Gespräch vertagt Noch keine Fiskalpakt-Lösung
13.06.2012, 15:15 Uhr
Gabriel, Steinmeier: Die Kanzlerin braucht ausnahmsweise die Konkurrenz.
(Foto: dpa)
Die Beratungen von Regierung und Opposition über den europäischen Fiskalpakt gehen erneut ohne konkretes Ergebnis, aber offenbar mit einer leichten Annäherung zu Ende. Noch sind aber wesentliche Fragen offen. Die Kanzlerin aber ist in Zeitnot – und braucht die Opposition.
Bundesregierung und Opposition haben sich auch in einem Spitzengespräch bei Kanzlerin Angela Merkel nicht auf eine Unterstützung von SPD und Grünen für den geplanten Fiskalpakt einigen können. Ein neues Treffen wird am 21. Juni stattfinden, dann ganztägig. In Kürze will Merkel mit der Opposition abklären, wie ein Zeitplan für eine Verabschiedung im Bundestag aussehen könne. Die Abstimmung, so heißt es, könne bereits am 28. Juni stattfinden, sicher ist das aber noch nicht. Zudem wird es erneut ein Treffen von Kanzleramtschef Ronald Pofalla mit den Parteienvertretern geben, um vor dem 21. Juni nochmal Kompromissmöglichkeiten auszuloten.
Das Treffen am 21. Juni werde den ganzen Tag dauern, sagte CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder. "Wir haben uns auf viele Fragen schon verständigen können", einige Punkte seien noch offen", sagte Kauder. Die Opposition äußerte sich dagegen wesentlich zurückhaltender. "Es gab Annäherungen in den Überschriften", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Es hänge von den weiteren Verhandlungen ab, ob man daraus Vereinbarungen machen könne. "Das Europa der Austerität geht zu Ende, die Koalition ist zurückgekehrt zu Vereinbarung über die Transaktionssteuer", betonte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin.
Die Partei- und Fraktionschefs hatten mit Merkel mehr als zwei Stunden lang über die Bedingungen beraten, unter denen die Opposition der Ratifizierung des Fiskalpakts zustimmen könnte, der für mehr Haushaltsdisziplin in der EU sorgen soll. SPD und Grüne pochen auf ein Bekenntnis der Regierung zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer mit anderen EU-Ländern und eine Wachstumsstrategie zur Ergänzung des Fiskalvertrages. Der Fiskalpakt muss Bundestag und Bundesrat jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit passieren.
EU macht Druck
Zwei Wochen vor dem EU-Gipfel in Brüssel forderte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Regierungen zu klaren Schritten in Richtung Fiskal- und Bankenunion auf. Europa brauche eine Vision und einen klaren Weg, wie man dahin gelangen könne, sagte Barroso. "Dies ist ein entscheidender Augenblick". Kritische Worte richtete er indirekt an Berlin, das diverse Vorschläge zur Integration zurückhaltend beurteilt. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Dringlichkeit dieser Frage in allen Hauptstädten so wahrgenommen wird", sagte Barroso.
Wie dringend durchgreifende Fortschritte im Kampf sind, zeigt die Entwicklung in Italien, das nach Spanien zunehmend als nächster Krisenkandidat in den Fokus der Finanzmärkte gerät. Selbst kurzfristig Geld zu leihen, wird für Italien immer teurer. Bei einer Auktion von Geldmarktpapieren mit einer Laufzeit von zwölf Monaten verlangten Investoren am Mittwoch Zinsen in Höhe von 3,97 Prozent. Bei der letzten vergleichbaren Versteigerung am 11. Mai waren es noch 2,34 Prozent. Während Anleger und Euro-Retter vor den Neuwahlen in Griechenland am Wochenende zittern, droht die drittgrößte Volkswirtschaft im Währungsraum in der Rezession zu versinken.
Das Land selbst wehrt sich indes mit Händen und Füßen gegen das Image als Krisenkandidat: Ministerpräsident Mario Monti sagte, das Land habe zwar hohe Staatsschulden, aber inzwischen eine viel solidere Haushaltspolitik. "Der Staatshaushalt wird dieses Jahr mit einer nur geringen Neuverschuldung abgeschlossen, mit zwei Prozent." Und im kommenden Jahr werde es einen Überschuss geben. "Ich verstehe, dass man Italien durch seine Vergangenheit als lustiges, undiszipliniertes Land begreifen kann", räumte Monti ein. "Aber momentan ist Italien disziplinierter als viele andere europäische Länder - und es ist auch nicht besonders lustig. Aber es unternimmt die richtigen Dinge, um ein solides Land zu werden."
Quelle: ntv.de, jmü/rts/dpa/AFP