Politik

Aufklärungsbemühungen in Erfurt U-Ausschuss lädt Zschäpe vor

Die Zwickauer Terrorzelle stammte aus Jena. Nicht nur im Bundestag, auch im Thüringer Landtag klärt nun ein Untersuchungsausschuss, warum die Neonazis so lange untertauchen und morden konnten. Die ersten Fragen gehen direkt an Beate Zschäpe.

Die Aufarbeitung soll zügig und umfassend geschehen.

Die Aufarbeitung soll zügig und umfassend geschehen.

(Foto: dpa)

Der Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags zur Neonazi-Zelle wird als erste Zeugin die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe vorladen. Das habe das neunköpfige Gremium einstimmig beschlossen, sagte die Vorsitzende Dorothea Marx (SPD) nach der ersten regulären Sitzung. Die derzeit in Untersuchungshaft sitzende Zschäpe solle am 12. März zu den Kontakten von Thüringer Sicherheitsbehörden zur Jenaer Neonazi-Szene und zur Zwickauer Zelle befragt werden.

Wer vor den Landtagsuntersuchungsausschuss geladen wird, muss erscheinen. Andernfalls drohen Sanktionen. Die Aussage darf nur verweigert werden, wenn sich die Zeugen selbst belasten würden. Zschäpe hat bislang zu den Vorwürfen geschwiegen.

Der Untersuchungsausschuss nahm mit der ersten Sitzung offiziell seine Arbeit auf. Das von den fünf Fraktionen getragene Gremium soll mögliche Versäumnisse und Fehler von Thüringer Behörden bei der Suche nach dem Neonazi-Trio aufdecken.

Die stammen aus Jena. Sie konnten - obwohl bereits im Visier der Ermittler - 1998 untertauchen und dann jahrelang unbehelligt mordend durch Deutschland ziehen. Die Umstände, die das ermöglichten, will der Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages klären.

Viel Arbeit

Während der Untersuchungsausschuss des Bundestages versucht, das gesamte Zusammenspiel der Sicherheitsbehörden zu durchleuchten, konzentrieren sich die Parlamentarier in Erfurt auf die Thüringer Behörden. "Vom Umfang und Detailreichtum stellt der Ausschuss alle bisherigen in den Schatten", beschreibt SPD-Fraktionschef Uwe Höhn das Arbeitspensum der neun Mitglieder.

Auf neun Seiten sind 66 Fragen zum "möglichen Fehlverhalten" von Sicherheits- und Justizbehörden und der zuständigen Ministerien aufgelistet. Zum Vergleich: Der Bundestags-Untersuchungsausschuss kommt nur auf drei Seiten. Vor den Thüringer Abgeordneten liegt ein monatelanger Marathon mit der Befragung zahlloser Zeugen und der Sichtung noch unüberschaubarer Aktenberge. "Es ist das Großprojekt dieser Legislatur", ist Grünen-Fraktionschefin Anja Siegesmund überzeugt.

Expertenkommission sichtet Fehler

Thüringen hat, anders als etwa das Nachbarland Sachsen, wo die Zwickauer-Terrorzelle jahrelang unbemerkt lebte, bereits früh Willen zur Aufklärung gezeigt. So setzte Innenminister Jörg Geibert (CDU) bereits Ende vergangenen Jahres eine Expertenkommission ein, die etwaige Pannen und Versäumnisse bei der Fahndung nach dem Trio aufdecken soll.

Die Kommission unter Leitung des früheren Bundesrichters Gerhard Schäfer will bis Ostern ihren Bericht vorlegen. Eines ließ Schäfer bereits durchblicken: Der Informationsfluss zwischen Polizei und Verfassungsschutz bei der Verfolgung der drei Neonazis hat "an der einen oder anderen Stelle entscheidend gehakt". Dabei geht es um die Einstufung wichtiger Observationserkenntnisse als geheim. Die Polizei konnte Informationen, die sie für eine Festnahme des Trios in Jena benötigt hätte, dadurch nicht sofort nutzen.

Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos werden Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin vorgeworfen. Außerdem werden der Gruppe zwei Sprengstoffanschläge in Köln 2001 und 2004 mit insgesamt 23 Verletzten sowie eine Serie von Banküberfällen zur Last gelegt.

Quelle: ntv.de, dpa

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