Debatte um Anti-Terror-Gesetze Innenminister kritisieren FDP
22.06.2011, 01:33 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Terrorbekämpfung steht im Mittelpunkt der Innenministerkonferenz in Frankfurt. In Sachen Anti-Terrorgesetze und Vorratsdatenspeicherung scheinen sich CDU und SPD einig: Die FDP müsse raus "aus ihrer Schmollecke". Nur die Grünen können die Bedenken der Liberalen offenbar nachvollziehen.

Hessens Innenminister Boris Rhein eine "Schutzlücke".
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Die Innenminister der Länder drängen die im Bund mitregierende FDP, bei den Dauerstreitthemen der inneren Sicherheit einzulenken. Auf der Innenministerkonferenz in Frankfurt am Main forderten sie einhellig eine schnelle Einigung der Koalition über die Vorratsdatenspeicherung und die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze - und ließen dabei besonders Kritik an der Haltung der Liberalen anklingen. Dies machten die Ressortchefs von Nordrhein-Westfalen und Hessen, Ralf Jäger (SPD) und Boris Rhein (CDU), deutlich.
Jäger ging nicht auf Details ein, erklärte aber mit Blick auf die Verlängerung der auslaufenden Anti-Terror-Gesetze: "Einiges ist überflüssig, aber manches ist wichtig." Es brauche jetzt eine schnelle Einigung zwischen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). "Das ist jetzt Aufgabe der Bundeskanzlerin, die hat die Richtlinienkompetenz und muss ein Machtwort sprechen."
Bei den Anti-Terror-Gesetzen brauche der Verfassungsschutz "bestimmte Analyseverfahren". Jäger betonte aber auch, wo es Einschnitte in Bürgerrechte über Gebühr gebe, "müssen Dinge auch wegfallen". Jägers Fazit war jedoch eindeutig: "Ich rate der FDP dringend aus ihrer Schmollecke herauszukommen und sich zu bewegen."
Streitpunkt Vorratsdatenspeicherung
Leutheusser-Schnarrenberger lehnt eine pauschale Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze ab. Sie ist auch gegen die von der Union geforderte anlasslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten, die Sicherheitsbehörden unter bestimmten Bedingungen dann abrufen könnten. Leutheusser will eine Speicherung erst bei konkretem Verdacht erlauben.
Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz und der FDP-Rechtspolitiker Christian Ahrendt erinnerten daran, dass die deutsche Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wurde. "Statt der anlasslosen Speicherung jedes Telefonats, jeder SMS und jeder E-Mail von Millionen völlig unverdächtiger Bürgerinnen und Bürger braucht die Polizei ein zielgenaues Instrument, um Verdächtige schwerer Straftaten zu verfolgen", erklärten die beiden Liberalen in Berlin. Auch bei den Anti-Terror-Gesetzen müssten die Innenminister "ihre Blockade aufgeben und sich endlich sachlich mit jeder einzelnen Norm auseinandersetzen".
Rhein und Jäger für Verlängerung
Hessens Innenminister Rhein erklärte nach dem Kamingespräch, dem am Mittwoch noch die offiziellen Verhandlungen folgen hingegen: "Es gibt eine Schutzlücke, wenn wir die Mindestspeicherfrist nicht wieder so einführen, wie wir sie gehabt haben."

Sieht die Kanzlerin gefordert: Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger.
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Rhein erklärte, die Daten würden nicht nur zur Bekämpfung des Terrorismus, sondern auch zur Verfolgung schwerster Verbrechen wie Kinderpornografie dringend benötigt. Nur so könne man an die Leute im Hintergrund und Drahtzieher herankommen. Rhein fügte außerdem hinzu: "Die Terrorbekämpfungsgesetze haben sich bewährt und haben eine grundrechtliche Eingriffsschwelle." Mit ihrer Hilfe seien viele Straftaten und Anschläge verhindert worden.
Für die Vorratsdatenspeicherung hat Nordrhein-Westfalen laut Jäger vorgeschlagen, alle Telekommunikations- und Internetdaten wieder sechs Monate lang zu speichern. Sie sollen aber nur unter strengen Auflagen abgerufen werden. Ähnlich hat sich der andere SPD-Innenminister, Reinhold Gall aus Baden-Württemberg, geäußert.
Grüne widersprechen der SPD
Dafür erntete Gall allerdings umgehend Kritik vom grünen Koalitionspartner. Auch die Bundes-Grünen wandten sich gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. "Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass durch
die anlasslose Speicherung von Telekommunikationsdaten nennenswerte Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung oder der Terrorismusabwehr erzielt werden können", erklärten Grünen-Chefin Claudia Roth und Vorstandsmitglied Malte Spitz.
Darauf wies auch der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hin. Zugleich kritisierte er, dass sich die Länder zwar für die Vorratsdatenspeicherung einsetzten, aber nicht bereit seien, deren Kosten zu tragen.
Diskussionsbedarf unter den Innenministern gibt es noch beim Vorgehen gegen die radikale Moslemgruppierung der Salafisten und in der Debatte um ein generelles Alkoholverbot in den Fußballstadien.
Quelle: ntv.de, dpa