Politik

Schwarz-Gelb ist einig Gesundheit wird teurer

Union und FDP besiegeln nach monatelangem Streit die Gesundheitsreform. Danach sollen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 15,5 Prozent steigen und ein Zusatzbeitrag erhoben werden. Über dessen Höhe entscheiden die Kassen. Die SPD fordert Gesundheitsminister Rösler zum Rücktritt auf.

Rösler bezeichnete die Reform als "Einstieg in eine dauerhaft solide Finanzierung des Gesundheitssystems".

Rösler bezeichnete die Reform als "Einstieg in eine dauerhaft solide Finanzierung des Gesundheitssystems".

(Foto: dpa)

Auf die gesetzlich Krankenversicherten kommen deutlich höhere Kosten zu. Nach monatelangem Ringen verständigten sich die Spitzen von Union und FDP auf Wege, wie das für 2011 erwartete Defizit von elf Milliarden Euro finanziert werden soll. Zum größten Teil setzt die Regierungskoalition dabei auf höhere Einnahmen. Über einen Zuschuss aus Steuern soll es einen Ausgleich zwischen Arm und Reich geben. Dafür ist laut Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) im Jahr 2014 weniger als eine Milliarde Euro nötig. Arbeitgeber und Gewerkschaften kritisierten die Pläne.

Der Krankenkassenbeitrag steigt 2011 um 0,6 Punkte auf 15,5 Prozent, was Mehreinnahmen von sechs Milliarden Euro bringt. Von künftigen Kostensteigerungen bleiben die Arbeitgeber verschont, da ihr Beitrag bei 7,3 Prozent eingefroren wird. Krankenkassen können künftig in unbegrenzter Höhe Zusatzbeiträge von ihren Versicherten erheben. Wenn Versicherte dies vermeiden wollen, bleibt ihnen nur ein Wechsel der Kasse. Bisher darf der monatliche Zusatzbeitrag 37,50 Euro nicht überschreiten. Dies entspricht einem Prozent des beitragspflichtigen Lohns.

Wechsel zu "Billig-Kasse"

Für Geringverdiener, die sich den Zusatzbeitrag nicht leisten können, ist der Sozialausgleich aus Steuern gedacht. Wenn der Zusatzbeitrag zwei Prozent seines beitragspflichtigen Lohns übersteigt, kann der Geringverdiener für den darüber hinausgehenden Betrag einen Ausgleich bekommen, der auf dem Lohnzettel verbucht wird. Grundlage für den Ausgleich ist aber der durchschnittliche Zusatzbeitrag aller Kassen. Damit soll ein Anreiz bleiben, zu einer billigeren Kasse zu wechseln.

Rösler zufolge sollen aber auch die Ärzte, Krankenhäuser, Pharmabranche und die Krankenkassen selbst einen Sparbeitrag leisten. Das Einsparvolumen für 2011 bezifferte er auf 3,5 Milliarden Euro, für 2012 seien es vier Milliarden Euro. Dafür würden unter anderem die Verwaltungskosten der Krankenkassen eingefroren, Kosten der ambulanten ärztlichen Versorgung verringert und Kostensteigerungen der Krankenhäuser begrenzt. Den größten Sparbeitrag leistet demnach die Pharmabranche mit einem Volumen von mehr als zwei Milliarden Euro.

Arbeitgeber und Gewerkschafter enttäuscht

Gesundheitspolitiker der Union begrüßten die Pläne. Die Kombination aus Sparen, Anhebung des Beitragssatzes und Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge sei der richtige Weg. Gleichermaßen enttäuscht äußerten sich dagegen Arbeitgeber und Gewerkschaften. Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt sagte bei n-tv, die Anhebung des Arbeitgeberbeitrages um 0,3 Punkte widerspreche nicht nur dem Koalitionsvertrag, sondern auch den jüngsten Zusagen der Koalitionsparteien, die Arbeitskosten nicht weiter zu erhöhen. Eine Anhebung des Beitragssatzes für Arbeitgeber von 7,0 auf 7,3 Prozent verteuere vielmehr die Arbeitskosten um mehr als 2 Milliarden Euro und gefährde die Fortsetzung der derzeitigen wirtschaftlichen Erholung.

Die Gewerkschaft IG BCE sprach von einer "enttäuschenden Augenblickspolitik". Ihr Vorsitzender Michael Vassiliadis erklärte, die Koalition beschränke sich auf "perspektivlose Kostendämpfung und eine hilflose Erhöhung der Beiträge". SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann sprach von einer "blamablen Bankrotterklärung" der Koalition.

Steinmeier: Rösler ist gescheitert

Die SPD forderte Rösler umgehend zum Rücktritt auf. Der FDP-Politiker habe selbst erklärt, bei einem Scheitern der Gesundheitsreform wolle ihn niemand mehr als Minister haben, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Dieser Fall sei jetzt eingetreten, fügte der Oppositionsführer hinzu.

Als "Gescheiterter" füge sich Rösler fast willenlos "in die Regierungsunfähigkeit" der Koalition. Die Vereinbarungen von Union und FDP zur Finanzierung des Krankenkassendefizits nannte Steinmeier einen "Offenbarungseid". Das Ergebnis seien höhere Beiträge und Zusatzprämien für die Versicherten. "Das ist unsozial und wird besonders die unteren und mittleren Einkommen treffen", zeigte er sich überzeugt. Auch die Versuche der Koalition, bei den Arzneimitteln zu sparen, seien halbherzig und unausgegoren geblieben.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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