"Selbstmord für die Eurozone" Venizelos warnt vor Austritt
26.07.2012, 20:07 UhrDer griechische Sozialistenchef Venizelos warnt mit starken Worten vor einem Ausscheiden Griechenlands aus der europäischen Währungsunion. Derweil ringt die Regierung um neue Milliardenkürzungen, um eine Staatspleite zu verhindern. EU-Kommissionschef Barroso fordert, dass Athen den Ankündigungen Taten folgen lässt.
Ein möglicher Austritt Griechenlands aus der Eurozone hätte nach Ansicht von Sozialisten-Chef Evangelos Venizelos ein Ende des gemeinsamen Währungsraums zur Folge. Sein Land dürfe von den anderen Eurostaaten nicht geopfert werden. Diejenigen, die dafür plädierten, irrten sich. Solch ein Opfer "wäre Selbstmord für die Eurozone", sagte Venizelos. "Unsere Partner müssen uns helfen, indem sie die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in Griechenland verstehen."
Venizelos reagierte damit auf Äußerungen vor allem deutscher Politiker, Griechenland sollte die Eurozone verlassen. Venizelos' Sozialisten sind Teil der Koalitionsregierung mit den Konservativen und der Demokratischen Linken in Griechenland.
Samaras trifft Barroso
Regierungschef Antonis Samaras empfing derweil EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zu dessen erstem Besuch in Griechenland seit drei Jahren. Nach dem Treffen sagte Barroso, das Land könne auf die Hilfe der Partner in der EU zählen. Allerdings müsse Athen seine Verpflichtungen gegenüber den Geldgebern erfüllen.
"Wir sitzen alle im gleichen Boot", sagte Barroso. Viele Griechen glaubten, jede Hoffnung sei verloren. Das stimme nicht. Richtig sei vielmehr, "die Reformen durchzuführen, um eine Zukunft zu haben", so der Kommissionspräsident. Die Griechen seien nicht allein. Der Verbleib des Landes in der Eurozone sei der einzige Weg den Schwächeren zu helfen, fügte er hinzu.
Samaras versicherte Barroso, seine Regierung werde konsequent Reformen und Privatisierungen umsetzen und den Staat verschlanken. Er bat Barroso sich dafür einzusetzen, dass einige andere Europäer damit aufhörten, die Reformbemühungen zu untergraben, indem sie erklärten, Griechenland werde es nicht schaffen.
Barroso betonte seinerseits, die anderen Europäer würden die Griechen nicht im Stich lassen. Er begrüßte die Bereitschaft Athens, die Reformen in die Tat umzusetzen. "Verzögerungen darf es nicht mehr geben", mahnte er. Griechenland sei und werde weiter Teil Europas bleiben.
Regierung ringt um Sparpaket
Die griechische Regierung ringt um neue Milliardenkürzungen, um eine Staatspleite zu verhindern. Wie aus Kreisen des Finanzministeriums am Donnerstag verlautete, sind in den kommenden zwei Jahren Einsparungen von weiteren 11,7 Mrd. Euro vorgesehen. Allerdings gibt es in der Koalition von Ministerpräsident Samaras offensichtlich noch Gesprächsbedarf. So sagte Venizelos, die Gespräche würden am Montag fortgesetzt. Die Regierung versucht die internationalen Gläubiger davon zu überzeugen, weiter Kredite zu erhalten und für die Erfüllung von Spar- und Reformauflagen mehr Zeit zu bekommen.
Wie aus den Ministeriumskreisen weiter verlautete, sind Kürzungen von 5 Mrd. Euro im Bereich des Arbeitsministeriums - etwa bei Renten und Sozialleistungen - vorgesehen. Größere Einschnitte solle es auch im Gesundheitsbereich geben. Unklar war zunächst, über welche Eckpunkte es bereits Einigkeit gibt.
Die geplanten Kürzungen sind für Regierungschef Samaras ein schwieriger Schritt: Er gewann die Parlamentswahl mit dem Versprechen, die Bedingungen für das internationale Rettungspaket neu auszuhandeln. Bei den Reformen trifft die Regierung auf Widerstand in den eigenen Reihen sowie bei Gewerkschaften, in der Opposition – und bei der Bevölkerung.
Die Sozialisten und die moderaten Linken, die an der konservativen Regierung von Samaras beteiligt sind, betonten, dass Griechenland sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinde, aber bei den Sparanstrengungen zugleich schon viele Opfer erbracht habe. Griechenland steckt in einer schweren Rezession und verzeichnet eine hohe Arbeitslosigkeit.
Seit Anfang der Woche prüft eine Expertenmission aus Internationalem Währungsfonds, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank, ob Griechenland seinen Sparpflichten nachkommt. Diese muss Athen im Gegenzug zu Milliardenkrediten erfüllen. Die sogenannte Troika will dazu einen Bericht vorlegen. Auf dessen Grundlage wird entschieden, ob das Land eine weitere dringend benötigte Tranche aus dem internationalen Rettungspaket erhält. Sollte das Geld nicht fließen, steht Griechenland vor der Pleite.
Quelle: ntv.de, jga/rst/dpa