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IT-Technik nicht gehackt Pistorius: Taurus-Abhöraktion durch Anwendungsfehler ermöglicht

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Russland hat mit der belauschten Taurus-Besprechung von Bundeswehr-Offizieren nach Auffassung des Verteidigungsministeriums "einen Zufallstreffer" gelandet. Einer der Teilnehmer habe die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten. Persönliche Konsequenzen stehen laut Minister Pistorius "derzeit nicht auf der Agenda".

Im Fall der von Russland mitgeschnittenen Besprechung von Bundeswehr-Offizieren schließt Verteidigungsminister Pistorius aus, dass die verwendete IT-Technik gehackt wurde. Grund für den Mitschnitt sei vielmehr ein "individueller Anwendungsfehler" gewesen, sagte der SPD-Minister bei der Bekanntgabe von Zwischenergebnissen der internen Untersuchung. So habe sich ein Teilnehmer nicht an das vorgeschriebene sichere Einwahlverfahren gehalten. Konkret gehe es um den Beteiligten, der aus Singapur teilgenommen hatte, "er war über eine nicht-autorisierte Verbindung, damit quasi eine offene Verbindung dazugeschaltet". Ausdrücklich betonte Pistorius, dass entgegen anderslautender Spekulationen "keine unbefugte Person" an der Telefonkonferenz teilgenommen habe.

Fazit der bisherigen Überprüfungen sei, "unsere zertifizierten Kommunikationsmittel sind bei korrekter Anwendung aller Vorgaben grundsätzlich sicher, daran besteht kein Zweifel", sagte Pistorius weiter. In Singapur hatte der Bundeswehr-Angehörige an der Luftfahrt-Messe teilgenommen. Die Veranstaltung sei natürlich ein "gefundenes Fressen" für Teilnehmer aus Russland, in den Hotels fänden flächendeckend gezielte Abhöraktionen statt. Anhand der bisherigen Ermittlungsergebnisse gehe das Verteidigungsministerium davon aus, dass der Mitschnitt ein "Zufallstreffer bei einer breit gestreuten Abhöraktion der Russen" sei.

Im weiteren Verlauf werden Pistorius zufolge nun alle Geräte forensisch untersucht. Zudem werde juriistisch geprüft, ob in der Schalte Themen besprochen wurden, "die auch bei vorschriftsmäßiger Verwendung von Webex nicht über Webex hätten erörtert werden dürfen".

"Werde niemanden meiner besten Offziere Putins Spielen opfern"

Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sei weiter offen und hänge von den weiteren Untersuchungsergebnissen ab. "Ich habe heute Morgen disziplinarische Vorermittlungen gegen die Beteiligten dieser Schaltkonferenz unterschrieben", das sei ein normaler Vorgang, um sowohl belastende als auch entlastende Aspekte zusammenzutragen. "Persönliche Konsequenzen stehen derzeit nicht auf der Agenda", so Pistorius. Wenn bei den Untersuchungen nichts "Schlimmeres" herauskomme, als bisher der Fall, "werde ich niemanden meiner besten Offiziere Putins Spielen opfern".

Weiter sagte Pistorius, dass er am Vortag mit "Partnern in anderen Ländern telefoniert" habe. Das Vertrauen in Deutschland als NATO-Partner sei nicht beschädigt, dafür gebe es gar keine Anzeichen, "weil alle wissen, jedem kann so etwas passieren". Er habe "keinerlei Verärgerung" von seinen Kollegen wahrgenommen. Deutschland werde sich "durch den hybriden Angriff aus Russland nicht aufscheuchen lassen". Es würden Konsequenzen gezogen - aber mit Besonnenheit.

Zu den Inhalten der Schalte, etwa den Möglichkeiten, mit dem Marschflugkörper Taurus die Kertschbrücke zwischen der russisch besetzten Halbinsel Krim und dem Festland anzugreifen, sagte der Minister, die "Kertsch-Brücke und vieles andere ist seit Monaten in der Diskussion, daran erkenne ich jetzt von außen keine Geheimhaltungsrelevanz". Es werde jedoch juristisch zu prüfen sein.

Pistorius: "sehr ärgerlich über diese Geschichte"

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Nach dem Lauschangriff arbeitet das BMVg laut dem Minister an der laufenden Überprüfung und Härtung der IT-Systeme und sensibilisiert weiter welche eingestuften Informationen über welche Kommunikationswege erörtert werden dürfen. Die Breite der Angriffe auf Kommunikationssysteme nehme massiv zu, nicht nur in Deutschland, "und dafür muss man sich aufstellen", so Pistorius. Er sei "sehr ärgerlich über diese Geschichte, vor allem, weil wir uns jetzt seit drei Tagen nur mit diesem Thema beschäftigen".

Zu den Zielen des Spionageangriffs aus dem Kreml sagte Pistorius, das sei "ein perfides Spiel, das Putin hier spielt, und dem dürfen wir nicht auf den Leim gehen". Putin setze seit mindestens mehreren Wochen die Agenda über das, worüber wir in Deutschland diskutieren. Die Taurus-Debatte sei im Augenblick nicht seine vordringlichste Baustelle, er werde nicht den Weg gehen, "da jetzt etwas auszuschließen oder zu tun". Das wäre ansonsten "das berühmte Stöckchen", über das man jetzt springen würde. "Dazu habe ich keine Lust."

Quelle: ntv.de, jwu, fni

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