Politik

Bayern verstößt gegen Grundrechte Versammlungsgesetz gekippt

Das seit Oktober 2008 geltende bayerische Versammlungsgesetz verstößt in wichtigen Teilen offenbar gegen das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verschärfung des Versammlungsrechts wegen schwerer Bedenken teilweise gekippt. Die Karlsruher Richter setzten Teile des Gesetzes in einer einstweiligen Anordnung außer Kraft.

Die Behörden dürfen damit nicht mehr sofort Bußgelder verhängen, wenn Organisatoren oder Demonstranten gegen Auflagen verstoßen. Dies könnte die Bürger einschüchtern und die Versammlungsfreiheit beeinträchtigen, entschieden die Richter. Die Polizei darf Demonstranten auch nicht uneingeschränkt filmen und fotografieren. Geklagt hatten im vergangenen Sommer neben SPD, Grünen und Gewerkschaften auch die FDP, die inzwischen Koalitionspartner der CSU ist.

CSU muss nachbessern

Die CSU hatte das Gesetz im vergangenen Sommer im Landtag gegen heftigen Widerstand der Opposition durchgepeitscht. Obwohl die Karlsruher Entscheidung vorläufig ist und das eigentliche Urteil noch aussteht, steht jetzt schon fest, dass Innenminister Joachim Herrmann nachbessern muss. Das Bundesverfassungsgericht kritisierte besonders die Bußgeldvorschriften: Damit verbinde sich das "Risiko einer persönlichen Sanktion, die bei den Bürgern zu Einschüchterungseffekten führen und die Inanspruchnahme des Grundrechts der Versammlungsfreiheit beeinträchtigen kann", heißt es.

Die Karlsruher Richter schränkten auch die Aktivitäten der bayerischen Polizei stark ein. Bei jeder Versammlung müsse jeder Teilnehmer damit rechnen, dass seine Teilnahme unabhängig von der Größe und dem Gefahrenpotenzial der Versammlung aufgezeichnet wird, rügen die Richter. Eine solche Datenspeicherung ohne Anlass führt nach Ansicht der Richter zu "durchgreifenden Nachteilen" für die Bürger Bayerns.

Erhebliche Bedenken

Das Bundesverfassungsgericht macht in dem Beschluss klar, wie gravierend die rechtlichen Bedenken sind: Ein Gesetz dürfe bei offenem Ausgang des Verfahrens nur dann vorläufig außer Kraft gesetzt werden, "wenn die Nachteile ganz besonderes Gewicht haben". Die Nachteile der Bußgeldvorschriften seien aber "so erheblich, dass sie auch die strengen Voraussetzungen für eine vorläufige Außerkraftsetzung eines Gesetzes erfüllen", heißt es in dem Beschluss.

Die FDP wertete die Entscheidung als "guten Tag für die Bürgerrechte in Bayern" und macht nun Druck auf die CSU. Die Liberalen hatten bereits bei den Koalitionsverhandlungen mit der CSU eine Lockerung des Gesetzes zur Bedingung gemacht. Die Landtags-SPD reagierte "hocherfreut" und wertete die Entscheidung als schwere Ohrfeige für die Staatsregierung. Der Münchner Grünen-Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag sagte: "Demonstrationsteilnehmer üben ihr Grundrecht aus und dürfen nicht wie potenzielle Straftäter behandelt werden."

Quelle: ntv.de

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