Tempo bei der Planung Was in Deutschland nun alles schneller gehen soll
07.11.2023, 08:54 Uhr Artikel anhören
Ein Schwertransporter mit Teilen einer Windkraftanlage.
(Foto: Robert Michael/dpa/Archivbild)
Die Spitzen von Bund und Ländern verständigen sich auf einen "Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung". Er soll alle Planungs- und Bauprozesse beschleunigen, die in den vergangenen Jahren immer langsamer wurden. Aber was bedeutet das konkret?
Bund und Länder verständigen sich auf einen "Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung". Er soll alle Planungs- und Bauprozesse beschleunigen, die in den vergangenen Jahren durch wachsende bürokratische Anforderungen immer langsamer wurden. Bürokratielasten für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung sollen "spürbar" reduziert werden. Dies gilt unter anderem als wichtige Voraussetzung, etwa den raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien ausreichend schnell bewältigen zu können.
Es gehe darum, "dass nicht noch ein Politiker sagt, alles soll schneller werden, sondern dass es tatsächlich passiert", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz dazu. Das Paket umfasse dazu an die 100 Einzelregelungen, unter anderem zu Autobahnen und Bahntrassen, zum Bau von Wohnungen, dem Ausbau von Dachgeschossen und das Aufstellen von Mobilfunkmasten. Weitere Vereinfachungen etwa im Gesundheitswesen und der Wasserstoffindustrie sollten folgen, kündigte Scholz an.
Die Bundesminister für Wirtschaft und Umwelt, Robert Habeck und Steffi Lemke (beide Grüne), zeigen sich erfreut über die Einigung. Dies sei nötig, um Deutschland zu modernisieren und den klimafreundlichen Umbau erfolgreich zu gestalten. "Die Langsamkeit ist ein Investitionshemmnis. Nur wenn Deutschland schneller wird, bleiben wir wettbewerbsfähig." Ein erster Überblick:
Digitalisierung: Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen grundsätzlich digitalisiert und damit massiv beschleunigt werden.
Bauen: Einmal erteilte Typengenehmigungen für serielles Bauen sollen etwa bundesweit gelten. Um- und Ausbau von Wohnungen werde nicht mehr an Auto-Stellplätzen scheitern.
Stichtagsregelungen: Um ausufernde Verfahren zu verhindern, soll eine Stichtagsregelung in Planungs- und Genehmigungsverfahren eingeführt werden. Etwa beim Mobilfunkausbau soll es künftig sogenannte Genehmigungsfiktionen geben - Anträge werden nach Ablauf von Fristen einfach als genehmigt angesehen.
Fristverkürzungen: Diese sollen vor allem bei Windenergieanlagen und im Verkehrsbereich umgesetzt werden. Der Bund soll diese aber auch auf weitere Planungsgesetze ausweiten. Der Bund will eine Gutachterdatenbank und ein Umweltdatenkataster anlegen, damit Daten nicht dauernd neu aufgenommen und durch Gutachter beurteilt werden müssen.
Umweltverträglichkeitsprüfung: Künftig sollen etwa im Verkehrs- und Energiebereich Ersatzbauten wie größere Windanlagen genehmigungsfrei sein. Ein Windrad könne ohne Genehmigung an der gleichen Stelle durch ein anderes ersetzt werden. "Wir sind in Deutschland zu kompliziert", sagte Niedersachsens Ministerpräsident, der SPD-Politiker Stephan Weil. Umweltverbände hatten die Bund-Länder-Pläne zuvor scharf kritisiert. Sie fürchten, es könne auf Kosten der Natur gehen, wenn Regelungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen und Artenschutz verändert werden.
Vorzeitiger Beginn: Der Bund soll die rechtliche Möglichkeit schaffen, damit Baumaßnahmen bereits vor dem nötigen Bescheid begonnen werden können und einige nötige Unterlagen erst danach eingereicht oder geprüft werden.
Reform des Baugesetzbuchs: Im Baugesetzbuch soll die Digitalisierung des gesamten Verfahrens festgeschrieben werden. Vorschriften sollen etwa beim Ausbau von Fotovoltaik-Freiflächen oder Geothermie-Anlagen abgebaut werden. Länder sollen Typengenehmigungen für Gebäude in ihre Landesbauordnungen aufnehmen, damit nicht alle Bauten pro Bundesland neu geprüft werden müssen. Dazu soll auch die Musterbauordnung ausgeweitet werden.
Schwertransporte: Etwa für den Windkraft-Ausbau sind viele Schwertransporte nötig. Hier sollen bisher nötige, oft kleinteilige Genehmigungen gebündelt werden.
Geld: Weil "adäquate" Personalausstattung bei Planungs- und Genehmigungsbehörden nötig sei, und der weit überwiegende Teil des erforderlichen Personals bei Landes- und Kommunalbehörden tätig sei, "erwarten" die Länder vom Bund, dass er ihnen 500 Millionen Euro als Festbetrag im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung zur Verfügung stellt.
Überprüfung: Die Umsetzung des Pakts soll regelmäßig überprüft werden. Erste Ergebnisse sollen im ersten Quartal 2024 vorliegen.
Quelle: ntv.de, tno/rts/dpa