Politik

Anti-Islam-Video SPD und Grüne gegen Verbot

Mohammed (rechts) wird in dem Film "Unschuld der Muslime" als verrückt dargestellt.

Mohammed (rechts) wird in dem Film "Unschuld der Muslime" als verrückt dargestellt.

(Foto: screenshot/youtube)

Die Bundesregierung will verhindern, dass Rechtspopulisten mit dem islamfeindlichen Film über den Propheten Mohammed in Deutschland Krawalle provozieren. Fraglich ist, ob ein Verbot überhaupt möglich ist. Darüber gehen die Meinungen auseinander.

In der deutschen Politik ist ein heftiger Streit darüber entbrannt, ob die Weiterverbreitung und Aufführung des Schmähvideos über den Propheten Mohammed verboten werden soll. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach plädierte für ein Verbot und warf der rechtspopulistischen Splitterpartei "Pro Deutschland", die den Film im Internet verbreitet und in Berlin öffentlich zeigen will, geistige Brandstiftung vor.

"Wir haben es hier nicht mit einer Rechtslücke zu tun, denn sowohl die Meinungsfreiheit als auch die Kunstfreiheit gelten nicht schrankenlos", sagte Bosbach im Bayerischen Rundfunk. Das Video habe eine völlig andere Qualität als die Mohammed-Karikaturen, die sich kritisch mit religiösem Fanatismus auseinandergesetzt hätten. "In dem Film ... geht es um gezielte Provokation in der Hoffnung, dass es dann zu Unruhen kommt."

Film zwar "dämlich, aber nicht strafbar"

Das Schmähvideo hat eine Welle der Gewalt gegen westliche Einrichtungen in islamischen Staaten ausgelöst. Am Freitag brannte ein wütender Mob die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum nieder. Auch US-Botschaften wurden angegriffen. Deutschland und die USA zogen daraufhin einen Teil ihrer Mitarbeiter aus dem Land ab und verstärkten die Sicherheitsvorkehrungen andernorts.

Trotz der massiven Ausschreitungen lehnte die SPD ein Verbot des Mohammed-Films ab. Er teile zwar die Sicherheitsbedenken und Straftatbestände sollten geprüft werden, sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Ein Verbot könne aber nur das letzte Mittel sein. "Eine bloße außenpolitische Rücksichtnahme reicht nicht aus, die Grundrechte zu beeinträchtigen", sagte er der "taz". Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Becker sieht keine Grundlage für ein Verbot. "Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Film eine geschmacklose Dämlichkeit, aber kein strafbarer Inhalt", sagte er der gleichen Zeitung.

Auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann warnte vor einem Eingriff in die Grundrechte. Der Staat dürfe niemals auf Extremisten reagieren, indem er Grundrechte wie die Meinungs- oder Religionsfreiheit antaste. "Das ist ja genau das, was die Extremisten wollen", sagte der CDU-Politiker dem NDR. "Insofern sehe ich da keine Notwendigkeit, Gesetze zu ändern - das wäre absolut falsch". Dennoch lasse sich die Ausstrahlung des Schmähfilms in Deutschland stoppen. "Wenn so etwas öffentlich gezeigt wird und davon Gefahren ausgehen, dann haben wir im Polizeirecht die Möglichkeit, das zu verhindern", sagte Schünemann. "Aber das geht dann auf der Grundlage von Gefahrenabwehr."

"Störung des öffentlichen Friedens" verhindern

Zurückhaltender äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei zu einem Ausstrahlungsverbot. "Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist möglicherweise ein Verfahren nach Paragraf 166 Strafgesetzbuch einzuleiten, nämlich Störung des öffentlichen Friedens", sagte ihr Vorsitzender Bernhard Witthaut dem rbb. "Wir haben in Deutschland ein sehr hohes Recht auf freie Meinungsäußerung". Gerade bei religiösen Themen lasse sich ein Ausstrahlungsverbot umso schwieriger erwirken. Diese Provokation sei von Pro Deutschland sicherlich bewusst in Richtung Berlin geschoben worden, weil man dadurch das größtmögliche Maß an Aufmerksamkeit erregen könne.

Friedrich will den Film stoppen

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich setzt sich entschieden gegen eine Aufführung des anti-islamischen Schmähvideos und für mehr Respekt gegenüber Religionen ein. "Gefragt ist jetzt die Klugheit aller, sich nicht provozieren zu lassen", sagte der CSU-Politiker der "Bild"-Zeitung. "Der Film reiht sich ein in eine ganze Serie von Geschmacklosigkeiten und Missachtungen von religiösen Gefühlen. Ich fordere daher mehr Respekt für die religiösen Gefühle von Menschen, seien es Christen, Juden oder Muslime."

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, gab Friedrich recht, wenn dieser mehr Respekt für die religiösen Gefühle von Menschen einfordere. Bei n-tv gab Wendt allerdings zu bedenken, dass "solche Fragen immer als Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht enden würden, das sich dann meist auf die Meinungs- und Kunstfreiheit" berufe. Er warnte aber vor den Folgen, sollte Pro Deutschland seine Ankündigung wahr machen, den Anti-Islamfilm in Deutschland zu zeigen. "Das kann gefährlich werden." Auch in Deutschland gebe es ausgesprochen aggressive Islamisten. Man müsse damit rechnen, dass ein kleiner Funke genüge und "es explodiert gleich an verschiedenen Stellen". Ausdrücklich lobte Wendt die Arbeit der muslimischen Gemeinden, die die deutsche Haltung zu dem Konflikt verstanden hätten und dies auch intensiv mit ihren Mitgliedern erörtern würden.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland lobte seinerseits die entschiedene Reaktion der Politik. "Die Bundesregierung hat das Video klar verurteilt. Das begrüßen wir", sagte Verbandschef Aiman Mazyek den "Ruhrnachrichten". Die Politik zeige, dass sie die Situation verstanden habe.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Mäßigung und forderte ein klares Zeichen der Bevölkerung. "Diejenigen, die den Glauben anderer derart herabwürdigen, provozieren unter Berufung auf die Meinungsfreiheit ganz bewusst", sagte die stellvertretende FDP-Vorsitzende der "Passauer Neuen Presse". Zu einem respektvollen Miteinander in Frieden und Freiheit gehöre, "dass sich die breite Mehrheit der Gesellschaft entschieden gegen die wenigen Provokateure stellt".

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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