Hamburg & Schleswig-HolsteinHunderte Mietwucher-Verdachtsfälle in Hamburg unbearbeitet

In Hamburg stapeln sich Meldungen zu möglichem Mietwucher – doch bisher wurde kein einziger Fall bearbeitet. Woran liegt das und wie reagiert der Senat auf Kritik?
Hamburg (dpa/lno) - Trotz Hunderter Verdachtsfälle und einem vom rot-grünen Senat im Februar eigens eingerichteten Mietenmelder hat die Stadt bislang keinen einzigen möglichen Mietwucherfall bearbeitet. Aufgrund der starken Belastung der Beschäftigten in den Dienststellen sei eine Bearbeitung der Meldungen aktuell nicht umsetzbar, heißt es in einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Der Senat verwies unter anderem auf komplexe Ermittlungen zu rechtswidrig leerstehenden Wohnungen oder der Zweckentfremdung von Wohnraum.
Hunderte Fälle möglichen Mietwuchers gemeldet
Bei der Mietwucher-App der Linken wurden nach Senatsangaben seit November vergangenen Jahres 969 Mietpreisüberhöhungen und seit Februar dieses Jahres 344 Fälle über den Mietenmelder des Senats gemeldet. Diese Zahlen beinhalteten jedoch auch Doppelmeldungen, hieß es.
Die Prüfung dieser Fälle erfordere eine sehr umfassende Aufklärung des Sachverhaltes, betonte der Senat. Die Stadtentwicklungsbehörde habe daher einen Prozessablauf mit Entwurfsdokumenten zur Vereinfachung der Bearbeitung erarbeitet, der derzeit finalisiert werde, heißt es in der Senatsantwort. Zudem gebe es nun ein Konzept zur Einrichtung einer zentralen Stelle, für die "möglichst zeitnah das nötige Personal eingeworben und mit der ausschließlichen Prüfung und Bearbeitung der Meldungen betraut werden soll".
Linke fassungslos - Kein einziger Fall bearbeitet
Die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike Sudmann, zeigte sich fassungslos. Hamburger und Hamburgerinnen, die Monat für Monat überhöhte Mieten zahlen müssten, seien dem Senat offenbar völlig egal. "Ganz anders sieht das bei dieser unseligen Olympia-Bewerbung aus: Für die wurden innerhalb weniger Wochen zwanzig hochdotierte Stellen geschaffen und besetzt!"
Während in Berlin die neugeschaffene Dienststelle schon im Oktober den ersten rechtskräftigen Bußgeldbescheid über 26.000 Euro und zugleich für die betroffene Mieterin eine Rückzahlung von über 22.000 Euro erstritten habe, ignoriere Hamburgs rot-grüner Senat das Problem. Erst als mehrere hundert Verdachtsfälle über die Mietwucher-App der Linken bei den Bezirksämtern eingegangen seien, habe der Senat werbewirksam fünf Tage vor der Bürgerschaftswahl einen eigenen Mietenmelder eingeführt. Doch "seitdem ist nichts passiert", sagte Sudmann.