Ringen um Ökostrom-Rabatte Seehofer läutet die Alarmglocke
03.04.2014, 05:25 Uhr
Solar- und Windkraftanlagen im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog (Schleswig-Holstein).
(Foto: dpa)
Das Beharren der Brüsseler Kommission auf einer Kürzung der Industrie-Rabatte beim Ökostrom treibt Horst Seehofer um. Der bayerische Ministerpräsident sieht Hunderttausende Jobs gefährdet. Bedenken äußert er weiter gegen den Netzausbau.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat vor massiven Arbeitsplatzverlusten gewarnt, sollte die EU-Kommission auf einer Kürzung der Industrie-Rabatte beim Ökostrom beharren. "Hier besteht das Risiko, dass zahlreiche Unternehmen aus der Ausgleichsregelung herausfallen. Das wäre aber fatal für Hunderttausende von Arbeitsplätzen, die dadurch gefährdet würden", sagte der CSU-Chef der "Welt". "Das könnte Bayern nicht mitmachen." Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte bei einem Treffen mit EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia am Mittwoch in Brüssel keine Einigung erzielt.
Die Verständigung beim Energiegipfel bezeichnete Seehofer als "politisches Meisterwerk" und als "Sternstunde des Föderalismus". "Wir haben die Explosion bei der Ökostromumlage gestoppt und alle regionalen Interessen ins Gleichgewicht gebracht", sagte er. "Ich lobe den zuständigen Energieminister Gabriel und die Kanzlerin, die das sehr gekonnt gesteuert haben. Das war ein Kunststück, wie es nicht oft vorkommt in der Politik."
Bund und Länder hatten sich weitgehend auf die künftige Ökostrom-Förderung geeinigt. Bei einem Treffen im Berliner Kanzleramt gelang dazu am Dienstagabend der Durchbruch. Danach sollen sowohl die Ausbauziele für Windkraft höher ausfallen und auch Standorte in Binnenländern stärker gefördert werden als anfangs vorgesehen. Bei den Windparks auf hoher See sollen die Fördersätze moderater gesenkt und mehr Anlagen genehmigt werden können. Bayern und Thüringen setzten zudem Verbesserungen für Biogas-Anlagen durch. Neue Strompreissprünge sollen durch Kürzungen und eine Ausbaubegrenzung verhindert werden.
"Kein Fracking in Bayern"
Bedenken äußerte Seehofer gegen den Netzausbau. "Als nächstes schauen wir uns die Trassen an und entscheiden, welche notwendig und welche überflüssig sind", sagte er. "Meine Zweifel an der Süd-Ost-Trasse, die vom Raum Leipzig/Halle nach Bayern führen soll, sind in letzter Zeit eher noch größer geworden."
Zurückhaltend äußerte sich Seehofer zur Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die deutsche Energiepolitik angesichts der Krim-Krise neu zu bewerten. "Auch ohne Krim-Krise muss die Energiepolitik weiterentwickelt werden", sagte er. Alles, was den Energiemix verbreitere, verringere die Abhängigkeit. "Flüssiggas aus den USA und Kanada kann eine Lösung sein. Bisher fehlt uns dafür aber die nötige Infrastruktur."
Eine Schiefergas-Förderung in Deutschland lehnte Seehofer ab: "In Bayern wird es Fracking nicht geben. Es bleibt dabei, was ich der Bevölkerung versprochen habe."
DIHK-Präsident beklagt Mehrkosten
Die deutsche Wirtschaft rechnet durch den Bund-Länder-Kompromiss zum neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit Mehrkosten von mindestens 500 Millionen Euro spätestens ab dem Jahr 2020. Ohne grundlegende Überarbeitung des Fördersystems und eine Integration der erneuerbaren Energien in den Markt liefen die Kosten der Energiewende weiter aus dem Ruder, kritisierte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das geht zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit und wird am Ende auch Arbeitsplätze kosten."
Schwerwiegende Konsequenzen seien vor allem für solche energieintensiven Unternehmen zu erwarten, die künftig keine Entlastungen mehr erhielten. Sie müssten mit einer Verdoppelung ihrer Stromkosten im Jahr 2015 rechnen, sagte Schweitzer weiter. Das gehe zulasten der Wettbewerbsfähigkeit und werde am Ende auch Arbeitsplätze kosten. Die hohen Energiepreise sind nach Schweitzers Worten mittlerweile für zwölf Prozent der Unternehmen ein Grund, im Ausland zu investieren. 2011 seien es nur neun Prozent gewesen.
Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa