Guttenbergs Gesetz-Kanzlei Union startet Gegenangriff
13.08.2009, 07:51 UhrWirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat sein erstes richtiges Problem. Weil der Shooting-Star der deutschen Politik eine Fremdfirma mit einem Gesetzentwurf zur Rettung von Banken beauftragt hat, hagelt es nicht nur von der Opposition heftige Schelte. Jetzt startet die Union den Gegenangriff.

Nach der scharfen Kritik am Vorgehen von Wirtschaftsminister zu Guttenberg ist eine Debatte über externe Zuarbeit entbrannt.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die CDU hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgeworfen, mit ihrer Kritik an der externen Erarbeitung eines Gesetzes Stimmung gegen Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu machen. Zypries wolle ihm mit fadenscheinigen und unfairen Vorwürfen "eins auswischen", sagte der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dennoch reißt die Kritik an Guttenberg nicht ab.
Im ZDF sagte Kampeter, der Auftrag an die Kanzlei "Linklaters" zur Arbeit an dem Gesetz zur Zwangsverwaltung maroder Banken sei nicht kritikwürdig. "Nicht Linklaters und nicht der Wirtschaftsminister beschließen Gesetze, sondern der Bundestag und Bundesrat. Und wir werden Vorschläge prüfen, von wem auch immer sie kommen."
Zudem habe die gleiche Kanzlei die Bundesjustizministerin bei der Reform des Aktienrechts beraten, sagte Kampeter. Das Justizministerium widersprach dieser Darstellung. Es sei lediglich 2003 einem jungen Anwalt der Kanzlei die Gelegenheit gegeben worden, im Rahmen eines Praktikums die Tätigkeit des Ministeriums kennenzulernen, sagte ein Sprecher. Dies sei aber nicht vergütet worden. Das Justizministerium "schreibt seine Gesetze selbst", hob der Sprecher hervor.
Mehr als ein "Geschmäckle"
Experten kritisierten die Praxis des Wirtschaftsministeriums. Im Gespräch mit n-tv.de warnte der Politik- und Verwaltungswissenschaftler Joachim Jens Hesse vor den Gefahren der externen Beteiligung an der Gesetzgebung und forderte mehr Transparenz von den Ministerien. Bei Großkanzleien könne man Doppelloyalitäten nie ausschließen, so Hesse. "Von daher hat diese Form der Auslagerung oder besser Einwerbung ministerieller Kompetenz nicht nur ein 'Geschmäckle', sondern ist prinzipiell zu überprüfen und bedarf besonderer Rechtfertigung", mahnte der Experte.
Ähnlich äußerte sich der Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden. "Das ist eine besorgniserregende Entwicklung", sagte der Verbandsvorsitzende Hans-Ulrich Benra der "Berliner Zeitung": "Wenn Gesetzesentwürfe in Kanzleien angefertigt werden, ist nicht ausgeschlossen, dass diese ihre eigenen Interessen vertreten und nicht die öffentlichen", kritisierte er. Benra führt die Einschaltung externer Berater auf den Stellenabbau in den obersten Bundesbehörden zurück.
"Gesetzgeber wird zum Gesetznehmer"
Der Parteienforscher Hans Herbert von Arnim warf den Ministerien vor, Aufträge immer häufiger an externe Berater zu vergeben. "Es besteht die Gefahr, dass der Gesetzgeber immer mehr zum Gesetznehmer wird", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Ministerien übernähmen das Ergebnis der beauftragten Experten "manchmal bis hin zu den Formulierungen".
Der SPD-Abgeordnete Peter Friedrich forderte Konsequenzen für die Ausarbeitung von Gesetzen. Unter diesen solle künftig stehen, wer an seiner Erstellung mitgewirkt habe und wer bei seiner Erstellung angehört wurde, schlug Friedrich im Konstanzer "Südkurier" vor.
Rüge vom Bundesrechnungshof
Der Bundesrechnungshof rügte den Umgang der Regierung mit der externen Beratung in einer Untersuchung, wie der Berliner "Tagesspiegel" berichtete. In einem Bericht für den Haushaltsausschuss des Bundestags bemängelten die Prüfer, dass es nach wie vor kein einheitliches Berichts- und Kontrollverfahren in den Ministerien gebe. Außerdem würden Beraterverträge zum Teil nicht ausgeschrieben. Zudem sei nicht sichergestellt, dass Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit von Beratungsleistungen ausreichend geprüft werden.
"Helfer haben Krise selbst verursacht"
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac warf der Regierung vor, die Verursacher der Finanzkrise mit der Formulierung von Gesetzesentwürfen zur Bankenrettung zu beauftragen. Die aktuelle Debatte um Guttenberg greife zu kurz. "Der wahre Skandal ist, dass die Bundesregierung sich weiterhin von so genannten Beratern helfen lässt, die selbst die Krise verursacht haben", erklärte Attac-Mitglied Werner Rügemer.
Die Linke kritisierte, dass die Regierung das wahre Ausmaß des Outsourcings der Gesetzesarbeit beschönige. So weigere sich die Regierung, die Honorare für Top-Anwälte zu nennen, die dem Finanzministerium bei den Bankenrettungsgesetzen geholfen hatten, erklärte der Vize-Fraktionschef der Linken, Wolfgang Neskovic.
Anwälte riechen nichts
Für die Anwälte allerdings ist deren Beratuertätigkeit "nicht anrüchig". Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Wolfgang Ewer, sagte in einem dpa-Gespräch: "Die Vorstellung, dass hier durch außenstehende Berater der Inhalt von Gesetzen ferngesteuert und manipuliert werden würde, entbehrt schon durch den Ablauf der Gesetzgebung jeder Grundlage." Dass andere Interessen unbemerkt hinter dem Rücken des Gesetzgebers maßgeblich würden für den Inhalt von Gesetzen, "halte ich für nahezu ausgeschlossen".
Quelle: ntv.de, hvo/AFP