Petraeus wird Nachfolger Obama entlässt McChrystal
23.06.2010, 18:09 Uhr
McChrystal verlässt das Weiße Haus durch den Dienstboteneingang.
(Foto: AP)
Eine halbe Stunde spricht Afghanistan-Kommandeur McChrystal mit Präsident Obama. Danach ist der General wegen seiner abschätzigen Bemerkungen über die US-Militärstrategie seinen Job los.
US-Präsident Barack Obama hat den Afghanistan-Kommandeur Stanley McChrystal wegen eines kritischen Interviews des Amtes enthoben. Zuvor hatten Obama und McChrystal im Weißen Haus in Washington ein halbstündiges Vier-Augen-Gespräch geführt. Der General stieg nach dem Gespräch wortlos in einen dunklen Wagen, der davon fuhr. Die anschließende Sitzung des Sicherheitsteams fand bereits ohne ihn statt. Zuvor hatte der General mit US-Verteidigungsminister Robert Gates und Generalstabschef Mike Mullen im Pentagon beraten.
Der Präsident sagte, seine Entscheidung, sich von McChrystal zu trennen, habe nichts mit persönlichem Beleidigtsein zu tun. Es sei die "richtige Entscheidung für die nationale Sicherheit". McChrystals Verhalten habe nicht den "militärischen Standards eines kommandierenden Generals" entsprochen.

Obama mit dem neuen Mann für Afghanistan, General Petraeus.
(Foto: REUTERS)
Der Posten soll nun von General David Petraeus übernommen werden, der gegenwärtig Chef des übergeordneten Central Commands der USA ist. Seine Bestätigung durch den Senat gilt als sicher. Bis Petreaus übernimmt, wird der britische Generalleutnant Nick Parker das Kommando am Hindukusch haben. Darauf verständigten sich der britische Premierminister David Cameron und Obama.
Rücktrittsangebot in der Tasche
McChrystal betonte nach seinem Rauswurf, er unterstütze die Strategie Obamas in Afghanistan nachhaltig. Er fühle sich den Koalitionstruppen, den Partnerstaaten und dem afghanischen Volk zutiefst verpflichtet. Aus Respekt vor dieser Verpflichtung habe er seinen Rücktritt eingereicht, den der Präsident angenommen habe.

Obama ließ seinem Afghanistan-Kommandeur derartige Bemerkungen nicht ungestraft durchgehen.
(Foto: dpa)
Obama hatte McChrystals Schicksal nach dessen abfälligen Interview-Äußerungen über Regierungsmitglieder zunächst offen gelassen. Er werde erst direkt mit ihm sprechen, bevor er über die Zukunft seines Top-Kommandeurs im Afghanistan-Krieg entscheide, sagte Obama. Wie auch immer seine Entscheidung ausfalle, sie werde im besten Interesse seiner Afghanistan-Strategie sein.
McChrystal war in Afghanistan Chef der internationalen Truppe Isaf und damit auch der deutschen Soldaten vor Ort. Er hat im vergangenen Jahr den Strategiewechsel am Hindukusch umgesetzt. Die USA stockten ihre Truppen massiv auf, gingen in die Offensive gegen die radikal-islamischen Taliban und entwickelten gleichzeitig einen Zeitplan für einen Abzug ihrer Kampftruppen.
"Schlechtes Urteilsvermögen"
Der US-Präsident hatte dem hochdekorierten General zuvor ein "schlechtes Urteilsvermögen" bescheinigt. Nach Angaben des Weißen Hauses war Obama "wütend" über die abfällige Kritik McChrystals an seiner Regierung. Die kritischen Äußerungen sind in einem Porträt über McChrystal im "Rolling Stone"-Magazin enthalten, das am Freitag mit einer Maschinenpistolen-bewaffneten Lady Gaga auf dem Titel erscheint. Unter dem Titel "The Runaway General" werden abfällige Zitate, Schilderungen und Gefühle des Generals sowie enger Mitarbeiter über Obama und andere Regierungsmitglieder wiedergegeben.
So schildert ein Mitarbeiter des Generals, dass sein "Boss" enttäuscht von seinem ersten Zweier-Treffen mit Obama im vergangenen Jahr gewesen sei: "Obama wusste ganz klar nichts über ihn (McChrystal)". Der Präsident habe auch nicht sonderlich engagiert gewirkt - das bei der Begegnung "mit dem Mann, der seinen Sch...krieg leiten wird". Schon bei einem ersten Treffen mit führenden Offizieren fand der General den Schilderungen zufolge, dass Obama "eingeschüchtert" wirkte, sich nicht "wohl in seiner Haut" fühlte.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP