Politik

Schutzschirm für Iran-Nachbarn USA verteilen Abfangraketen

Mobile THAAD-Abschussrampe: Raketenabwehr ist ein Milliardengeschäft (PR-Foto).

Mobile THAAD-Abschussrampe: Raketenabwehr ist ein Milliardengeschäft (PR-Foto).

(Foto: www.lockheedmartin.com)

Die Drohungen des Iran lösen rund um den Persischen Golf hektische Aktivitäten aus. Mit Blick auf die demonstrativen Raketentests stocken die Nachbarstaaten des Iran ihre Luftverteidigung auf. Abfangraketen aus US-Beständen sind in Städten wie Riad oder Dubai plötzlich sehr willkommen. Auch Washington rüstet auf.

Der Streit rund um das iranische Atomprogramm spitzt sich weiter zu. In den Nachbarstaaten laufen umfangreiche Bemühungen an, die Verteidigungssysteme auf den Fall einer militärischen Eskalation mit Mittelstreckenraketen vorzubereiten. Im Rahmen eines Marinemanövers der iranischen Streitkräfte droht Teheran Blockade der Schifffahrtswege durch die Straße von Hormus. Zudem sollen während der Militärübung auch Raketen mit verschiedenen Reichweiten getestet werden.

Symbole der Macht: zu besonderen Anlässen zeigt Teheran Mittelstreckenraketen wie die "Ghadr" (gelb, l.) oder die "Sejil" (grün).

Symbole der Macht: zu besonderen Anlässen zeigt Teheran Mittelstreckenraketen wie die "Ghadr" (gelb, l.) oder die "Sejil" (grün).

(Foto: REUTERS)

Während der Iran demonstrativ seine bislang gefährlichsten Waffen vorführt, gaben die USA einen Vertrag mit den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Lieferung von Abfangraketen bekannt. Das Milliarden-Abkommen sieht die Lieferung von zwei Werferbatterien mit 96 Raketen sowie Radaranlagen und Ausbildung vor. Einem Bericht des Nachrichtensenders CNN zufolge modernisieren die USA auch die Abfangraketensysteme Kuwaits und Saudi-Arabiens.

Der Iran testet derzeit Raketen mit einer Reichweite von 2000 Kilometern. Iranische Quellen sprechen von "Langstreckenraketen". Internationale Beobachter gehen allerdings davon aus, dass sich dabei um Geschosse mittlerer Reichweite handelt. Sie stützen sich dabei auf Angaben des iranischen Militärs. Technische Details der bei den Test-Ankündigungen genannten Raketentypen sind weitgehend bekannt. Ihre maximale Flugdauer reicht aus, um Stützpunkte und Metropolen in Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Saudi-Arabien oder Kuwait zu bedrohen.

Hightech-Systeme gegen den Iran

Der Wert des über Weihnachten abgeschlossenen Vertrages liegt US-Angaben zufolge bei 3,48 Mrd. Dollar (2,7 Mrd. Euro). Das Abwehrsystem des Typs THAAD wurde für das Abfangen ballistischer Kurz- und Mittelstreckenraketen entwickelt. Sie tragen keinen Sprengsatz, sondern zerstören die angreifende Rakete allein durch die Wucht ihres Aufpralls. Die Abkürzung THAAD steht für "Terminal High Altitude Area Defense" (etwa: "Abschließende Verteidigung in großen Höhen").

Test-Abschuss einer "THAAD"-Abfangrakete im Pazifik (PR-Foto).

Test-Abschuss einer "THAAD"-Abfangrakete im Pazifik (PR-Foto).

(Foto: www.army.mil)

Die THAAD-Raketen werden von Fahrzeugen aus abgefeuert und können dem Hersteller Lockheed Martin zufolge Raketen innerhalb wie außerhalb der Atmosphäre abfangen. Diese Unterscheidung ist nicht unwichtig: Sie deutet darauf hin, dass das System sowohl anfliegende, als auch überfliegende Projektile zerstören kann. Die Emirate könnten demzufolge für Länder wie Saudi-Arabien oder möglicherweise auch Israel als vorgeschobene Abfangbasis dienen und iranische Raketen schon weit vor ihren eigentlichen Zielgebieten abschießen. Die dazu gehörenden Radarsysteme werden vom US-Rüstungskonzern Raytheon geliefert.

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums ist das Raketenabwehrsystem Teil der Pläne von US-Präsident Barack Obama, ein regionales Verteidigungssystem im Mittleren Osten aufzubauen, um damit ein Gegengewicht zum wachsenden Arsenal des Iran an ballistischen Raketen herzustellen.

Exporterfolge für die Rüstungsbranche

Unabhängig von der THAAD-Lieferung in die Vereinigten Arabischen Emirate konnte sich unterdessen der US-Flugzeugbauer Boeing mit seiner Rüstungssparte bei einer Milliarden-Ausschreibung des Pentagon gegen den Konkurrenten Lockheed Martin durchsetzen. Nach Angaben aus US-Regierungskreisen handelt es sich dabei um einem 3,48 Mrd. Dollar (2,68 Milliarden Euro) schweren Großauftrag aus dem Pentagon zum Aufbau einer neuartigen Raketenabwehr.

Während des Vertrags mit sieben Jahren Laufzeit solle Boeing das System zur Abwehr möglicher Angriffe mit ballistischen Interkontinentalraketen testen, konstruieren und herstellen, teilte die US-Behörde für Raketenabwehr mit. Das Partnerunternehmen Northrop Grumman solle dabei für das Bodensystem und andere Bereiche des Programms zuständig sein, teilte Boeing mit. Aus der Distanz betrachtet liegt die Sache auf der Hand: Während US-Unternehmen vorhandene Abfangtechnik an US-Verbündeten in der instabilen Golfregion ausliefern, lässt sich das Pentagon bereits ein eigenes, neues Abwehrsystem konstruieren. Offenbar reicht THAAD nicht aus, um auch echte Interkontinentalraketen - deren Besitz neben dem Iran auch Nordkorea anstrebt - verlässlich abzuwehren.

Nach iranischen Drohungen mit der Schließung der Meerenge von Hormus für den Ölhandel waren die Spannungen am Persischen Golf zuletzt stark angestiegen. Die USA wollen den Handelsweg notfalls militärisch offenhalten. Noch gehen Analysten davon aus, dass es sich auf beiden Seiten handelt. Die auffälligen Aufrüstungsbemühungen deuten jedoch darauf hin, dass Militärstrategen in den umliegenden Staaten das Risiko einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit dem Iran mittlerweile höher einstufen.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass Teheran mit seinem nuklearen Aufrüstungsprogramm bereits im kommenden Jahr ans gelangen könnte.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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