worden. Nach seinen Worten ist aber noch völlig unklar, wer hinter den Bluttaten stecken könnte. "Wir wissen heute nicht, wer er ist", muss auch Innenminister Claude Guéant einräumen. Sorgen bereitet auch der auffällige Vier-Tage-Rhythmus zwischen den Anschlägen, er schürt die Befürchtung, dass es weitere Bluttaten geben könnte.

Keine Spur vorrangig

Staatsanwalt Molins verfolgt alle Spuren.

Staatsanwalt Molins verfolgt alle Spuren.

(Foto: dpa)

Der Staatsanwalt hob mehrfach hervor, dass sämtlichen Spuren nachgegangen werde und dass derzeit keine Spur als vorrangig anzusehen sei. Er verwies erneut auf die Möglichkeit eines rassistischen oder antisemitischen Verbrechens. Vier Opfer waren jüdischen Glaubens, die drei anderen nordafrikanischer Abstammung.

Gleichzeitig verwies die für Terrorismus zuständige Staatsanwaltschaft von Paris darauf, dass im juristischen Sinne von einem terroristischen Akt gesprochen werden könne, weil durch die Taten Angst und Terror verbreitet werden sollten. Die Spur zu Neonazis in der Armee, die der Minister als eine Möglichkeit genannt hatte, verlief nach Angaben aus Polizeikreisen inzwischen im Sande.

Wurde die Tat gefilmt?

Ein Unbekannter hatte am Montagmorgen vor der jüdischen Schule im südfranzösischen Toulouse drei Kinder und einen Lehrer erschossen. Am Donnerstag hatte in Montauban, 50 Kilometer von Toulouse entfernt, offenbar derselbe Täter zwei Fallschirmjäger erschossen. Bei seinem ersten Angriff am 11. März hatte der Täter in Toulouse einen Fallschirmjäger in Zivil getötet.

Der Unbekannte trug immer einen Motorrad-Helm und blieb deshalb unerkannt. Dem Innenminister zufolge filmte der Täter jedoch seinen Angriff am Montag. Der Schütze habe eine kleine Kamera "um die Brust geschnallt" gehabt, sagte Guéant in Toulouse, wo er die Umsetzung der höchsten Stufe des Anti-Terrorplans Vigipirate für die südfranzösische Region überprüfte. Erstmals war am Montagabend die Stufe "scharlachrot" in Frankreich angeordnet worden.

Trauerfeier in Israel und in Montauban

Nach einer bewegenden Trauerfeier wurden die Särge aus der Schule Ozar Hatorah getragen.

Nach einer bewegenden Trauerfeier wurden die Särge aus der Schule Ozar Hatorah getragen.

(Foto: REUTERS)

Am Abend wurden die Toten vom Montag mit dem Flugzeug nach Israel überführt. Dort sollen der Religionslehrer Jonathan Sandler, seine beiden vier und fünf Jahre alten Söhne Gabriel und Arieh sowie die sieben Jahre alte Myriam Monsonego am Mittwoch bestattet werden. Außenminister Alain Juppé wird an der Zeremonie in Israel teilnehmen, er begleitete die Militärmaschine. "Wir werden dieses Monster aufspüren", sagte Juppé. "Wir werden ihn finden, ihn zur Rechenschaft ziehen und ihn bestrafen." Jonathan Sandler hatte die israelische und französische Staatsbürgerschaft. Die Familie Monsonego war nach israelischen Medienberichten vor 20 Jahren von Jerusalem nach Toulouse gezogen. Nach jüdischem Glauben ist es besonders wünschenswert, in Israel begraben zu werden.

Ebenfalls am Mittwoch nimmt Frankreich mit einer Trauerfeier auf einem Militärstützpunkt in Montauban Abschied von den drei ermordeten Soldaten. Erwartet werden neben Präsident Sarkozy und anderen Spitzenpolitikern auch mehrere seiner Herausforderer bei der Präsidentenwahl, darunter Francois Hollande.

Wahlkampf ausgesetzt

Mitten im Wahlkampf sagten Nicolas Sarkozy wie seine Rivalen, der Sozialist Hollande und die Rechtsextremistin Marine Le Pen, bis Mittwoch sämtliche Wahlkampfauftritte ab. Experten gehen davon aus, dass sich der bislang aggressive und populistische Tonfall bei diesen Auftritten ändern wird.

Sie schlossen aber nicht aus, dass Sarkozy sich unbequemen Fragen ausgesetzt sehen dürfte, etwa ob er nicht die rechtsradikale Stimmung im Land angefacht habe. Der Präsident hatte unter anderem mit seinem Versprechen, die Einwanderungszahlen zu halbieren, versucht, Le Pen Anhänger abzujagen. Die zwei Runden der Präsidentenwahl sind für April und Mai angesetzt.         

Aufregung um Catherine Ashton

Catherine Ashton bedauert den unglücklichen Vorfall.

Catherine Ashton bedauert den unglücklichen Vorfall.

(Foto: dpa)

EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bestritt derweil nach scharfer Kritik aus Israel, den Anschlag auf die jüdischen Schulkinder mit den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen verglichen zu haben. Grund für die Empörung war ein Redetext, der aus Ashtons Büro verbreitet wurde. Darin stand: "Wenn wir uns an junge Menschen erinnern, die unter allen möglichen furchtbaren Umständen getötet wurden - die belgischen Kinder, die ihr Leben in einer schrecklichen Tragödie verloren haben und wenn wir daran denken, was heute in Toulouse geschehen ist, wenn wir uns daran erinnern, was vor einem Jahr in Norwegen passiert ist, wenn wir wissen, was in Syrien passiert, wenn wir sehen, was in Gaza und in anderen Teilen der Welt geschieht - dann erinnern wir uns an junge Menschen und Kinder, die ihr Leben verloren haben."

Nach der Welle der Empörung korrigierte das Büro den Text, und fügte zu Gaza noch Sderot hinzu. Sderot ist ein israelischer Ort, der immer wieder vom Gazastreifen aus von Palästinensern beschossen wird. "Ich bin wirklich betrübt über die Entstellung meiner gestrigen Bemerkungen", sagte Ashton im Europaparlament in Brüssel. Vor der Korrektur der Niederschrift hatte ihr Sprecher gesagt: "Sie hat eine allgemeine Bemerkung gemacht, um die Aufmerksamkeit auf das unglückliche Schicksal von Kindern in aller Welt zu lenken, die ihr Leben verlieren." Ashton habe keinerlei Vergleich angestellt.

Quelle: ntv.de

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